Straßen und Wiesen stehen unter Wasser, Gebäude halten dem Druck nicht stand und werden weggeschwemmt, Autos ebenso. Es gibt Tote, mindestens 44 sind es am Donnerstagmittag. Unter ihnen auch zwei Feuerwehrmänner, deren Einsatz tödlich endete. Es gibt Verletzte.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) begründet die aktuelle Wetterlage damit, dass sich ein Tiefdruckgebiet über dem Westen Deutschlands "festgefressen" hat. Das Tief werde an allen Seiten von Hochdruckgebieten flankiert, die extrem feuchte Luft könne daher nicht ausweichen, erklärt DWD-Meteorologe Marco Manitta.
Die Lage ist "wirklich verheerend", so fasst es die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zusammen. Die Gefahr solcher Unwetterlagen mit Hochwasser hat sich seit Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland deutlich erhöht, das ist das Ergebnis einer Auswertung des DWD und der Extremwetterkonferenz aus dem vergangenen Herbst.
Welchen Zusammenhang die aktuelle Katastrophe im Süden und Westen der Republik mit dem Klimawandel habe? "Meistens kann man aus solchen Einzelereignissen nicht auf den Klimawandel schließen, da sie in die natürliche Variabilität fallen", erklärt Uwe Kirsche vom DWD. Klar sei aber auch:
Zwei Effekte der Klimaerwärmung nähmen nach Ansicht von Peter Hoffmann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung Einfluss auf die Häufigkeit solcher extremer Starkregenereignisse: Zum einen verdunstet bei höheren Temperaturen mehr Wasser und die wärmere Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit speichern. Das begünstigt hohe Niederschlagsmengen. Zum anderen verharren Wetterlagen länger über einer Region und könnten so extreme Bedingungen schaffen.
Gerade bei großräumigen Wetterextremen, wie der Hitzewelle Ende Juni an der nordamerikanischen Westküste, sei die Zuordnung zum menschengemachten möglich, sagt Kirsche. Der Zusammenhang von Starkregenereignissen und dem menschengemachten Klimawandel müsse laut der Auswertung des DWD und der Extremwetterkonferenz weiter erforscht werden. "Es existieren zwar einige Anhaltspunkte für eine Zunahme der Intensität sogenannter konvektiver Ereignisse mit steigender Temperatur. Hier besteht aber noch Forschungsbedarf", heißt es darin.
"In den letzten drei Dekaden lag die Zahl der Ereignisse um das 2- bis 3-fache über den Werten zu Beginn des 20. Jahrhunderts", heißt es in dem Papier. Dargestellt ist die Entwicklung als Balkendiagramm: Von 1881 bis 1950 pendelt die Zahl der Tage im Sommer, an denen ein solches Unwetter stattfand, im Mittel zwischen einem und 3,1 Tagen. In den Jahren von 1981 bis 1990 waren es im Mittel schon 6,4 Tage. 2001 bis 2010 stieg der Durchschnitt auf 9,2 Tage pro Sommer an.
Ob der Begriff Jahrhunderthochwasser mittlerweile gegen ein jährliches Hochwasser getauscht werden könne, kann der DWD nicht prognostizieren. Hochwassergefahren hingen laut Kirsche nicht nur vom Niederschlag ab, sondern auch von den regionalen Randbedingungen, die Hochwasser begünstigten. Zum Beispiel Bodenversiegelung, Kanäle, Bäche und Flüsse oder auch Hochwasserschutz. Dass Gebiete der Republik aufgrund solcher Wetterphänomene unbewohnbar werden könnten, ist aus Sicht des DWD unwahrscheinlich. Wie sich aber die Lebensqualität in den nächsten Jahrzehnten entwickeln werde, hänge vom Klimawandel und seiner Ausprägung ab.
Ein Vorteil: Der DWD kann mittlerweile sehr präzise Prognosen bezüglich Wetterlagen abgeben. "Es bleibt aber immer das Problem, dass sehr lokale, also kleinräumige Extreme wie Starkregen oft nur kurzfristig zeitlich und räumlich genau vorhersagbar sind", sagt Kirsche.
(Mit Material von dpa)