Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Koalitionsvertrag: So halten wir die Klimaziele nicht ein

28.03.2025, Berlin: Friedrich Merz (l), Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, und Lars Klingbeil, SPD-Fraktions- und Bundesvorsitzender, geben vor Beginn der Fortsetzung der Koalitionsver ...
Friedrich Merz und Lars Klingbeil sind mit ihrem Koalitionsvertrag zufrieden. Fridays for Future nicht. Bild: dpa / Michael Kappeler
Gastbeitrag

FFF erhebt Vorwürfe gegen Union und SPD: So halten wir die Klimaziele niemals ein!

Aktivist:innen von Fridays for Future melden sich in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort. Darya Sotoodeh schreibt über den Koalitionsvertrag von Union und SPD, in dem ein wichtiges Thema viel zu wenig Beachtung findet: die Klimakrise.
11.04.2025, 08:1111.04.2025, 13:05
Darya Sotoodeh
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"Verantwortung für Deutschland" – das ist der Titel des Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD für die 21. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags. Verantwortung will diese Regierung mit dem neuen Vertrag übernehmen, ein löblicher Plan angesichts der weltpolitischen Lage – und angesichts der eskalierenden Klimakrise.

Allein die Schlagzeilen der vergangenen Tage zeigen die Lage in dramatischer Deutlichkeit auf: Waldbrände im Rheinland, Schiffe, die im Rhein und im Bodensee auf dem Trockenen liegen und sogar Versicherer warnen vor einem Zusammenbrechen der Wirtschaft durch die Klimakrise.

Hitzewellen, extreme Regenfälle, Dürren und zahlreiche andere Katastrophen häufen sich durch die Klimakrise immer mehr, vor allem im Globalen Süden. Dort sind die Menschen am stärksten von den Folgen der Klimakrise betroffen, wie wir zum Beispiel an den Überschwemmungen in Argentinien oder extremen Hitzewellen in Indien sehen.

Deutschland und die EU haben in den letzten Jahrhunderten von Kolonialismus und Ausbeutung profitiert und sich dadurch den Wohlstand aufgebaut, den sie bis heute haben (auch wenn er bei Weitem nicht gerecht verteilt wird). Dieser Wohlstand bedeutet Verantwortung.

Aktivist:innen von Fridays for Future melden sich in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Aktivist:innen von Fridays for Future melden sich in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Der zukünftige deutsche Kanzler Friedrich Merz sprach bei der Vorstellung des neuen Koalitionsvertrags von jungen Menschen und ihren berechtigten Zukunftsängsten – um dann die Klimakrise mit keinem einzigen Wort zu erwähnen. Es ist klar, dass die im Vertrag angekündigten Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, um Deutschlands selbstgesteckte Klimaziele einzuhalten.

In den letzten Monaten ist schmerzhaft klargeworden, dass Deutschland und die EU nicht nur aufgrund ihrer historischen Rolle bei der Verursachung der Klimakrise Verantwortung tragen müssen, sondern auch, weil die USA unter Trump Klimaschutz an jeder Stelle blockieren.

2025 jährt sich das Pariser Klimaabkommen zum zehnten Mal, das zentrale Abkommen zum Klimaschutz. Ein ernüchterndes Jubiläum: Statt der angestrebten Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad steuern wir aktuell weltweit auf eine Erhitzung von 2,7 Grad zu. Die 1,5-Grad-Grenze wurde im letzten Jahr erstmals überschritten – währenddessen sind die USA aus dem Abkommen ausgestiegen.

Ein fatales Signal, gerade an die Staaten, die seit Jahren unter den Folgen der Klimakrise leiden. Es ist abzusehen, dass es unter Trump nicht bei dem alleinigen Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen bleibt: Schon jetzt werden Wissenschaftler:innen in ihrer Arbeit massiv eingeschränkt, Datensätze gelöscht, Förderprogramme gestrichen, mit Folgen für die Wissenschaft auf der ganzen Welt.

