Seit 50 Jahren versucht die Umweltorganisation Greenpeace, was Fridays for Future seit gerade mal drei Jahren probiert: unseren Planeten zu retten. Die Meere von Plastik zu befreien, die Wälder vor Bränden zu schützen und Tieren ein leidfreies Leben zu ermöglichen – das sind die Ziele der sogenannten Regenbogenkriegerinnen und -krieger. Mit zahlreichen, mitunter waghalsigen, Aktionen hat Greenpeace in den letzten 50 Jahren viel erreicht und das Thema "Umweltschutz" in den Mittelpunkt der Gesellschaft gebracht.
Doch kann die Organisation mit dem vergleichsweise jugendlichen Phänomen Fridays for Future mithalten? Oder gerät sie angesichts der Millionen streikender Kinder und Jugendlicher in den Hintergrund? Die spannende Dokumentation "Nur noch kurz die Welt retten: Die Greenpeace Mission" zeigt zahlreiche der spektakulären Aktionen und Erfolge der Organisation und erklärt, warum Greenpeace oft für gesellschafts- und umweltpolitische Kontroversen sorgte.
Hamburg, August 2021. Als Reporterin Sina in den frühen Morgenstunden auf zwei Greenpeace-Aktivisten und -Aktivistinnen trifft, weiß sie noch nicht, wo heute die Reise hin geht. Es ist eine Aktion geplant – welche, das wird noch nicht verraten. Und wie sicher oder angenehm sie sein wird, das ist auch nicht klar. Denn Greenpeace ist bekannt dafür, durchaus auch mal Aktionen durchzuführen, die ziemlich schiefgehen können.
So zum Beispiel im Münchner Olympiastadion. Bei dem Fußball-EM-Spiel Deutschland gegen Frankreich tauchte über den Köpfen der Zuschauer und Zuschauerinnen ein Motorgleitschirmflieger von Greenpeace auf, der als Protest gegen den Sponsor Volkswagen einen Ballon ins Stadion absenken wollte. Dabei stürzte der Pilot allerdings ab – und musste eine Notlandung auf dem Fußballfeld machen. Er verletzte dabei zwei Zuschauer.
Solche Desperado-Aktionen geben Greenpeace extrem viel Aufmerksamkeit in den Medien – allerdings ist fraglich, ob es die richtige Art ist. Die Behörden äußern Kritik und bezeichnen derartige Manöver als "Öko-Terror", weil sie nicht gewaltlos ablaufen.
Zurück zu Reporterin Sina, die mit den Greenpeace-Mitarbeitenden nach Kiel gefahren ist. Dort steigen die Aktivistinnen und Aktivisten in Neoprenanzüge gekleidet in den frühen Morgenstunden ins eiskalte Wasser. Ihr Ziel: Friedlich vor einem Kriegsschiff für den Schutz des Klimas und gegen die weitere Ausbeutung fossiler Energien protestieren. Insgesamt 13 Greenpeace-Aktive aus Israel und Deutschland sind an der Aktion beteiligt.
Ähnlich friedlich waren auch die Anfänge der Umweltorganisation: Die erste Aktion war ein Benefizkonzert im Jahr 1970 mit Joni Mitchell, James Taylor und Phil Ochs in Vancouver. Mit den Erlösen wollte Greenpeace – damals noch bestehend aus einem erklecklichen Häufchen junger Menschen – mit einem Schiff vor der Küste Alaskas gegen den anstehenden Atomtest auf der Insel Amchitka zu protestieren. Soviel auch zur offensichtlichen Analogie zur Fridays for Future.
Mitte der 70er Jahre wurde Greenpeace besonders mit ihren Aktionen mit dem Titel "Rettet die Wale" ("Save the Whales") berühmt. Die Dokumentation zeigt eindrucksvolles Videomaterial aus dieser Zeit. Auch eine Botschaft aus dem Film: "Die Waffe von Greenpeace sind die Bilder."
Die kommenden Jahre folgen viele dieser starken Kampagnen, Slogans und Bilder: Greenpeace hat im Jahr 1995 mit einer starken Umweltschutz-Kampagne den Konzern Shell dazu gebracht, dass die Ölplattform Brent Spar nicht wie vorgesehen im Atlantik versenkt wurde. Die BILD, sonst nicht grundsätzlich auf Seiten der Aktivisten, titelt damals : "Sieg! Shell gibt auf" – und drückt damit den Erfolg der Umweltschützerinnen und Umweltschützer aus.
Es folgen zahlreiche weitere provokante Aktionen, die gegen Waldsterben, Atomkraft, Umweltverschmutzung, Walfang und Robbenjagd vorgehen. Dabei entstehen immer wieder spektakuläre Bilder – von Menschen, die sich an AKW-Kühltürmen ketten und die sich von Brücken über Autobahnen abseilen.
Mit Büros in 37 Ländern, 3.3 Millionen Unterstützerinnen und Unterstützern, sowie 2400 Mitarbeitenden hat sich Greenpeace zur Mutter aller Öko-Bewegungen entwickelt. Ist Greenpeace dadurch schwerfällig und irgendwie "alt" geworden? Was bedeutet dieses Image in Zeiten von Greta Thunberg, Fridays for Future und Extinction Rebellion?
Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan ist sich sicher, dass die verschiedenen Organisationen füreinander keine Konkurrenz darstellen – und will stattdessen auf Zusammenarbeit bauen. Um relevant zu bleiben, muss Greenpeace auch mit jungen Menschen ins Gespräch kommen und von ihnen lernen.
Was Morgan am meisten an Fridays for Future bewundert: dass alle, die interessiert sind, an den Kundgebungen, Demonstrationen und vielfältigen anderen Veranstaltungen teilnehmen können. Greenpeace ist mit seinen waghalsigen Aktionen nicht so leicht zugänglich – erst recht nicht für Jüngere. Deshalb kommt es jetzt auf eine produktive Zusammenarbeit der beiden großen Umweltorganisationen an.
Das Fazit der Dokumentation: Greenpeace hat mit seinen zahlreichen Kampagnen und Aktionen – auch wenn sie mitunter kontrovers und gefährlich waren – die Welt besser gemacht. Doch der Klimawandel und die Umweltzerstörung sind trotzdem vorangeschritten. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um den Schutz, sondern um die Rettung des Planeten Erde. Und dieser Kampf lässt sich nur auf eine Weise gewinnen: gemeinsam.
Die Doku ist ab sofort auf Tv Now verfügbar, außerdem läuft am Montag, dem 4.10. um 22:35 Uhr auf RTL ein einstündiges "EXTRA Spezial" mit Nazan Eckes zum 50. Jubiläum von Greenpeace.