Auf der Straße festkleben oder das Brandenburger Tor besprühen: Die Methoden der Klimagruppe Letzte Generation mögen in der Form ihres Protests radikal sein, doch ist sie auch gefährlich?
Die Bayerische Staatsanwaltschaft ist scheinbar dieser Überzeugung. Denn sie ermittelt laut Paragraf 129 StGB gegen die Letzte Generation wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Doch dabei geraten auch Unschuldige ins Visier, die gar nicht Teil der Gruppe sind.
Am 24. Mai gab es eine Razzia in den Wohnungen von Mitgliedern der Letzten Generation. Doch nicht nur dort. Die Ermittler:innen durchsuchten auch die Büros von Verantwortlichen eines Zahlungsdienstleisters, über den die Gruppe Geld verwaltet sowie von Firmen, die nach eigener Auskunft keine Verbindung zur Letzten Generation hatten und haben.
Wie die Generalstaatsanwaltschaft München auf die Anfrage des "Spiegels" bestätigte, gehörten zu den durchsuchten Räumen auch die der Werbeagentur Zitrusblau in Berlin und der Agentur On Fire.
Das Problem: Die betroffenen Firmen stehen gar nicht mit der Vereinigung Letzte Generation in Verbindung, sondern mit der gemäßigten Klimaschutz-Gruppe Fridays for Future. Zitrusblau gestaltet, druckt und verteilt nach eigenen Angaben Flyer für Demonstrationen. Und die Agentur On Fire liefert die Bühnentechnik für Veranstaltungen von Fridays for Future.
Der Auslöser für die Durchsuchungen bei den beiden Agenturen waren laut Informationen des "Spiegels" Überweisungen, die vom selben Zahlungsanbieters kamen, über den auch die Letzte Generation ihr Geld verwaltetet.
Die Generalstaatsanwaltschaft wollte sich allerdings nicht zur die Frage äußern, ob es einen belegbaren Zusammenhang zur Letzten Generation gebe und verwies als Grund auf das andauernde Ermittlungsverfahren. Die Überweisungen selbst waren scheinbar nicht direkt der Letzten Generation zuzuordnen, sondern hatten mit Bestellungen von Material für den Klimastreik von Fridays for Future zu tun.
Stephan Hüttner, Chef von On Fire, sagte: "Diese Einschüchterung von Privatpersonen und Unternehmen der Zivilgesellschaft ist besorgniserregend." Nicht nur die betroffenen Firmen wollen nun den bayerischen Staat wegen dieser Hausdurchsuchungen verklagen.
Auch Fridays for Future selbst will gegen diesen "Versuch der Kriminalisierung" Beschwerde einreichen, wie Luisa Neubauer in einem Post auf X, ehemals Twitter, klarstellt.
Fridays for Future veröffentlichte ebenfalls auf X ein Statement zu den Durchsuchungen, das scharfe Kritik beinhaltete: "Bei unserem Klimastreik im März waren 230.000 Menschen mit uns friedlich & demokratisch auf der Straße und haben demonstriert. Dass ausgerechnet diese Menschen nun ins Visier einer Razzia geraten sind, ist ein alarmierendes Signal!", schreibt Fridays for Future darin.
Weiter heißt es unter anderem: "Diese Durchsuchung trifft die breite Zivilgesellschaft. Wir akzeptieren nicht, dass Menschen, die sich bei demokratischen und breiten Klimaprotesten beteiligen wollen, sich künftig fragen müssen, ob ihre Privatadressen durch die Generalstaatsanwaltschaft konfisziert werden."
Denn auf den Rechnungen und dem Datenträger, könnten sich Daten von Unterstützer:innen des Klimastreiks von FFF befunden haben, die das Infomaterial für eine Demonstration bei der Agentur bestellt haben. Der Datenträger wurde von den Ermittler:innen bei der Durchsuchung konfisziert. Auch dazu äußerte sich die Generalstaatsanwaltschaft nicht. Eine Forderung der Beschwerden, die am 2. Oktober eingereicht wurden, beinhaltet darum auch, die gesammelten Daten bei der Polizei zu löschen.
Die Klimaaktivistin:innen warnten: "Wir schlagen Alarm: Die Versuche, die Klimabewegung in die Ecke zu drängen, gefährden die demokratischen Grundrechte aller."