Nach langen Beratungen haben sich die EU-Staaten auf eine gemeinsame Agrarpolitik geeinigt: Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner sprach von einem "Meilenstein" und "Systemwechsel": "Erstmals führen wir für alle Staaten gleichermaßen einen verpflichtenden Standard für den Umwelt- und Klimaschutz ein", sagte die CDU-Politikerin.
Umweltschützer üben dagegen scharfe Kritik. Die Reform werde zur "Katastrophe für Natur- und Klimaschutz", teilte der WWF nach Abschluss der fast zweitägigen Verhandlungen mit. "Der EU-Agrarrat setzt seine zerstörerische Subventionspolitik zugunsten großer Agrarkonzerne fort", die Positionierung der Staaten sei "desaströs", sagte der Naturschutzvorstand der Umweltorganisation, Christoph Heinrich.
Verhandelt wird über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU ab 2023, die den größten Posten im EU-Haushalt darstellt. Bis 2027 haben die EU-Staaten rund 387 Milliarden Euro vorgesehen. Es geht darum, welche Umweltauflagen Landwirte für die Milliarden-Subventionen einhalten müssen. Umweltschützer halten es für notwendig, Subventionen streng an messbare Leistungen für die Ökosysteme zu koppeln. Die nun festgelegte Position der EU-Staaten, dass mindestens 20 Prozent der Direktzahlungen in jedem Staat für strengere Öko-Vorgaben reserviert werden sollen, biete keinen ökologischen Mehrwert im Vergleich zu vorigen Förderperiode, sagte Heinrich.
Fridays for Future Deutschland kritisierte die Reform in einer Pressemitteilung als völlig unzureichend und als klimapolitischen Rückschlag: "Julia Klöckner verspottet die Öffentlichkeit und nicht zuletzt die europäische Landwirtschaft, wenn sie von einem 'Systemwechsel' in der Agrarpolitik spricht, denn auch die Zukunft der Landwirtinnen und Landwirte hängt davon ab, dass ernsthafte Klimaschutzmaßnahmen ihre Erträge sichern. Der Deal ist weder ökologisch noch sozial."
Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Lasse van Aken kritisierte, der Agrarministerrat habe die "ohnehin schon schwache Vorlage der EU-Kommission bis zur Unkenntlichkeit verwässert":
Statt entschieden gegen Höfesterben, Artenverlust und die Klimakrise vorzugehen, betrieben viele der Minister "Klientelpolitik für Großbetriebe und Agrarwirtschaft zulasten bäuerlicher Familienbetriebe und der Umwelt." Diesen Vorwurf richtete er auch an Deutschland – und an Ministerin Julia Klöckner (CDU), die die Verhandlungen im Rahmen der deutschen Ratspräsidentschaft geleitet hatte.
Der BUND nannte die Beschlüsse in einer Pressemitteilung "enttäuschend". "Die dringend notwendige Reform der EU-Agrarpolitik wird nicht grüner und gerechter – sie scheint im Gegenteil erneut zu scheitern", so der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt.
Die abschließende Entscheidung im EU-Parlament für die Strategie steht noch aus. Insgesamt machen die Agrarsubventionen fast ein Drittel des gesamten EU-Budgets aus.
(ftk/dpa/rts)