Selbst auf Lebensmitteln, die mehr oder weniger bis zur Apokalypse genießbar wären, befindet sich in Deutschland normalerweise der kleine Stempel mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum. Von vielen Menschen wird dieses Datum fälschlicherweise als "Ablaufdatum" gesehen – sie entsorgen die entsprechenden Lebensmittel, sobald es überschritten wurde.
Gerade deshalb fordert Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) jetzt, lang haltbare Lebensmittel vollständig vom Mindesthaltbarkeitsdatum zu befreien. Das soll dazu beitragen, dass weniger Lebensmittel weggeschmissen werden, sagte der Politiker am Montag vor einem Treffen mit seinen EU-Amtskolleg:innen in Luxemburg.
"Wir brauchen eine verbindliche Ausnahmeliste für bestimmte haltbare Produkte", so Özdemir. Es sei seiner Meinung nach "komplett sinnbefreit", dass für lange Zeit haltbare Lebensmittel wie Tee, Reis oder Honig ein Mindesthaltbarkeitsdatum hätten.
Die von Özedemir genannten Lebensmittel können tatsächlich weit über das meist aufgedruckte Zwei-Jahresfenster hinaus konsumiert werden. Und wer nicht auf eine entsprechende Gesetzesänderung warten will, kann damit auch heute schon anfangen, wenn er oder sie folgendes beachtet.
Tee hält sich oft hervorragend, sofern er dunkel und trocken gelagert wird, zum Beispiel in einer geschlossenen Metalldose. Grundsätzlich ist die größte Gefahr, dass Tee über die Jahre schlichtweg an aromatischer Kraft verliert. Gesundheitlich ist auch abgelaufener Tee unproblematisch. Einzige Ausnahme: Wenn sich Schimmel bildet. Daher immer einmal kurz checken, ob alter Tee in der Konsistenz seltsam wurde.
Das Naturprodukt Honig ist ebenfalls lange haltbar. Wichtig ist hier, dass Honiggläser luftdicht verschlossen und an einem kühlen, trockenen Ort aufbewahrt werden. Bei Nutzung sollte man es vermeiden, den Honig mit einem dreckigen Messer (Klassiker: das Brotmesser beim Frühstück) zu verunreinigen.
Viele schmeißen Honig weg, sobald er seinen Zustand verändert, dabei sagen Imker:innen: Honig ist genauso genießbar, wenn er kristallisiert oder eine Schicht bildet. Diese Vorgänge sind Ergebnis des Zusammenwirkens von Blüten, Pollen und Zucker und meist sogar ein Merkmal für Qualität. Was allerdings passieren kann, ist, dass der Honig gärt, Blasen bildet und einen alkoholischen Geschmack erhält. Kein Grund zur Panik: Auch das ist nicht gesundheitsschädlich, für einige Delikatessen, wie zum Beispiel Honigwein, ist die Gärung sogar erwünscht.
Zuletzt der Reis: Mit Ausnahme von braunem Naturreis sind praktisch alle Reissorten unbegrenzt haltbar. Die wichtigste Voraussetzung ist allerdings, dass er von Feuchtigkeit ferngehalten wird. Luftdicht verschlossen bleibt ungekochter Reis aromatisch und ist geschützt vor Lebensmittelmotten.
Allerdings: Sobald der Reis gekocht wurde, sollte man ihn auch im Laufe von etwa zwei Tagen essen. Sonst besteht die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung, da sich Bakterien bilden können. Ist gekochter Reis plötzlich schleimig oder riecht eigenartig, gehört er direkt entsorgt.
Özdemir sieht die Verantwortung für die von ihm vorgeschlagene Änderung nun bei der EU-Kommission, verbindliche Regelungen für die Europäische Union vorzuschlagen. Kommissionsangaben zufolge entstehen in der EU jährlich fast 59 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle – rund 130 Kilogramm pro Kopf.
Im Rahmen der diesjährigen Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung wurde Ende September erst ermittelt, dass der Großteil dieses Lebensmittel-Mülls von Privathaushalten weggeworfen wird, nämlich 59 Prozent. Das ist nicht nur eine unnötige Belastung für die Umwelt, bedeutet es doch Transportwege, Lagerung, Verpackung und Lebensmittelherstellung für die Tonne, sondern es kostet die Einzelperson auch bares Geld.
(jd/mit Material der dpa)