Den Weg zur Arbeit verbinden viele Menschen in Großstädten noch immer mit stinkenden U-Bahnen und abgehetzten Laufwegen infolge von Verspätungen. Bevor man acht Stunden im Büro sitzt, setzt man sich in die Bahn – und ärgert sich am Ende darüber, dass man sich wieder nicht bewegt hat.
Dass es eine meist geruchs- und vor allem klimaneutralere Option für Wege in der Großstadt gibt, vergessen viele gerne. Dabei gelangt man mit dem Fahrrad häufig durchaus stressfreier ans Ziel – vorausgesetzt, die Verkehrsplanung ist aufs Radeln ausgelegt. Wie das geht, zeigt aktuell Frankreich.
Allein in den ersten drei Monaten des Jahres wurde das Rad in der französischen Hauptstadt etwa 37 Prozent häufiger genutzt als im Vorjahreszeitraum. Wie die Stadt mitteilte, hat das auch Auswirkungen auf den Autoverkehr.
Im gesamten Pariser Stadtzentrum konnte demnach die Autonutzung um mehr als fünf Prozent verringert werden. Selbst in den Parkhäusern registrierte man zwei Prozent weniger Kund:innen als noch im Vorjahr.
Grund für diese positive Entwicklung in der Zwei-Millionen-Stadt ist der besondere Fokus auf die Verkehrswende, den die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo, aber auch das gesamte Land seit Jahren setzt.
So erhalten französische Bürger:innen mittlerweile eine Prämie von bis zu 400 Euro zur Finanzierung ihres Fahrrades, in Paris gibt es sogar noch einmal 100 Euro obendrauf. Zudem gilt fast in der gesamten Hauptstadt mittlerweile ein Tempolimit von 30 km/h.
Trotzdem bleibt der Regierung offenbar noch genügend Geld, um auch den Ausbau des Fahrradnetzes voranzutreiben. Das Radverkehrsnetz erstreckt sich mittlerweile über gut 1000 Kilometer, aktuell werden provisorische Radwege aus der Corona-Zeit endgültig ausgebaut.
Weitere Pläne für den Ausbau des Radverkehrsnetzes bestehen im Zuge der Olympischen Spiele im kommenden Sommer. Bis zum Start im Juli 2024 sollen laut Frankreichs Verkehrsminister Clément Beaune weitere 420 Kilometer Radweg in der gesamten Pariser Region entstehen.
Für die Umgestaltung müssen zahlreiche Parkplätze und Autospuren vor allem in der Innenstadt weichen. Dafür will der französische Staat bis 2026 insgesamt rund 250 Millionen Euro in die Hand nehmen, um in neue Radwege zu investieren.
Zudem werden beispielsweise Konzepte wie Fahrgemeinschaften gefördert, indem eine separate Spur für entsprechende Fahrzeuge frei gemacht wird. Diese Spur soll im Rahmen der Olympischen Spiele einem großen Testlauf unterzogen werden.
Die ambitionierte Verkehrspolitik soll vor allem in der französischen Hauptstadt der zunehmenden Luftverschmutzung entgegenwirken. Kritik erntet die Pariser Bürgermeisterin allerdings vor allem von Lieferant:innen, die in der Innenstadt immer schwieriger zu ihrer Kundschaft gelangen.
Aufgrund der aktuellen Hitzewellen wurden zuletzt trotz des verringerten Autoverkehrs in vielen Regionen hohe Ozon- und Feinstaubwerte gemessen. Im Vergleich etwa zu Berlin liegt die Luftverschmutzung in Paris bei einem geringeren Wert. Und das, obwohl es mittlerweile auch in der deutschen Hauptstadt ein Radwegnetz von mehr als 2000 Kilometern gibt.