Wer in Bayern wohnt, der fährt für ein bisschen Sonne und Dolce Vita gerne einmal in Richtung Italien. In rund sechs Stunden gelangt man mit dem Auto von München nach Bologna, bis nach Verona sind es bei flüssig laufendem Verkehr sogar gerade einmal fünf Stunden.
Dass eine solche Strecke mit dem Zug eigentlich genauso schnell herumgeht, mag man angesichts der vergleichsweise eher spärlich ausgebauten Fernzugstrecken in Deutschland kaum glauben. Doch die Bahnbetreiber in den europäischen Nachbarländern arbeiten in den vergangenen Jahren mit Hochdruck am Netzausbau. Die Bahn dürfte dem Auto angesichts neuer Plänen so bald noch mehr Konkurrenz machen.
Bereits jetzt gibt es von München aus eine Direktverbindung nach Verona und Bologna, die von etwas in die Jahre gekommenen Eurocity-Wagen befahren wird. Ab 2024 will die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) hier die Hochgeschwindigkeitszüge der neuen Railjet-Generation einsetzen und den Reisenden damit noch mehr Komfort und womöglich neue Zwischenhalte bieten.
Ein weiteres Ziel in Deutschland kündigte indes der italienische Bahnbetreiber für seine Flotte an. Dessen Flaggschiff Frecciarossa soll ab 2026 von Mailand aus auf direktem Weg nach München fahren – und das in gerade einmal vier Stunden. Im Idealfall soll die Verbindung anschließend in weitere deutsche Städte wie Berlin erweitert werden.
Aktuell ist die Verbindung nach Mailand nur mit Umsteigen möglich und dauert von München aus zwischen sieben und 14 Stunden. "Wenn der Frecciarossa über den Brenner fährt, wäre das ein Qualitätssprung", erklärt Herbert Dorfmann, Abgeordneter im EU-Parlament.
Der Ausbau des Streckennetzes zwischen Italien und Deutschland ist Teil einer bezuschussten Kampagne der EU-Kommission, die den Verkehr zunehmend von der Straße auf die Schiene verlagern soll. Bis 2030 will die Europäische Union das Verkehrsaufkommen auf der Schiene verdoppelt haben.
"Mit neuen Zügen, mehr Komfort und mehr Verbindungen wollen wir das Wachstum weiter ankurbeln", teilten auch die Deutsche Bahn und der ÖBB zuletzt mit. Die Zahl der Passagier:innen zwischen Deutschland und Österreich sei in den vergangenen fünf Jahren bereits um 40 Prozent gestiegen.
Einziges Problem an den großen Plänen für den Zugverkehr stellen zum jetzigen Zeitpunkt noch ausstehende Genehmigungen dar. Da in Deutschland die Deutsche Bahn das Monopol im Bereich Zugverkehr besitzt, dauern Anpassungen oft länger als in anderen europäischen Ländern, wo mehrere Unternehmen um das Schienennetz konkurrieren.
Dennoch zeigt sich auch die Deutsche Bahn offen für die Veränderungen. Für die Verbindung nach Italien arbeitet man mit der Betreiberfirma zusammen und teilt Kosten wie Gewinn aus der Strecke in Richtung Mailand. Auf der Schiene dürfte man entsprechend bald europäische Zusammenarbeit erleben, wie sie sich die Gründer:innen der EU erträumt haben.