Nachhaltigkeit
Klima-Klartext

Fridays for Future über COP30-Vorbereitung: Klimaziele 2040 wackeln

05.06.2025, Sachsen, Dresden: Teilnehmerinnen einer Demonstration von "Fridays for Future" und einem zivilgesellschaftlichen B
Der Kampf für mehr Klimagerechtigkeit setzt sich fort.Bild: dpa / Robert Michael
Klima-Klartext

Fridays for Future: Wir müssen den Green Deal schützen

Klimaschutz ist eine Notwendigkeit. Deshalb schreiben hier junge Aktivist:innen von Fridays for Future regelmäßig für watson über das, was sie bewegt – und was sich politisch bewegen muss. In dieser Woche erklären Florian König und Abel Rodrigues, warum die COP30 unbedingt ein Erfolg werden muss.
05.07.2025, 12:4605.07.2025, 12:47
Florian König, Abel Rodrigues
Mehr «Nachhaltigkeit»

Das Zeitgefühl hat uns lange verlassen. Seit knapp zwei Wochen sind wir jetzt bereits hier, in Bonn. In einem dieser Konferenzzentren, mit viel Glas, wenig Sauerstoff, langen Kaffeeschlangen und noch längeren Papierstapeln. Mappen, Akten, Plänen, die von Delegationen durch die Flure getragen werden, im ständigen Wechsel zwischen Plenarsaal, Side Events und bilateralen Gesprächen.

Es geht in diesen Tagen um nicht weniger als die Zukunft der Menschheit und doch rauscht das, was hier in den letzten zwei Wochen bei den SB62 passiert ist, medial an vielen vorbei. "Nur die Zwischenverhandlungen", heißt es oft. Nicht die "richtige" Klimakonferenz. Aber das greift zu kurz. Denn was hier am UN-Campus entschieden wird, bestimmt maßgeblich, was bei der Weltklimakonferenz COP30 in Belém überhaupt möglich sein wird – oder eben nicht.

Warum die COP30 so wichtig wird

Auf dem Weg hierher – von zwei sehr verschiedenen Kontinenten – trugen wir beide dasselbe Gefühl im Gepäck: diese Mischung aus Hoffnung und Erschöpfung. Seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, bei der COP29 in Aserbaidschan, verging kaum ein Tag, an dem uns nicht neue Schlagzeilen erreichten: brennende Wälder, überflutete Städte, zerbrochene Existenzen.

Darüber hinaus: neue Kriege, alte Ungerechtigkeiten, politische Verschiebungen nach rechts. Die Welt scheint vielerorts aus den Fugen zu geraten und all das droht, die Klimakrise in den Hintergrund zu drängen.

Dabei müsste gerade jetzt mehr passieren, nicht weniger. Wenn wir die Lebensgrundlagen von Millionen, vielleicht Milliarden Menschen sichern wollen, braucht es nicht weniger Klimapolitik, sondern eine, die endlich ihrem Ernst gerecht wird.

In Gesprächen in den letzten Monaten haben wir oft bis spät in die Nacht hinein über genau dieses Spannungsfeld gesprochen: Wie kann man in einer so turbulenten Zeit an einem multilateralen Prozess festhalten, der oft so zäh wirkt?

Und trotzdem wissen wir: Diese COP30 wird entscheidend.

Sie findet nicht irgendwo statt, sondern mitten im Amazonas. In Belém, an einem Ort, der selbst massiv von der Klimakrise betroffen ist. Wir sprachen zuletzt viel darüber, wie stark sich die Niederschlagsmuster in der Gegend verändert haben. Extreme Wetterereignisse nehmen zu, die Lebensrealität der Menschen vor Ort wandelt sich rasant und überfordern zunehmend.

Gleichzeitig ist der Amazonas als Ökosystem so zentral für das globale Klima, dass sein Schicksal untrennbar mit unser aller verbunden ist. Viele Augen richten sich auf Belém, auch weil es die 30. Weltklimakonferenz ist. Weil es zehn Jahre sind, seitdem das Pariser Abkommen beschlossen wurde. Weil es die Halbzeit der 2020er Jahre markiert – jenes Jahrzehnts, in dem sich entscheidet, ob die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann.

Und auch wenn Belém noch Monate entfernt ist: Der Grundstein für ihren Erfolg muss jetzt gelegt werden. Hier. In Bonn. So sitzen wir nun wieder beisammen – junge Menschen aus Kolumbien, Uganda, den Philippinen, der Ukraine, Brasilien, Deutschland. Wir schreiben Positionspapiere, führen Gespräche mit Delegationen in knappen Pausen, organisieren Protestaktionen im Herzen des Konferenzzentrums, bauen Brücken.

