Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Fridays for Future: "In Bayern lebt es sich besser" – auf Kosten anderer

Markus Söder kämpft lieber um seinen Parteikollegen Hubert Aiwanger als für den Klimaschutz.
Markus Söder kämpft lieber um seinen Parteikollegen Hubert Aiwanger als für den Klimaschutz.Bild: Getty Images Europe / Leonhard Simon
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Fridays for Future kritisiert Söder scharf: "In Bayern lebt es sich besser" – auf Kosten anderer

06.10.2023, 14:36
ronja hofmann, gastautorin
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"In Bayern lebt es sich besser" – das ist der Slogan, mit dem Söder diesen Sommer seinen Wahlkampf bestritten hat und wenn man sich im Rest der Welt umschaut, könnte man wirklich auf die Idee kommen, es sei das Beste, die Sommerferien zu Hause in Bayern zu verbringen. Brände in Italien, Spanien, Griechenland, Portugal und Kanada und Überflutungen wegen heftigen Regenfällen in Schweden, Norwegen, Österreich, Slowenien und China. Die Liste ist endlos.

Es ist mehr als zynisch, wenn angesichts all dieser Katastrophen Aiwanger davon spricht, dass das zeitweise regnerische Wetter in Bayern zeige, dass die Klimakrise doch nicht so schlimm sei. Aber das verdeutlicht, dass Aiwanger und Söder kein Problem damit haben, den Boden wissenschaftlicher Fakten zu verlassen, während sie auf groteske Weise versuchen, sich gegenseitig zu überbieten. Und zwar, wenn es darum geht Wähler:innen am rechten Rand zu gewinnen.

Ronja Hofmann (20) engagiert sich seit 2019 bei Fridays for Future.
Ronja Hofmann (20) engagiert sich seit 2019 bei Fridays for Future. bild: privat

Dass nicht Fakten und Moral, sondern reiner Opportunismus Söders Kompass ist, wird auch daran deutlich, dass er abscheuliche, antisemitische Hetzschriften als Jugendsünde akzeptiert, anstatt ernsthafte Konsequenzen zu ziehen. Lieber spricht er über "Klimaterroristen", und die Ampel, die angeblich jedem die Heizung herausreißen möchte.

Söder inszeniert sich als starker Landesvater, als Beschützer seiner Wähler:innen. Nur stellt man schnell fest, dass die Bedrohungen, vor denen er sie beschützen möchte, kaum existieren. Und noch schlimmer, dass er es nicht vermag, die Menschen in Bayern vor der wissenschaftlich begründeten, größten Bedrohung – nämlich den Folgen der Klimakrise – zu schützen. Es ist, als ob Söder unter größter Kraftanstrengung und mit lautem Getöse gegen eine harmlose Spinne an der Wand kämpft, während er den hungrigen Löwen neben ihm schulterzuckend ignoriert.

Katzenbild Kolumne FFF
Alle zwei Wochen melden sich Aktivistinnen und Aktivisten von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Heimat, Sicherheit, Wohlstand. Mit diesen Schlagworten wirbt die CSU um Stimmen – und vernichtet mit ihrer Politik alle drei.

Denn was bleibt von der Heimat, wenn Fluten in Minutenschnelle Häuser, Straßen, Menschen mit sich reißen, wie diesen Sommer bei unseren österreichischen Nachbarn oder 2021 im Ahrtal. Auch in Bayern hatten die Regenfälle ein verheerendes Ausmaß und sind gleichzeitig doch nur ein zarter Vorbote künftiger Extremwetterereignisse. Den "Klimaruck", den Söder im Anschluss gefordert hat, scheint er am Tag darauf schon wieder vergessen zu haben.

Wie kann man von Sicherheit für Leben und Gesundheit sprechen, wenn es laut dem RKI allein dieses Jahr schon über 3000 Hitzetote gibt? Die Klimakrise tötet, auch hier in Bayern und trifft vor allem ärmere Menschen.

Und woher soll Wohlstand kommen, wenn die Schadenskosten in Folge der Klimakrise explodieren? Wissenschaftler:innen kommen zu dem Ergebnis, dass die Folgekosten der Klimakrise um ein 15-faches höher sind, als es Investitionen in Klimaschutz wären. Da hilft es auch nicht, wenn sich die Staatsregierung die Fakten so zurechtbiegt, dass es an eine Lüge grenzt, indem sie behauptet, Bayern sei Platz eins beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Rechnet man den Ausbau auf die Fläche, und betrachtet man die tatsächliche, und nicht nur die installierte Leistung, landet Bayern im hinteren Mittelfeld.

