Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Fridays for Future: Warum die "Freiheit" der FDP die Klimakrise anheizt

Fridays for Future positionieren sich klar gegen Lindner und Wissing.
Fridays for Future positionieren sich klar gegen Lindner und Wissing. bild: imago/ipon
Gastbeitrag

Fridays for Future: Warum die "Freiheit" der FDP die Klimakrise anheizt

12.08.2022, 10:58
Clara Duvigneau, gastautorin
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"Aus Liebe zur Freiheit". Mit diesem Spruch wirbt die Freie Demokratische Partei. Aus den aktuellen Handlungen der Partei wird jedoch deutlich: Freiheit bedeutet für die FDP, die Klimakrise zu ignorieren und dringend notwendige Veränderungen zu blockieren. Fossiler Lobbyismus ist Alltag, egal, ob in Bezug auf das Klimaschutzsofortprogramm, die Porsche-Affäre, die Verstetigung des 9-Euro-Tickets, eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne oder ein längst überfälliges Tempolimit.

Ihre Freiheit bedeutet die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen

Die FDP behauptet, Ideen und Lösungen für gerechten Klimaschutz parat zu haben. Sobald es jedoch konkret wird, werden jedes Mal aufs Neue die Interessen von Konzernen über die der Menschen gestellt. Mit der aktuell immer stärker eskalierenden Klimakrise ist diese Greenwashing- und "Freiheitswashing"-Politik nicht mehr vereinbar.

Anstatt sich damit auseinanderzusetzen, wie das Klimaschutzsofortprogramm am besten umgesetzt werden kann, hat Bundesverkehrsminister Wissing andere Pläne. Grundsätzlich werden für jeden Sektor bestimmte Emissionsreduktionsziele definiert. Jedes Jahr aufs Neue verfehlt der Verkehrssektor die angestrebten Ziele.

"Der Freiheitsbegriff der FDP beruht darauf, die gesellschaftlichen und finanziellen Privilegien Einzelner zu schützen."

Anstatt sich hinzusetzen, die Klimakrise ernst zu nehmen und die notwendigen Veränderungen endlich anzugehen, möchte die FDP nun die Regelung beenden. Konkret bedeutet das, anstatt Emissionen zu senken, sollen die Einsparziele niedriger festgelegt werden. Mit einem FDP-Bundesverkehrsminister gäbe es die Möglichkeit, sich an ernst gemeinte Veränderung zu wagen. Insbesondere in diesem Resort gibt es dringenden Veränderungsbedarf.

Wissing als Verkehrsminister ungeeignet

Die FDP kann und muss hier die Möglichkeit nutzen, ihr Wahlkampfversprechen – das Pariser Klimaabkommen einzuhalten – konstruktiv anzugehen. Stattdessen werden die Augen verschlossen und Ziele, die sowieso nicht ausreichend sind, versucht abzuschaffen. Das zeigt ganz eindeutig, entweder hat Wissing nicht verstanden, worum es bei der Klimakrise geht, oder er ignoriert die erdrückenden Fakten bewusst. Beide Szenarien sind eine Katastrophe und beweisen, dass Wissing als Verkehrsminister ungeeignet ist. Aber was hat das mit dem Freiheitsbegriff der FDP zu tun?

Alle zwei Wochen melden sich Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Der Freiheitsbegriff der FDP funktioniert nicht im Kontext der Klimakrise. Er beruht darauf, die gesellschaftlichen und finanziellen Privilegien Einzelner zu schützen. Aber wie steht es um die Freiheit einkommensschwacher, alleinerziehender Mütter? Um die Freiheit derer, die jegliche Existenzgrundlage durch die Klimakrise verlieren? Die FDP behauptet, "Klimaschutz für alle" machen zu wollen. Durch das aktive Verhindern von progressivem Klimaschutz im Kampf gegen die Klimakrise wird aber das Gegenteil dessen erreicht, was die FDP für sich zu beanspruchen glaubt. Freiheit.

