Allein innerhalb der Europäischen Union wurden im Jahr 2021 über 153 Millionen Tonnen an Lebensmitteln weggeschmissen. Gleichzeitig müssen weltweit bis zu 828 Millionen Menschen hungern. Ob in Lagern, Supermärkten, Restaurants – aber allem voran in Haushalten: Lebensmittelverschwendung ist sowohl vor diesem Hintergrund, als auch mit Blick auf Ressourcenverschwendung und die Klimakrise ein großes Problem.
Deswegen arbeitet die EU derzeit an einer Reform der sogenannten Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Unter anderem gibt es den Vorschlag, dem Mindesthaltbarkeitsdatum den Pflichtzusatz "Oft länger gut" zu ergänzen, wie die "Lebensmittel Zeitung" berichtete. Auch im Bundesrat war Lebensmittelverschwendung bereits Thema.
Ein Café in Stuttgart ist aber schon einen Schritt weiter. Denn hier klappt bereits, woran in der EU und in Deutschland noch immer gearbeitet wird.
In Stuttgart gibt es das erste Foodsharing-Café Deutschlands. Der Unterschied zu anderen Coffee-Shops: Für das Essen muss hier nichts bezahlt werden. Denn alle angebotenen Lebensmittel wurden gespendet, oder "gerettet", wie sie es im Foodsharing-Café "Raupe Immersatt" ausdrücken. Alles, was im Café landet, wurde im Handel oder der Gastronomie nicht verkauft – und würde andernfalls entsorgt worden. Die "Raupe Immersatt" will der Lebensmittelverschwendung den Kampf ansagen – und das mit einem Treffpunkt und (kostenfreien) Genuss verbinden.
Dafür können sich die Gäste die "geretteten" Lebensmittel einfach aus dem Kühlschrank nehmen und gleichzeitig im Café sitzen. Während die Snacks kostenlos sind, müssen Getränke bezahlt werden. Wie viel sie für ihr Getränk zahlen wollen oder können, entscheiden die Gäste aber selbst. Von diesem Erlös werden Miete und Personalkosten gedeckt.
Weil das Konzept so gut funktioniert, hat die "Raupe Immersatt" mittlerweile zahlreiche Nachahmer in ganz Deutschland gefunden. Auch in Freiburg, Freising, in Landau in der Pfalz und an einigen weiteren Orten haben mittlerweile Foodsharing-Cafés eröffnet.
Aber in der "Raupe Immersatt" geht es nicht nur um das Retten von Lebensmitteln. Auch Begegnungen unterschiedlichster Menschen sowie das Auflösen von Grenzen sollen durch das Café vorangetrieben werden.
Ins Café kämen laut Katrin Scherer, Vorstandsmitglied bei "Raupe Immersatt", sowohl Menschen, die obdachlos sind, als auch Bewohner:innen der Halbhöhenlage, um abends ein Glas Wein zu trinken. Solche Begegnungen gäbe es sonst nur in der U-Bahn, wie sie gegenüber dem SWR erklärte.