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Umweltschutz: Mehr als 200 Umweltschützer getötet – vor allem in einer Region

Mourners visit other graves following the burial of community activist Homero Gomez Gonzalez, in Ocampo, Michoacan state, Mexico, Friday, Jan. 31, 2020. Hundreds of farmers and agricultural workers at ...
Im Januar wurden in Mexiko innerhalb weniger Tage zwei Umweltaktivisten ermordet – beide hatten sich für den Schutz des Monarchfalters eingesetzt.Bild: AP / Rebecca Blackwell
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Mehr als 200 Umweltschützer getötet – vor allem in einer Region

29.07.2020, 12:1528.09.2020, 12:34
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Proteste gegen Bergwerke und Abholzung, Wasserkraftwerke und Großfarmen sind vielerorts gefährlich – so gefährlich, dass Naturschützer dafür teilweise mit dem Leben bezahlen: Im vergangenen Jahr sind weltweit 212 Umweltschützer getötet worden. Das geht aus einer am Mittwoch von der Nichtregierungsorganisation Global Witness veröffentlichten Studie hervor. Demnach werden durchschnittlich mehr als vier Umweltschützer pro Woche ermordet – und damit mehr als jemals zuvor. Zudem werden Umweltschützer in vielen Ländern wegen ihrer Arbeit immer wieder bedroht, verleumdet und vor Gericht gebracht.

Die meisten Morde an Umweltaktivisten wurden der Studie zufolge in Kolumbien (64), den Philippinen (43) und Brasilien (24) verübt. Mehr als zwei Drittel aller Fälle registrierte Global Witness in Lateinamerika. Anfang des Jahres hatte etwa der Fall des prominenten mexikanischen Umweltschützer Homero Gómez González Schlagzeilen gemacht. Der Schmetterlingsschützer hatte sich gegen die Abholzung des Waldes und für den Schutz des Monarchfalters eingesetzt und war Ende Januar erschlagen in einem Brunnen im Bundesstaat Michoacán gefunden worden.

Dunkelziffer ermordeter Umweltschützer wahrscheinlich höher

Aber auch in Rumänien wurden im vergangenen Jahr zwei Umweltaktivisten getötet. Die Organisation geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl der getöteten Umweltschützer noch deutlich höher liegt, weil viele Fälle vertuscht oder nicht angezeigt werden.

Hinter den Gewalttaten stecken laut der Nichtregierungsorganisation meist Unternehmen, Farmer und teilweise auch staatliche Akteure sowie kriminelle Banden, paramilitärische Gruppen und Rebellen. "Landwirtschaft, Öl, Gas und Bergbau sorgen für die Gewalt gegen Umweltschützer – das sind genau die Industrien, die durch Abholzung und Emissionen auch den Klimawandel befeuern", sagt Rachel Cox von Global Witness.

Die meisten Morde stehen im Zusammenhang mit Bergbau (50), gefolgt von Landwirtschaft (34) und Forstwirtschaft (24). "Viele der schlimmsten Menschenrechtsverletzungen haben mit der Ausbeutung unserer natürlichen Ressourcen sowie Korruption in Politik und Wirtschaft zu tun", sagt Cox. "Umweltschützer sind jene, die dagegen aufstehen."

Deutschland importiert Kohle aus Konfliktregion

Im äußersten Nordosten Kolumbiens kämpft Angelicá Ortiz bereits seit Jahren gegen die Umweltschäden durch die Kohlemine El Cerrejón. Der größte Steinkohletagebau Lateinamerikas erstreckt sich im Department La Guajira auf rund 690 Quadratkilometern und produzierte zuletzt mehr als 25 Millionen Tonnen Kohle pro Jahr. "Unsere Wasserquellen versiegen, die Luft und das Wasser sind mit Schwermetallen belastet, die Menschen werden krank", sagt Ortiz. Ihr Volk der Wayúu lebt in der Halbwüste von Guajira vor allem von der Viehzucht. "Wir kämpfen für unser Land, unsere Rechte und ein gesundes Umfeld", sagt Ortiz.

Auch Deutschland importiert Kohle aus Kolumbien. Allerdings ging die Menge zuletzt deutlich zurück. War das südamerikanische Land 2016 mit 8,1 Millionen Tonnen nach Russland noch der zweitgrößte Steinkohlelieferant für die deutschen Kraftwerke, rutschte Kolumbien mit nur noch 2,1 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr auf den vierten Platz.

Dennoch sieht Umweltschützerin Ortiz die Stromkonsumenten in Deutschland in der Verantwortung. "Sie sollten wissen, was hier passiert, damit sie es hell und warm haben", sagt sie. "Hier müssen ganze Dörfer weichen und die Menschen werden krank." Zudem werden Ortiz und ihre Mitstreiterinnen vom Frauenverband der Wayúu wegen ihres Engagements immer wieder bedroht und eingeschüchtert.

Namen tauchen auf Flugblättern auf

Trotz des Friedensvertrags zwischen der kolumbianischen Regierung und der linken Guerilla-Organisation Farc hat die Gewalt gegen soziale Anführer, Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer in dem südamerikanischen Land zuletzt zugenommen. Die Zahl der Morde an Umweltaktivisten stieg 2019 um 150 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit 64 Fällen entfallen rund 30 Prozent aller Morde weltweit auf Kolumbien.

Ortiz ist bislang davongekommen, aber ihre Feinde haben sie immer im Blick. Zuletzt tauchte ihr Name auf einem Flugblatt mit dem Titel "Tod für alle – Soziale Säuberung" auf, das in La Guajira kursierte. "Es reicht, ihr Ratten. Bald werden wir einen nach dem anderen ausmerzen. Ihr habt 48 Stunden, um das Department zu verlassen", hieß es dort. Ortiz ist geblieben – die Angst auch.

(ftk/dpa)

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