Mallorca kämpft schon lange mit dem anhaltenden Tourismus-Boom. Während Tourist:innen mit Rollkoffern durch Santa Catalina ziehen, kämpfen Einheimische um ihre Mietverträge. Wohlhabende Urlauber:innen können sich ein privates Ferienhaus in Strandnähe mieten, Mallorquiner:innen haben teils gerade mal genug für einen gebrauchten Wohnwagen am Straßenrand.
Als die Inselbewohnerin Aroa Rayo auf Tiktok ein Video hochlädt, in dem sie sich über genau diese Situation aufregt, trifft sie entsprechend einen Nerv.
Die 25-jährige Mutter zweier Kinder schaut direkt in die Kamera. Ihre Stimme zittert, als sie sagt: "Ich suche eine anständige Mietwohnung – sei es in Palma oder irgendwo sonst auf dieser verdammten Insel". Die "Mallorca Zeitung" berichtete über das Video.
Was Aroa Rayo erzählt, ist eigentlich kein Geheimnis: Die Mietpreise auf Mallorca explodieren seit Jahren. Besonders Menschen mit geringem Einkommen haben kaum noch eine Chance auf ein würdiges Zuhause.
In ihrem Video erklärte Rayo laut "Mallorca Zeitung" frustriert: "Wie soll ich in einer Wohnung leben, die nicht einmal zwei Zimmer hat und 1200 Euro kostet?" Dann formuliert sie, was schier unausweichlich scheint: "Ich bin kurz davor, aufs Festland zu ziehen".
User:innen teilen ihre Sorgen, eine:r erklärt laut "Mallorca Zeitung" sarkastisch: "Für eine Wohnungsbesichtigung brauchst du heute Abitur, zwei Jobs, keine Haustiere, vier Monatsmieten Kaution und sieben Grundstücke auf deinen Namen."
Besonders die Insel-Hauptstadt ist zum Epizentrum der Wohnungsnot geworden. So liegt laut dem Immobilienportal Idealista der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Mallorcas Hauptstadt Palma inzwischen bei mehr als 17 Euro, wie die "Neue Züricher Zeitung" berichtete.
Das ist mehr als eine Verdopplung der Kosten von vor zehn Jahren und übertrifft sogar die deutsche Hauptstadt Berlin. Dabei liegen die Einkommen der Einheimischen bei weniger als der Hälfte dessen, was deutsche Urlauber:innen verdienen.
Die Folge: Menschen wie Aroa Rayo werden zunehmend aus ihren Vierteln verdrängt. So auch in die illegale Siedlung Son Hugo: Dort wohnen Menschen in behelfsmäßigen Bauten. Sie zahlen sie 300 bis 400 Euro im Monat für Hütten oder Wohnwägen ohne feste Adresse – ein Bruchteil der Wohnungsmieten der Umgebung.
Während die einen Verständnis für die junge Mutter in Not teilten, kommentierten andere User:innen gnadenlos und wurden laut "Mallorca Zeitung" auch persönlich. "Wahrscheinlich wäre es einfacher, wenn du keine Kinder hättest", erklärt ein:e User:in.
"Mallorca wird den Deutschen gehören", prognostiziert ein weiterer Kommentar düster. Ein anderer schlägt daher vor: "Dann geh doch von der Insel, wenn du es dir nicht leisten kannst."
Als die Kritik überhandnimmt, reagierte Aroa mit einem zweiten Video. Der "Mallorca Zeitung" zufolge entgegnete sie den Attacken gegen sie als junge Mutter: "Ich bin 25 Jahre alt, im Juli werde ich 26. Mein Alter hat nichts mit dem zu tun, was ich sage."
Der "Mallorca Zeitung" zufolge reagierte sie wütend auf die Vorschläge in den Kommentaren: "Warum soll ich meine Insel verlassen, auf der ich geboren wurde, auf der meine Kinder geboren wurden, auf der meine Familie lebt? Warum wollt ihr eine Mallorquinerin vertreiben und nicht die Touristen?"
Statt Hilfe bekam sie Häme, statt Unterstützung nur Vorwürfe. Wenig später sind beide Videos gelöscht. Auch ihr Tiktok-Account ist verschwunden.