Klimagerechtigkeit ist das Ergebnis harter Kämpfe

Niemand von uns ist hierhergekommen, um nur zuzusehen. Wir gestalten mit. Denn wir wissen: Es kommt auf uns an. Gerade jetzt. Wir sind nicht die still zuschauende Zivilgesellschaft – und wir waren es nie. Viele Fortschritte der letzten Jahre – vom Pariser Abkommen bis zur Einrichtung des "Loss and Damage Fund" 2022 – wären ohne den kontinuierlichen Druck von Bewegungen, indigenen Gruppen und dem Globalen Süden nicht möglich gewesen.

Klimagerechtigkeit wurde erstritten, nicht geschenkt. Und dieser Topf für Schäden und Verluste ist nicht nur ein Symbol – er ist überlebenswichtig für viele Menschen weltweit. Aber: Er ist noch leer. Die versprochenen 1,3 Billionen Dollar bleiben bloße Zahlen, solange sie nicht in realer Verantwortung münden. Vor allem Deutschland und Europa müssen hier liefern.

Denn wenn jene, die die Mittel hätten, kneifen, untergräbt das nicht nur den globalen Zusammenhalt – es gefährdet die Legitimität des ganzen Prozesses. In einer Welt, in der Allianzen bröckeln und die internationale Ordnung wankt, brauchen wir Orte, die Zusammenarbeit ermöglichen.

Klimakonferenzen sind solche Orte. Nicht perfekt, nicht geradlinig – aber entscheidend. Und wenn du mit einer Aktivistin aus dem Amazonasgebiet in einem überfüllten Raum über Bildungsrichtlinien diskutierst, wird aus UN-Sprech plötzlich echte Realität. Dann geht es nicht mehr um abstrakte Ziele, sondern um Menschen, um Geschichten, um gemeinsame Verantwortung.

Florian König (l.) engagiert sich für Fridays for Future in Deutschland und Abel Rodrigues in Brasilien.
Florian König (l.) engagiert sich für Fridays for Future in Deutschland und Abel Rodrigues in Brasilien.Bild: Fridays for Future

Umso schmerzhafter ist es, wie Deutschland sich gerade präsentiert. Während wir hier verhandeln, demonstrieren, vermitteln, stellt die neue CDU-Wirtschaftsministerin Katharina Reiche in Berlin öffentlich die Klimaziele infrage.

In einer Zeit, in der die Anti-Klimafront wächst – von rechten Parteien bis zu fossilen Lobbystrukturen – ist das ein desaströses Signal. Wir brauchen keine Rückschritte. Wir brauchen Mut. Verlässlichkeit. Solidarität. Denn die Menschen an den Frontlinien dieser Krise kämpfen – auch hier, in Bonn – jeden Tag dafür, dass ihre Stimmen gehört werden.

Sie leisten die Arbeit, die viele Regierungen verweigern. Da können wir es uns in Europa nicht leisten, uns zurückzulehnen und die Verantwortung abzuschieben. Wir "sind" die Politik. COP30 wird ein Gradmesser: Für Vertrauen, für Gerechtigkeit, für Finanzierungszusagen. Und ja – für die Frage, ob wir das mit dem 1,5-Grad-Ziel wirklich noch ernst meinen.

Diese Zwischenkonferenz hat uns erneut gezeigt: Hoffnung ist kein Gefühl. Hoffnung ist eine Handlung. Eine Entscheidung. Jeden Tag neu. Und wir treffen sie – gemeinsam. Den letzten Tag der Konferenz hier in Bonn werden wir verpassen. Wir fahren nach Brüssel. Denn auch dort werden wir gebraucht. Während in Bonn zu Ende verhandelt wird, will Frankreichs Präsident Macron dort das 2040-Klimaziel streichen – mit Unterstützung aus Polen.

Wir bleiben nicht still

Auch in Deutschland wird plötzlich an den eigenen Zusagen gerüttelt. Das gefährdet nicht nur Europas Glaubwürdigkeit, sondern den gesamten globalen Klimaprozess. Das können und werden wir nicht zulassen. Wer den Green Deal angreift, greift die Lebensgrundlagen von Millionen an.

Deshalb demonstrieren wir am Donnerstag mit einem breiten Bündnis in Brüssel – laut, klar und international: "Defend the Green Deal – Climate Justice Now". Die Welt brennt – wir bleiben nicht still. Nicht heute, nicht morgen, nicht in Bonn, nicht in Belém, nicht in Brüssel.

Wie verhalte ich mich bei einem Waldbrand?
Nicht nur in südlichen Ländern, sondern auch in Deutschland gibt es immer wieder Waldbrände. Hier liest du, wie du dich im Fall der Fälle richtig verhältst.

In den letzten Jahren wurde immer wieder von Waldbränden berichtet, laut dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMEL) wurden 2022 mit fast 2.400 Waldbränden besonders viele Feuer gemeldet.

Zur Story