Die Einkaufsstraßen sind ausgestorben, die Geschäfte geschlossen: Wegen des Lockdowns ist Einkaufen in der Innenstadt momentan nicht möglich, und das wird wohl auch noch eine ganze Weile so bleiben. Für Tausende Winterjacken, Strickpullover und Jeans bedeutet das: sie werden wohl nie verkauft. Bis die Läden wieder ihre Türen öffnen können, möchten die Kunden wohl eher Frühlingsblusen kaufen als den dicken Wollschal.
Greenpeace warnt deshalb vor der drohenden Vernichtung von Kleidung, die sich im Handel wegen des Lockdowns aufstaut. Nachdem die Branche die Corona-Beschränkungen kritisiert hat, sieht die Umweltschutzorganisation beim Handel eine Mitverantwortung. "Mit ihren grotesk beschleunigten Zyklen hat die Fast-Fashion-Industrie in der Pandemie Millionen unverkaufter T-Shirts, Hosen, Schuhe und anderer Kleidung zu Wegwerfartikeln degradiert", sagte Greenpeace-Konsumexpertin Viola Wohlgemuth der "Welt".
Wegen des verlängerten Lockdowns wird sich nach Schätzungen der Handelsverbände Textil (BTE), Schuhe (BDSE) und Lederwaren (BLE) im stationären Handel bis Ende Januar ein Berg von einer halben Milliarde unverkaufter Modeartikel auftürmen. Die Branche sieht ein "gewaltiges Warenproblem" und warnte vor dem Verlust Tausender Geschäfte und Zehntausender Jobs allein im stationären Modehandel.
"Ware wird unter Einkaufspreis verkauft werden müssen", prognostizierte BTE-Präsident Steffen Jost im Gespräch mit dem Branchenfachblatt "Textilwirtschaft". Von einer geplanten Vernichtung ist allerdings nicht die Rede.
Greenpeace nimmt den Handel in die Pflicht. Statt Kleidung mit einer permanent verkürzten Halbwertszeit zu entwerten, müsse die Modeindustrie die Corona-Krise zur Entwicklung von Geschäftsmodellen nutzen, die einer Verschwendung von Ressourcen vorbeugten und keine falschen Bedürfnisse schürten, forderte Wohlgemuth. "Wie können in einem Land mit 82 Millionen Menschen in ein paar Wochen 500 Millionen unverkaufte Kleidungsstücke anfallen? Braucht jede und jeder Deutsche sechs weitere Wintermäntel?"
(ftk/dpa)