So lässt sich zusammenfassen: Es bräuchte eine Politik, die ambitioniert vorangeht und in dieser Zeit Verantwortung übernimmt, über die deutschen Grenzen hinaus. Doch davon ist im neuen Koalitionsvertrag nichts zu finden. Ein Ausbau fossiler Subventionen, neue Gaskraftwerke und das Verwischen von Klimazielen. All das ist verantwortungslos und setzt Menschenleben aufs Spiel.

An vielen Orten in Deutschland finden heute Protestaktionen statt

Und genau das nehmen wir nicht hin. An vielen Orten in Deutschland finden heute Protestaktionen statt, außerdem wird im Rahmen eines internationalen Aktionstages beispielsweise auch in Lettland, Irland, Bangladesch, Neuseeland, Nigeria und Brasilien protestiert. Wir gehen für eine Politik auf die Straße, die der Klimakrise gerecht werden soll.

Es ist klar, was es politisch braucht. Grundlage müssen klare Ziele für Klimaneutralität und ein verbindlicher Gasausstieg bis spätestens 2035 sein.

Für einen Wandel zu einer klimafreundlichen und gerechten Gesellschaft brauchen wir außerdem mehr Förderung von zukunftsfähigen Jobs. Wir fordern mindestens 300.000 Menschen, die pro Jahr für Zukunftsjobs ausgebildet werden, zum Beispiel in der Solarinstallation oder Fahrer:innen für Bus und Bahn (natürlich mit fairen Löhnen und guten Arbeitsbedingungen). Klimafreundlich leben, darf keine Frage des Geldes sein.

Mit einer sogenannten Mobilitäts- und Wärmegarantie kann sichergestellt werden, dass alle unsere Grundbedürfnisse bezahlbar und klimaneutral erfüllt werden können. Damit wir unsere Gesellschaft klimagerecht gestalten können, müssen diejenigen mehr Steuern zahlen, die die Klimakrise am stärksten befeuern: Superreiche und Kohle-, Öl- und Gaskonzerne.

Darya Sotoodeh ist Klimaaktivistin. Sie arbeitet zu den Schnittstellen von sozialer Gerechtigkeit, Antirassismus und Klimaschutz und ist Pressesprecherin von Fridays for Future. Sie lebt und studiert  ...
Darya Sotoodeh ist Pressesprecherin von Fridays for Future. Sie lebt und studiert in Heidelberg.Bild: Privat / FFF

All das wäre realistisch umsetzbar, wenn die Regierung Verantwortung übernehmen würde. Verantwortung für alle Teile der Gesellschaft und unser Recht auf ein sicheres, gerechtes und bezahlbares Leben.

Nur wenn in Deutschland konkret Emissionen gesenkt werden, können wir einen fairen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise leisten. Verantwortung endet nicht an den deutschen Grenzen. Deutschland hat eine historische Verpflichtung und spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, internationale Klimagerechtigkeit zu schaffen. Unser Umgang mit der Klimakrise beeinflusst unmittelbar das Leben von Millionen Menschen weltweit.

Die Staaten, die die Klimakrise jetzt schon enorm zu spüren bekommen, forderten auf der letzten Weltklimakonferenz eine internationale Klimafinanzierung in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar, um sich besser gegen die Klimakrise und ihre tödlichen Folgen zu schützen. Blockiert wurde es wenig überraschend von den Industriestaaten. Auch hier stehen wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland in der Verantwortung, denn die Klimakrise lässt nicht mit sich verhandeln. Sie eskaliert hier und jetzt.

Deswegen gehe ich heute gleichzeitig mit vielen Menschen weltweit auf die Straßen. Wir werden laut sein und von den politisch Verantwortlichen einfordern, dass sie ihre Versprechen einhalten und wirklich Verantwortung übernehmen. Solange sie sich weigern, protestieren wir weiter.

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