200 Jahre alt und kaum krank: Der Grönlandwal liefert Hinweise für die Krebsforschung
In arktischen Gewässern ist er heimisch: Der Grönlandwal erreicht Längen von bis zu 18 Metern und ein Gewicht von rund 100 Tonnen. Was Forscher:innen jedoch am Meeres-Riesen besonders interessiert: Trotz seiner enormen Körpermasse und der langen Lebensdauer von 200 Jahren, zeigt das Tier kaum Anzeichen für Krebserkrankungen.
Wie lässt sich das Alter der Tiere überprüfen? Wie der ORF berichtet, fanden Forscher:innen bei Walen, die in den 1990er Jahren erlegt wurden, im Fleisch Harpunenspitzen aus Stein, die nur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verwendet wurden. Solche Funde zeigen, wie lange diese Tiere tatsächlich leben können.
Ein internationales Forschungsteam des Einstein College of Medicine und der University of Rochester ist dieser hohen Lebenserwartung ohne Krebserkrankungen auf den Grund gegangen.
In der Studie zeigt sich, dass die Zellen des Grönlandwals besonders effizient darin sind, DNA-Schäden zu erkennen und zu reparieren. Das schützt sie vor Mutationen und damit auch vor Krebstumoren.
Krebsprävention: Ein Protein mit besonderer Wirkung
Im Mittelpunkt der Forschung steht das Molekül Cold-inducible RNA-binding protein (CIRBP). Es ist in den Zellen des Grönlandwals stark aktiv und scheint dabei zu helfen, beschädigte DNA-Stränge schneller zu stabilisieren.
Diese Reparaturprozesse funktionieren selbst unter den extremen Bedingungen der arktischen Meere. Temperaturen, die menschliche Zellen längst ausbremsen würden.
Die Ergebnisse der Forschung, die im Fachmagazin "Nature" publiziert wurden, lassen vermuten, dass genau diese Stabilität ein Grund für die außergewöhnliche Langlebigkeit der Tiere ist.
Jetzt wird es wissenschaftlich: Dieses Protein steigert sowohl die nicht-homologe End-Verknüpfung (NHEJ) als auch die homologe Rekombination (HR), zwei Wege, durch die doppelte DNA-Brüche behoben werden.
In Laborexperimenten zeigte sich: Wenn menschliche Zellen das Wal-Protein CIRBP bilden, können sie Schäden an ihrer DNA schneller reparieren und das Erbgut bleibt stabiler.
Krebsforschung: Was das für Menschen bedeuten könnte
Die Erkenntnisse gehen weit über Meeresbiologie hinaus: Wenn solche Mechanismen auch beim Menschen nutzbar wären, könnten sie neue Ansätze für Krebsprävention und Altersforschung bieten.
Die Studie betont: "Therapien, die auf der evolutionären Strategie des Grönlandwals basieren, könnten eines Tages ermöglichen, die Instabilität des Erbguts als veränderbaren Krankheitsrisikofaktor zu behandeln."
Kurz gesagt: Statt beschädigte Zellen einfach auszuschalten, setzt der Wal auf effiziente Reparatur. Eine Methode, die sich auch für den Menschen als richtungsweisend herausstellen könnte.
Die Natur liefert uns manchmal genau die Impulse, die wir benötigen: Der Grönlandwal zeigt, dass gesundes Altern und geringe Krebsanfälligkeit bei Großtieren offenbar möglich sind.