Denn Freiheit bedeutet auch, in einer Welt zu leben, in der demokratisch gewählte Politiker:innen alles dafür tun, lebensbedrohliche und vernichtende Krisen, wie die Klimakrise, angemessen zu bekämpfen. Freiheit bedeutet, die Lebensgrundlagen aller, unabhängig von Hautfarbe, Religion, ethnischer Zugehörigkeit oder finanziellem Hintergrund zu schützen und zu bewahren. Dazu gehört auch anzuerkennen, dass Deutschland, als eine der ältesten Industrienationen weltweit, eine besondere Verantwortung trägt. Denn insbesondere Menschen im Globalen Süden haben kaum zur Klimakrise beigetragen, leiden jedoch am stärksten unter ihr. Anders als in Deutschland können es sich viele Staaten des Globalen Südens nicht leisten, sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen. Auch in Deutschland wird immer wieder deutlich: Die Klimakrise trifft die Menschen, die gesellschaftlich oder finanziell benachteiligt sind, am härtesten.

Der Freiheitsbegriff des 21. Jahrhunderts muss also immer im Kontext der Klimakrise gesehen werden. Die FDP hat in den letzten Wochen und Monaten immer wieder bestätigt, dass sie das nicht versteht.

Clara Duvigneau kommt aus Berlin und ist bundesweit als Sprecherin für Fridays for Future aktiv.
Clara Duvigneau kommt aus Berlin und ist bundesweit als Sprecherin für Fridays for Future aktiv. bild: fridays for future

So überraschte es recht wenig Menschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung, als vor etwa zwei Wochen veröffentlicht wurde, dass der Porsche-Chef Blume mit engem Kontakt zu Bundesfinanzminister Lindner prahlte. Selbst im Nachhinein sollen sich die beiden abgesprochen haben, wie dieser Skandal am besten zurechtgerückt werden könne. Auch in der Diskussion um eine Übergewinnsteuer scheut Lindner nicht, Großkonzerne in den Schutz zu nehmen. Aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine profitieren aktuell große Energiekonzerne enorm. Durch einen Krieg finanziell zu profitieren, ist verwerflich genug. Diesen Gewinn dann nicht wenigstens hoch zu besteuern, ist ein Skandal.

Lindner stellt Konzerne über Menschen

Lindner behauptet, eine Übergewinnsteuer würde der freien Marktwirtschaft schaden. Klar ist, in einigen unserer europäischen Nachbarländer funktioniert dieses Konzept problemlos. Hier wird das Geld unter anderem genutzt, um Menschen mit niedrigerem Einkommen bei den aktuell hohen Energiepreisen zu entlasten. Aus Lindners Handlungen wird deutlich: Die FDP hat überhaupt kein Interesse daran, die Interessen der Menschen über die von Konzernen zu stellen. Diese Art von Politik, die eindeutig durch fossilen Lobbyismus bestimmt wird, ist perfide und hat in einer immer stärker eskalierenden Klimakrise nichts zu suchen.

Lindners Dreistigkeit, einkommensschwache Menschen zu ignorieren, zeigt sich auch an seiner Meinung, das 9-Euro-Ticket fördere eine "Gratismentalität". Ein Glück führt das Dienstwagenprivileg nicht dazu. Sonst müssten ja die Freiheiten der finanziell Privilegierten eingeschränkt werden.

Von einem gut ausgebauten und günstigen ÖPNV-Netz für alle ist Deutschland noch weit entfernt. Es geht also in der 9-Euro-Ticket-Debatte nicht um das Ausspielen einer dringend notwendigen Verkehrswende gegen einen günstigen ÖPNV. Beides ist dringend notwendig! Das 9-Euro-Ticket ist einer von vielen Schritten, die bis zu einer gerechten Verkehrswende gegangen werden müssen. Fakt ist, auch wenn (noch) viele Menschen weiterhin Auto fahren; gerade für die einkommensschwächsten Menschen in Deutschland wird endlich Mobilität ermöglicht.

"Nachhaltige Mobilität ist Freiheit. Diese Freiheit brauchen wir für Klimagerechtigkeit."

Lindner scheint jedoch kein Interesse daran zu haben, dass wirklich alle Menschen einen Zugang dazu bekommen.

In einer immer stärker eskalierenden Klimakrise muss die FDP endlich anerkennen, dass ihr Freiheitsbegriff unangemessen, überholt und ungerecht ist. Die Klimakrise darf von dieser Partei nicht mehr ignoriert und verharmlost werden. Dafür ist zu wenig Zeit. Der fossile Lobbyismus und die Reichen-Politik müssen aufhören. Stattdessen braucht die FDP einen neuen Freiheitsbegriff – einen Freiheitsbegriff, der ein klimagerechtes Leben ermöglicht.

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