Im Jahr 2020 starben so viele Bäume wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnung.Bild: iStockphoto / alekseystemmer
Klima & Umwelt
Es ist kein Ausreißer und kein Kurzzeit-Tief – es geht
für den Wald in Deutschland seit Jahren kontinuierlich bergab. Auch
wenn Bundesagrarministerin Julia Klöckner am Mittwoch nicht von einem
generellen "Waldsterben" sprechen wollte, so hat sie doch erkannt:
Die Lage ist bitterernst. "Unsere Wälder sind krank", bilanzierte die
CDU-Politikerin und fasste damit den Grundbefund des
Waldzustandsberichts 2020 zusammen. Im vergangenen Jahr starben in
Deutschland so viele Bäume wie noch nie seit Beginn der Erhebungen im
Jahr 1984. Ganze 138.000 Hektar Wald gingen demnach verloren.
Der Bericht, den Klöckner in Berlin vorstellte, dokumentiert, was
Stürme, Dürre und Schädlinge – allen voran der Borkenkäfer – mit dem
Wald angerichtet haben. In Regionen wie dem Harz in Sachsen-Anhalt
gebe es "tote Bäume, soweit das Auge reicht", sagte Klöckner. Aber
insgesamt sei ganz Deutschland von dem Phänomen betroffen.
Vor allem alte Bäume sind gefährdet
"Es ist kein Ausreißer-Jahr. Es wird immer trockener", erklärte auch
Nicole Wellbrock, Expertin beim Thünen-Institut für Waldökosysteme,
das die Daten aus den einzelnen Bundesländern zusammengeführt hat. In
den Jahren 2019 und 2020 sei die Sterberate der Bäume im Vergleich zu
den Vorjahren "deutlich höher geworden", sagte Wellbrock. Vor allem
ältere Bäume über 60 Jahre seien vom Absterben bedroht.
Derzeit betrage die Fläche, die potenziell wieder aufgeforstet werden
müsste, 277.000 Hektar. Innerhalb von sechs Monaten sei die
beschädigte Fläche zwar um 8000 Hektar zurückgegangen, sagte
Klöckner. Es gebe aber immer mehr beschädigtes Holz, das
abtransportiert werden müsse; derzeit sind es 171 Millionen
Kubikmeter.
Auch der Klimawandel schadet dem Wald
Auch die Baumkronen werden immer lichter, verlieren also immer mehr
Nadeln und Blätter. Im Jahr 2020 hatten vier von fünf Bäumen lichte
Kronen. Das betraf 89 Prozent aller Buchen, 80 Prozent aller Eichen
und Kiefern sowie 79 Prozent der Fichten. "Der Kronenzustand ist wie
ein Fieberthermometer", erklärte Klöckner. Wenn es den Kronen
schlecht geht, ist der Wald krank. Während noch im Jahr 2000, also
vor 20 Jahren, 23 Prozent aller Bäume deutlich unter lichten Kronen
litten, waren es im vergangenen Jahr schon 37 Prozent.
Der Klimawandel habe einen großen Schaden angerichtet, konstatierte
die Agrarministerin. Es gehe nun darum, möglichst viel Fläche
nachhaltig aufzuforsten. Um die nötigen Maßnahmen zu ergreifen,
stünden Waldbesitzern und Forstwirten derzeit 1,5 Milliarden Euro zur
Verfügung. Ein Teil des Geldes – 800 Millionen Euro – war bereits im
Jahr 2019 als Bund-Länder-Paket auf den Weg gebracht worden.
Für den Schutz des Waldes werden nachhaltige Projekte benötigt
2020 sei aus diesem Topf mehr Geld beantragt worden, als vorgesehen
war, berichtete Klöckner. 500 Millionen Euro, die Teil des
Gesamtpakets sind, stehen seit vergangenem Jahr als Prämie für
Waldbesitzer mit Nachhaltigkeitszertifikat zur Verfügung. 56,6
Millionen Euro sind davon den Angaben zufolge bereits abgerufen
worden.
An Anreizen soll es nicht mangeln, auch wenn die Ministerin einräumt,
dass das allein den Wald nicht retten wird. So brauche es etwa mehr
Forstpersonal in den Bundesländern und ein neues System, um die
Klimaleistung der Bäume finanziell zu honorieren – also um Einnahmen
daraus zu generieren, dass die Bäume klimaschädliches CO2 binden. Die
Bundesregierung könne nicht jedes Jahr so viel Geld in die Hand
nehmen, betonte Klöckner. Zuvor hatte Bundesumweltministerin Svenja
Schulze (SPD) vor allem die Verantwortung der Waldbesitzer betont und
sie ermahnt, die Finanzhilfen der Bundesregierung in nachhaltige
Konzepte zu investieren.
Opposition und Umweltverbände kritisierten die Maßnahmen der
Bundesregierung als nicht zielführend. So beklagte etwa Greenpeace,
dass sich an der Waldbewirtschaftung nichts geändert habe und immer
noch zu viele Flächen "kahlgeschlagen" würden. Der Bund für Umwelt-
und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte die Bundesregierung auf,
"endlich wirksame Klimaschutzmaßnahmen" zu ergreifen, um dem
Waldsterben Einhalt zu gebieten.
(lfr/dpa)
Die Spargelsaison hat begonnen. In den Supermärkten landet das Gemüse im April und auch im Mai häufig im Einkaufswagen, obwohl die Preise in den vergangenen Jahren deutlich in die Höhe geschossen sind.