Überall erleben Menschen einen Dürresommer nach dem anderen. Gleichzeitig kommt es zu Fluten in Pakistan und Waldbränden in Kalifornien, im Amazonas, in Brandenburg und im Harz. Parallel dazu herrscht seit einem halben Jahr Krieg in der Ukraine, wodurch Deutschland und viele andere Länder zusätzlich mit einer Energiekrise und Inflation konfrontiert sind.
Niemand kann übersehen, wie sich die unterschiedlichen Krisen zuspitzen. Fossile Projekte wie neue Autobahnen, LNG-Terminals und das Finanzieren von Pipelines verschärfen die Klimakrise. Währenddessen kauft Deutschland immer noch Gas aus Russland und anderen autokratisch regierten Ländern. Und statt einer richtigen Energiewende sind die Grünen vor RWE eingeknickt und wollen mit Lützerath ein weiteres Dorf abbaggern, obwohl die Energieversorgung auch ohne das gesichert bleiben könnte. Mit der Menge Kohle, die dann unnötigerweise gefördert wird, ist die 1,5-Grad-Grenze aber Geschichte.
dAlles wird teurer, Menschen wissen nicht, wie sie sich im Winter Miete, Heizen und Essen zusammen leisten können. Auch die Coronapandemie ist längst nicht vorbei.
Es gäbe also genügend andere Probleme, um auf die Straße zu gehen als für bessere Klimapolitik... Oder nicht?
Aktuell wird allen Menschen einmal mehr klar, wie sehr Regierungen in Krisensituationen versagen. Niemand schafft es, Klima und Soziales zusammen zu denken, während diese Themen doch untrennbar sind. Besonders in Debatten zur Energiepolitik fällt das auf. Regierungen verlieren sich immer wieder in fossilen Diskursen.
Es ist klar, dass eine richtige Energiewende bereits vor Jahren hätte eingeleitet werden müssen. Jetzt befindet sich Deutschland in einer Energiekrise, und die "Lösungen", die der Bundesregierung einfallen, sind eine Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, ein noch späterer Kohleausstieg und Gasbohrungen vor Borkum. Besagtes Gas würde übrigens erst 2024 zur Verfügung stehen und nicht einmal ein Prozent des gesamtdeutschen Bedarfs an Gas decken.
Außerdem hat Olaf Scholz sich ein tolles Konzept ausgedacht: Doppelwumms. Doppelwumms oder auch: die Gaspreisbremse – soll Deutschland 200 Milliarden Euro kosten und Gasverbraucherinnen und -verbraucher entlasten. So weit, so gut. Was Herr Scholz dabei zu vergessen scheint, ist, dass Gas fossile Infrastruktur bedeutet. Die Gesellschaft kann es sich nicht leisten, solche fossilen Strukturen und damit die Klimakrise weiter zu finanzieren. Was braucht die Gaspreisbremse also, um zu funktionieren?
Zuerst einmal: Um richtig wirken zu können, muss die Gaspreisbremse den Grundbedarf einkommensschwächerer Haushalte decken und den Preis für übermäßigen Verbrauch dem Markt überlassen. Dieser Grundbedarf darf auf keinen Fall bedeuten, dass es eine pauschale Festlegung auf Mengen gibt, die Mieterinnen und Mieter in schlecht sanierten Wohnungen allein lässt. Außerdem muss sie Anreize schaffen, den Gasverbrauch zu reduzieren. Tut sie das nicht, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Gaspreis weiter steigt, die Gaspreisbremse noch teurer wird und die geplante soziale Abfederung nie passiert. Außerdem würde ein steigender Gasverbrauch klimafreundliche, unabhängige Stromversorgung schlichtweg blockieren.
Was nicht überrascht, ist die Tatsache, dass von den 200 Milliarden Euro, die die Bundesregierung für die Gaspreisbremse ausgeben will, kein einziger Cent in den Ausbau erneuerbarer Energie oder Gebäudesanierungen fließen soll. Entlastungen für Unternehmen sind als Folge von 16 Jahren fossiler Politik unumgänglich. Sie dürfen aber nicht bedingungslos ausgeschüttet werden. Es braucht klare Vorgaben für klimafreundliche Transformationen in den kommenden Monaten.
Dass eine Energiewende anders aussieht, als Olaf Scholz seinen Doppelwumms aktuell plant, sollte mittlerweile jedem klar sein.
Eine richtige Energiewende ist eine unserer größten Chancen, soziale Ungerechtigkeiten und die Klimakrise gleichzeitig zu bekämpfen. Erneuerbare Energie ist langfristig günstiger. Sie kann da gewonnen werden, wo sie gebraucht wird. Und Dörfer müssen für sie auch nicht zerstört werden.
In Niedersachsen ist das Potenzial für erneuerbare Energien besonders groß. 2020 wurden bereits 25 Prozent des Energiebedarfs durch Erneuerbare gedeckt, drei Viertel davon stammten aus Windenergie. Aktuell werden 1,1 Prozent der Landesfläche für Windenergie genutzt. Für eine wirksame Energiewende muss diese Fläche mehr als verdoppelt werden. Auch der Ausbau der Solarenergie muss 20 Mal schneller passieren als heute. Der Platz ist da, es fehlen lediglich gesetzliche Rahmenbedingungen, Genehmigungen und politischer Willen.
Was kommt da besser gelegen als eine Wahl? Eine Wahl, mit der die Menschen in Niedersachsen – also zumindest alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger – über die nächsten fünf Jahre Landespolitik entscheiden? Idealerweise gäbe es Parteien mit einem Plan für die Einhaltung des Pariser Abkommens, mit einem Plan für Klimagerechtigkeit. Aber die gibt es nicht.
Und trotzdem ist diese Wahl so unfassbar wichtig. Es ist egal, welche demokratischen Parteien Niedersachsen in der nächsten Legislaturperiode regieren, sie alle müssen ihren Job machen, Verantwortung für die vielen Krisen unserer Zeit übernehmen und wirksam gegensteuern.
Eine Sache, die wir in den letzten drei Jahren Klimastreik gelernt haben, ist, dass für wirksame Krisenbekämpfung oft nur der politische Willen fehlt. Regierungen können sich entscheiden, Politik für Menschen zu machen, statt für Konzerne. Sie können sozial gerechte Politik machen, die gleichzeitig das Klima schützt. Sie können sich für Klimagerechtigkeit entscheiden. Aber dafür braucht es alle Menschen, auf der Straße und an der Wahlurne. Deshalb: Wenn du in Niedersachsen wahlberechtigt bist, geh am Sonntag wählen und komm schon heute mit uns auf die Straße. Niedersachsen hat #genugverWEILt.