Juli und August sind für die meisten Deutschen die Urlaubsmonate schlechthin. Mit der Hoffnung auf viel Sonne freuen sich viele schon Monate im Voraus auf ihre Auszeit in Italien, Spanien, Frankreich, Portugal oder Griechenland. Dort herrschen derzeit extreme Wetterbedingungen: Die Länder ächzen nicht nur unter einer Hitzewelle, sondern leiden auch an Waldbränden, Dürre – und akutem Wassermangel.
Vor allem im beliebten Italien herrscht schon seit Wochen Dürre, die inzwischen zu einem Wassermangel im ganzen Land geführt hat: Das Bett von Italiens größtem Fluss, Po, ist stellenweise ausgetrocknet. Sonst fließt hier frisches Wasser aus den Bergen und wird in den Süden weitergeleitet, wo es zur größten Trinkwasser-Quelle des Landes wird.
Das Problem: Mittlerweile kommt immer weniger Wasser dort an. Damit gefährdet die Trockenheit nicht nur den dicht besiedelten und hoch industrialisierten Norden des Landes, sondern auch alle südlichen Regionen.
Als Reaktion auf die anhaltende Dürre hat die italienische Regierung nun den Ausnahmezustand für die fünf Regionen Emilia-Romagna, Friaul-Julisch Venetien, Lombardei, Piemont und Venetien im Norden des Landes verhängt und Industriekonzerne aufgefordert, ihre Wasserentnahme aus Flüssen stark zu reduzieren.
Auch viele Städte ziehen Konsequenzen. In Verona ist es bis zum 31. August vorerst untersagt, Trinkwasser zur Bewässerung von Gärten, zum Autowaschen oder für Swimmingpools zu benutzen – bei Nichtbeachtung des Verbots droht ein Bußgeld von bis zu 500 Euro.
Als Folge dieses Verbots ist laut Angaben des italienischen Großhandels die Nachfrage nach Mineralwasser in Supermärkten seit Anfang Juni um 30 Prozent gestiegen. Viele hamstern ihre Wasservorräte aus Sorge vor einer weiteren Wasser-Verknappung.
Doch die Situation könnte sich noch deutlich verschärfen: Denn in den Sommermonaten strömen auch Urlauber in die Touristen-Hochburgen am Gardasee, der Toskana und an der Adria – was den Wassermangel noch verstärken könnte.
Wie schlimm ist es für die ohnehin von Wassermangel betroffenen Regionen in Italien, wenn nun noch Tausende von Touristen zusätzlich Wasser verbrauchen? Mit welchen Sparmaßnahmen müssen sie vor Ort rechnen? Oder sollte man den Italien-Urlaub womöglich besser ausfallen lassen – aus Rücksicht auf die dortige Bevölkerung?
Auf Nachfrage von watson antwortet Christine Frank von der Italienischen Zentrale für Tourismus (ENIT):
Es gebe "lediglich Verbote, Trinkwasser zum Wässern von Gärten, für das Befüllen von Swimmingpools oder zur Autowäsche zu nutzen". Die Frage, ob sie von einer Reise nach Italien aufgrund der Dürre abraten würde, verneint die Sprecherin der ENIT: "Wie bei jeder Reise sollte man sich vorab über die Situation am Zielort informieren und sein Verhalten an die jeweilige Situation anpassen. Viele Tourismusbüros informieren am Urlaubsort über die aktuelle Situation, ob Fährverbindungen (Binnenschifffahrt) möglich sind aufgrund niedriger Wasserpegel oder ob Wassersport ausgeübt werden kann."
Markus Disse, Professor für Hydrologie und Flussgebietsmanagement, schätzt die Lage kritischer ein: "Manche Regionen in Italien, Spanien oder auch Portugal haben zwar noch einige, wenige Trinkwasser-Reservoire und damit kleine Pufferkapazitäten. Doch die sind wirklich nur für den Notfall gedacht. Wenn allerdings der Grundwasserstand – wie jetzt in Italien – sinkt, ist sicherlich höchste Not angesagt. Deshalb müsste sich inzwischen wirklich jeder vor Ort einschränken", warnt er.
Doch genau das würde durch die Ankunft von Tausenden von Touristen momentan noch erschwert: "Touristen möchten verständlicherweise ihren Urlaub genießen und sich nicht einschränken", sagt der Wasserexperte. Doch genau das falle derzeit besonders schwer ins Gewicht. "Jeder, der tagsüber im Meer schwimmen war, will natürlich abends duschen – allein dafür werden dann pro Person um die 50 Liter Duschwasser benutzt."
Er ergänzt:
Normalerweise, erklärt der Hydrologe, würde das Trinkwasser im Kreislauf erhalten bleiben: "Wenn im Haushalt Wasser genutzt wird, dann wird das nicht verbraucht, sondern eher gebraucht, da das Abwasser zur Reinigung erst in die Kläranlage kommt und dann wieder zurück in kleinere Flüsse geleitet oder in Wasserdepots gespeichert wird", erklärt er.
Diese Aufbereitung ist bei Wasser, das zur Bewässerung von Grünanlagen wie Vergnügungsparks, Golfrasen, in Pools oder auch vor allem in der Landwirtschaft verwendet werde, nicht der Fall.
Immer öfter würden auch Grundwasserquellen statt nur Flüsse angezapft, da auch die Trinkwasser-Reservoire allmählich aufgebraucht seien: "Wenn man, wie in Italien, jetzt schon lokal so eine Wasserknappheit hat, dass man Leitungswasser aus dem Grundwasser schöpft, dann kann das dazu führen, dass der Boden letztendlich versiegt, indem der Grundwasserspiegel so tief sinkt, dass man gar kein Trinkwasser mehr fördern kann", warnt der Wasserexperte.
Doch die prekäre Trinkwassersituation in Italien ist bereits vorangeschritten. Deshalb werden momentan auch ungewöhnlichere Methoden zur Trinkwassergewinnung diskutiert, wie etwa Meerwasser durch Entsalzungsanlagen zu Trinkwasser aufzubereiten: "Im Prinzip ist das schon eine Lösung, vorausgesetzt man hat die nötige Energie dazu zur Verfügung", ordnet Hydrologe Disse ein.
Er räumt ein:
Eine weniger umständliche Lösung wäre aber, den Niederschlag in den regenreichen Wintermonaten effektiver dem Grundwasser zuzuführen. "Das haben wir in unserer aufgeräumten Landschaft sehr vernachlässigt. Denn bisher werden Stark-Niederschläge von freien Flächen in den nächsten Fluss geleitet, sodass es dann verloren ist für das Grundwasser im Boden", erklärt Disse.
"Wenn wir dieses Wasser in niederschlagsreichen Zeiten durch eine ökologische Landwirtschaft mit weniger Monokulturen und mehr Mischwäldern zurückhalten würden, dann könnten alle diese kleinen, smarten Lösungen in der Summe viel bewirken", sagt Disse. Das sei nach Einschätzung des Experten vor allem für die von Dürre stark betroffenen südeuropäischen Länder der schonendste Weg, künftige Dürrephasen besser zu überstehen.