Alle öffentlichen Verkehrsmittel im Regional- und Fernverkehr nutzen zu können – und das bundesweit. Mit dem 49-Euro-Ticket ist das seit dem 1. Mai möglich. Als Nachfolger des 9-Euro-Tickets soll damit der Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel gefördert werden. Mit Erfolg: Rund elf Millionen Menschen haben sich das Deutschlandticket im Abo-Modell bereits zugelegt.
Doch mit dem kostengünstigen Ticket könnte es bald vorbei sein. Denn laut einer Prognose der Verkehrsbranche könnte die Finanzierung des Deutschlandtickets im Nah- und Regionalverkehr für Bund und Länder im kommenden Jahr deutlich teurer werden. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) prognostiziert für 2024 einen Bedarf von über einer Milliarde Euro mehr – auf somit insgesamt 4,09 Milliarden. Das geht aus einem VDV-Papier für eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern hervor.
Um den höheren Zuschussbedarf zu verringern, schlägt der Verband als potenzielle Maßnahme eine Erhöhung des Ticketpreises sowie eine Ausweitung der Nutzerzahlen vor. Die Lage scheint ernst.
Der VDV warnt in dem Papier gar davor, dass dem beliebten Ticket ansonsten das Aus drohen könnte. Ohne eine "ausreichend dotierte haushalterische Vorsorge oder eine Nachschusspflicht" wäre es den Unternehmen zufolge nicht möglich, das Ticket weiter auszugeben und anzuerkennen.
Die Zahlen dürften den Finanzstreit zwischen Bund und Ländern weiter befeuern. Denn die Verluste, die durch den Verkauf des subventionierten Tickets entstehen, werden gleichermaßen von Bund und Ländern getragen: Von 2023 bis 2025 stellt der Bund 1,5 Milliarden Euro für das Deutschlandticket zur Verfügung, die Länder bringen ebenso viel auf.
Auch mögliche Mehrkosten über die subventionierten drei Milliarden Euro hinaus sollen im ersten Jahr zur Hälfte geteilt werden. Ab dem Jahr 2024 ist aber offen, wie diese sogenannte "Nachschusspflicht" beglichen werden soll – darum geht es auch im Streit zwischen Bund und Ländern. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnt eine höhere Kostenbeteiligung des Bundes ab. Stattdessen verweist er auf die Zuständigkeit der Länder für den Regionalverkehr.
Das ist bitter. Denn laut dem VDV-Papier befinden sich die Verkaufszahlen für das 49-Euro-Ticket bei allen Verbünden und Unternehmen im "Hochlauf". Der Verband geht für ein volles Jahr nach Einführung – also Ende April 2024 – von rund 13 Millionen regelmäßigen Nutzer:innen aus.
Die Option zur monatlichen Kündbarkeit werde intensiver genutzt als erwartet. Das schafft Planungsunsicherheit bei den Verkehrsunternehmen. Insgesamt sorge der Verkauf des geförderten Deutschlandtickets bundesweit für "spürbare Mindereinnahmen".
Der Prognose zufolge ergibt sich für 2023 angesichts des verkürzten Geltungszeitraums von Mai bis Dezember ein Zuschussbedarf von etwa 2,3 Milliarden Euro – das von Bund und Ländern bereits zugesagte Geld reicht also aus. Von den benötigten 4,09 Milliarden Euro, die im kommenden Jahr für die Beibehaltung des Tickets anfallen würden, haben Bund und Länder drei Milliarden bereits fest zugesagt.
Als Kerntreiber für den höheren Bedarf nennt der VDV die zunehmende Zahl der Fahrgäste, die von anderen Tickets umsteigen. Das führt aber dazu, dass die Einnahmen aus bisherigen Abos und dem Verkauf von Einzelfahrscheinen oder Monatskarten sinken. Das kann durch die Einnahmen aus dem Deutschlandticket nicht ausgeglichen werden.
Deswegen geht der VDV im vorliegenden Szenario von einer Preiserhöhung des Deutschlandtickets auf 59 Euro im Monat aus. Dadurch würden zwar die Verkaufszahlen sinken, die Einnahmen aber dennoch steigen. Je nach Startpunkt der Preiserhöhung würde sich der Zuschussbedarf von Bund und Ländern verringern – allerdings sei das Ausmaß einer negativen Reaktion der Kund:innen auf eine Preiserhöhung nicht gesichert abzuschätzen.
(Mit Material der dpa)