Der April in diesem Jahr war der kälteste seit 40 Jahren. Das Vergleichsportal "Check24" hat anhand von Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) errechnet, dass der Energiebedarf für eine warme Wohnung um 50 Prozent höher ausgefallen ist als im April 2020. Der Mai startete ähnlich kalt, zudem verursachte Tief "Eugen" mit heftigen Sturmböen am Dienstag teils gefährliche Schäden in Deutschland. Auch am Mittwoch war er noch zu spüren, zwischendurch gab die Sonne immerhin einen Vorgeschmack auf den Frühling.
"Der Mai hat da weitergemacht, wo der April aufgehört hat. Die Großwetterlage hat sich so fortgesetzt, wie wir sie seit Ostern haben", sagt Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst im Gespräch mit watson. "Wir liegen immer wieder im Zustrom von kalten Polarluftmassen, diese Luftmassen kommen aus der Arktis nach Deutschland. Und dort oben ist es jetzt im Frühjahr auch noch winterlich, da gibt es noch Dauerfrost. Das ist der Grund, warum wir jetzt dieses kalte Wetter haben." Die Wetterlage sei sehr stabil und regeneriere sich immer wieder. Daher sei die Luftströmung im April und in der ersten Mai-Woche fast durchgehend aus diesem Bereich gekommen, erklärt Friedrich.
Nach Angaben des DWD gab es seit 1980 keinen so kühlen April mehr – häufig gab es sogar noch Nachtfrost. "Wir haben die letzten drei Jahre extrem warme Aprilmonate erlebt. Der April 2018 hatte eine Mitteltemperatur von über 12 Grad und jetzt hatten wir 6 Grad. Der jetzige April war quasi halb so warm wie der April 2018 und 2018 war auch gleichzeitig der wärmste April, den wir je erlebt haben seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881."
Das kalte Wetter habe aber nichts mit dem Klimawandel zu tun. "Allerdings widerspricht so ein kalter Monat auch überhaupt nicht dem Klimawandel. Was wir jetzt erleben ist eben Wetter. Wetter ist kurzfristig, extrem, schwankt", sagt Friedrich. Die Klimaerwärmung könne man nicht an einzelnen Monaten festmachen. "Die Klimaerwärmung spüren wir, wenn wir uns die Daten über 30 Jahre anschauen und die Mittel ansehen", sagt Friedrich. "Dann sieht man, dass es wärmer wird. Wenn man den Mittelwert von April von 1961 bis 1990 vergleicht mit dem Mittel, das man in den darauffolgenden 30 Jahren gebildet hat, dann ist es in dem neueren 30-jährigen Zeitraum 1,8 Grad wärmer geworden."
"Deshalb ist es auch wahrscheinlicher, dass wir in den nächsten Jahren solche Aprilmonate wie in den letzten Jahren erleben werden, als dass sich so ein kalter Monat wie jetzt so schnell wiederholt. Ein so kalter April ist in Zeiten der Klimaerwärmung sicherlich die große Ausnahme", sagt Friedrich.
Der kalte April war aber nicht nur schlecht für die Portemonnaies der Deutschen – auch viele Pflanzen leiden unter dem Wetter. "Wir hatten jetzt zum Teil eine zweistellige Anzahl von Frost-Nächten im April und das ist vor allem für die blühenden Pflanzen, beispielsweise für Obstbäume, sehr gefährlich. Denn die haben schon ihre Blüten ausgebildet und wenn es jetzt zu Nachtfrösten kommt, dann bekommen sie Frostschäden", so Friedrich. Gefährdet seien dann beispielsweise die Obsternte, aber auch Weinreben. Und es könne dieses Jahr beispielsweise länger dauern, bis es Erdbeeren und Spargel gibt. "Es ist zu spüren, dass sich die Pflanzenentwicklung gegenüber den letzten drei Jahren diesmal deutlich verspätet hat."
Zur Kälte kam in den letzten Tagen noch Sturmtief "Eugen". Er sorgte für umgestürzte Bäume und fliegende Dachziegel. "Das war ein richtig ausgewachsenes Sturmtief, wie man es eigentlich eher von der kalten Jahreszeit kennt", meint Friedrich. Südlich von Deutschland, im Mittelmeerraum und Nordafrika, sei es schon bis zu 30 Grad warm. "Durch die kalte Luft, die wir hier über Mittel- und Nordeuropa liegen haben, gab es so einen sehr großen Temperaturunterschied auf dem Atlantik und dort konnte sich Sturmtief Eugen dann sehr stark entwickeln."
Der Blick in die Wetter-Apps zeigt: Am Wochenende wird es richtig warm. 25 Grad am Sonntag in Berlin, 24 Grad in München. Auch solche Schwankungen sind laut Friedrich eher ungewöhnlich. "Wir haben bis Freitag immer noch diese Polarluft bei uns und dann zieht das Tief ab, aber es zieht kein neues Tief hinterher. So kann diese warme Luft, die schon die ganze Zeit über dem Mittelmeerraum liegt, am Wochenende nach Deutschland strömen. Dazu scheint die Sonne, das führt innerhalb von einem Tag zu Temperaturanstiegen von 10 bis 20 Grad."
Wie der Sommer in diesem Jahr wird, kann man aktuell noch nicht vorhersagen. Genauere Vorhersagen seien nur etwa 10 bis 14 Tage im voraus möglich, so Friedrich. Er habe aber bereits den sogenannten Jahreszeiten-Trend. "Momentan haben wir Vorhersagen für Mai, Juni, Juli. Danach soll es in Deutschland in diesen drei Monaten im Mittel etwa ein halbes Grad bis ein Grad wärmer werden als zuletzt im Mittel in den letzten 30 Jahren." Wie genau die Monate dann aussehen, wisse man noch nicht. "Man kann nicht sagen, dass es durchgehend ein halbes bis ein Grad wärmer sein wird. Man kann aber zumindest die Hoffnung haben, dass es in den drei Monaten bis Juli auch mal zu warmen Perioden kommt. Nur wie genau die aussehen werden und wann sie kommen, da lässt sich Petrus nicht in die Karten schauen."