Der neueste Bahn-Streik vom 24. bis 29. Januar betrifft nicht nur Bahnreisende, die mit dem Zug zur Arbeit pendeln müssen oder eine Reise geplant haben. Auch der Güterverkehr steht bereits seit dem 23. Januar still.
Zwar werden immer noch, zulasten des Klimas, mehr Waren über die Straßen transportiert als über die Schiene. Doch auch die Deutsche Bahn ist ein wichtiger Lieferketten-Pfeiler für die deutsche Wirtschaft.
Die Transportleistung auf der Schiene betrug 2022 laut Marktforschungsunternehmen Statista in Deutschland rund 133 Milliarden Tonnenkilometer. Knapp 19 Prozent macht der Anteil der Eisenbahn an der Verkehrsleistung im Güterverkehr in Deutschland aus.
Wie wirkt sich also der erneute und diesmal ganze sechs Tage andauernde Streik der Deutschen Bahn auf die deutsche Wirtschaft aus?
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) schätzt die Kosten des Bahn-Streiks auf bis zu einer Milliarde Euro. Stahlverbandschefin Kerstin Maria Rippel (51) sagte zur "Bild" über die Folgen des Streiks: "Über 50 Prozent unserer Rohstoffe und Erzeugnisse werden über die Schiene geliefert. Ein zweiter Streik innerhalb weniger Wochen, und dieses Mal gleich sechs Tage am Stück – das trifft die Logistik unserer Unternehmen und unserer Abnehmerbranchen empfindlich."
Auch andere Bereiche der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens könnten vom Bahnstreik beeinträchtigt werden. So fahren laut Angaben der "Bild" wöchentlich 52 Paketzüge mit durchschnittlich rund 100.000 Sendungen durch Deutschland.
Die DB Cargo versorgt deutsche Kraftwerke pro Woche mit rund 50 Steinkohle-Zügen. Dortige Lieferverzögerungen könnten Probleme in der Brennstoffversorgung verursachen. Auch Mineralöl-Raffinerien wie in Leuna oder Schwedt sind auf Schienentransporte angewiesen.
Die europäischen Werke der deutschen Autohersteller haben ebenfalls einen knappen Puffer von maximal 24 Stunden. Werden sie nicht rechtzeitig vom Güterverkehr beliefert, drohen Verzögerungen oder sogar Produktionsstillstand. Insgesamt 20.000 Güterzüge fahren wöchentlich in Deutschland. Ein solcher Zug kann so viel transportieren wie 52 Lastwagen.
Der Mittelstandschef des BVMW, Christoph Ahlhaus, bestätigt gegenüber watson die Befürchtungen der Wirtschaft, vor allem für mittelständische Firmen:
Ahlhaus erklärt, er erwarte nicht nur Engpässe, "sondern in vielen Teilen einen teilweisen Zusammenbruch der Lieferketten". Den finanziellen Schaden trügen insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen, denen aufgrund der Wirtschaftskrise ohnehin "das Wasser bis zum Halse" stehe. Die Prognose des Mittelstandschefs über die Folgen des Bahn-Streiks für die Wirtschaft ist düster: "Auf weitere Insolvenzen müssen wir uns einstellen."
Auf die Frage, welche Lieferketten von dem Bahn-Streik besonders betroffen wären, antwortet Mittelstandschef Ahlhaus: "Wenn Lieferketten reißen, leiden alle! Zulieferer, Produzenten, Spediteure, Handel und Verbraucher."
Er fordert: "Darum muss jetzt endlich Schluss sein mit den Ego-Trips der GDL und ihres Chefs Weselsky. Zurück an den Verhandlungstisch und lasst die Züge wieder rollen, damit Deutschland aus der Krise kommt."