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Der Ausbau der Windkraft ist mit der 10H-Regel in Bayern (Mindestabstandregelung von Windenergieanlagen zu Siedlungen, Anm.d.Red.) massiv eingebrochen und genau wie der verschleppte Netzausbau einer der Hauptgründe für die hohen Strompreise. Apropos auf Kosten anderer leben – die Strompreise sind im Nord-Osten Deutschlands sogar höher, obwohl dort der günstige Windstrom erzeugt wird und die Netze gut ausgebaut wurden, was unter anderem daran liegt, dass die Baukosten neuer Stromtrassen nur auf die lokale Bevölkerung umgelegt werden.

Die Faktenlage ist eindeutig: Die Klimakrise ist die größte Bedrohung für uns Menschen. Die Maßnahmen, die in der nächsten Legislaturperiode ergriffen werden, entscheiden darüber, ob Bayern seinen Teil zum Klimaschutz beiträgt und sie entscheiden darüber, ob Bayern der lebenswerte Ort bleibt, der uns allen so selbstverständlich erscheint. Für diesen Ort lohnt es sich zu kämpfen. Und kämpfen bedeutet, ehrlich zu kommunizieren. Kämpfen bedeutet, die Spinne an der Wand Spinne sein zu lassen und schnellstens was gegen den Löwen zu unternehmen.

Kämpfen bedeutet, Menschen zu erklären, dass wir Dinge ändern müssen, damit die Klimakrise nicht alles katastrophal verändert.

Die technischen Lösungen gibt es, was fehlt sind Gesetze, die Klimaschutz sozial gerecht gestalten. Natürlich ist es einfacher, populistische Parolen zu rufen, die Klimakrise zu relativieren, sich opportunistisch und skrupellos die Fakten zurechtzubiegen und sich als Held in einem selbst ersponnenen Kulturkampf zu inszenieren. Aber für jemanden, der in einer Demokratie ein Land regieren möchte, sollte es nicht um Einfachheit gehen, sondern um die Menschen in diesem Land. Und diese Menschen sind schon jetzt von der Klimakrise betroffen.

Die Staatsregierung ist ihnen konsequenten, sozial gerechten und gut kommunizierten Klimaschutz schuldig.

Klimaschutz ist Aufgabe aller Parteien, egal wer nach dieser Wahl die Staatsregierung führt. Das gilt für Bayern, genau wie für Hessen, wo ebenfalls am 8. Oktober. gewählt wird. Es ist dramatisch, dass keine Partei ein 1,5 Grad konformes Konzept vorzulegen hat. Für Bayern fordern wir eine umfassende Verschärfung des bayerischen Klimaschutzgesetzes, eine Abschaffung der 10H-Regel und endlich den Ausbau der Windkraft voranzutreiben. Die Maßnahmen müssen sich am Forschungsstand der Klimawissenschaftler*innen orientieren, und so kommuniziert werden, dass sich dafür gesellschaftliche Mehrheiten finden.

Klar ist, es fehlt im Kampf gegen die Klimakrise nicht an Fakten, nicht an Argumenten und vor allem nicht an technischen Lösungen. Was es braucht, ist der gesamtgesellschaftliche Druck. Und den erzeugen wir mit unseren Streiks immer wieder, auch am 6. Oktober, kurz vor der Landtagswahl. Dort gehen wir auf die Straße, um die Mehrheiten, die es ja bereits für Klimaschutz gibt, sichtbar zu machen, und das einzufordern, was uns in Bayern, genau wie Menschen überall auf der Welt, zusteht – eine lebenswerte Zukunft.

Snovember und White Christmas: Was steht uns bevor und wie seriös sind die Prognosen?

Der Winter naht und mit ihm die Frage: Wird es weiße Weihnachten geben, werden wir ein besinnliches Fest unter leise rieselnden Schneeflöckchen feiern? Schön wäre es, wenn der Weihnachtsmann, zumindest hierzulande, nicht schwerfällig durch Schlamm stapfen muss wie ein alternder Watt-Fischer.

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