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Von Fridays for Future ins Europa-Parlament? Was Anna Polasek von Volt antreibt

Mit der Geburt ihres ersten Kindes realisiert Anna Polasek die Vehemenz der Klimakrise.
Mit der Geburt ihres ersten Kindes realisiert Anna Polasek die Vehemenz der Klimakrise.bild: luca michels
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Von Fridays for Future ins Europa-Parlament? Warum Anna mehr sein will als Klimaaktivistin

14.09.2023, 20:0714.09.2023, 22:17
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Als Anna Polasek 2016 ihren kleinen Sohn bekommt, verändert sich etwas in ihr. Mit einem Mal sieht sie, wie viele Dinge falsch laufen auf dieser Welt – und welch gravierende Folgen das haben wird; schon jetzt hat. Waldbrände. Überschwemmungen. Hitze an Land und in den Ozeanen. Schmelzende Gletscher. Sterbende Korallenriffe. Die Liste apokalyptischer Katastrophen ließe sich endlos weiterführen.

Annas Welt gerät ins Wanken. Was bedeutet das für die Zukunft ihrer Kinder? Angst breitet sich in ihr aus. Angst vor dem, was noch kommt. Für die 29-Jährige steht fest: So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.

"Ich möchte Sprachrohr sein für alle, die kein Bild mehr von der Zukunft haben."
Anna Polasek

Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren kleinen Kindern zieht Anna schließlich aus dem Münchner Speckgürtel, in dem sich alles viel zu oft um Statussymbole wie SUVs dreht, in die Klima-Vorzeigestadt Freiburg. Ihren Beruf als Gesundheits- und Krankenpflegerin hängt Anna an den Nagel, fängt stattdessen noch einmal ein Studium an: Waldwissenschaften mit den Schwerpunkten Naturschutz und Landschaftsökologie. Um sich weiterzubilden – und so aktiv an Lösungen der Klimakrise mitwirken zu können.

Mit ihrem kleinen Sohn geht Anna auf die Demonstrationen von Fridays for Future.
Mit ihrem kleinen Sohn geht Anna auf die Demonstrationen von Fridays for Future. bild: luca michels

Mit ihren Kindern im Gepäck geht sie auf Fridays for Future-Demos, tritt den Grünen bei und versucht sich immer und immer wieder an Gesprächen mit Verwandten, Freund:innen und Bekannten, um sie auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam zu machen.

Doch der Frust und die Sorge, dass all das nicht reicht, bleibt.

Bis Annas Schwester sie im Dezember 2022 auf Instagram unter einem Beitrag der Partei Volt markiert. Dort hatte die Partei einen Aufruf gestartet, um geeignete Kandidat:innen für die Europawahl zu finden. Und weil Anna auf Instagram Beiträge zum Thema Klimakrise teilt und anscheinend das perfekte Match ist, nimmt Volt Kontakt zu ihr auf.

Es dauert nicht lange, da steht für Anna fest: Die Partei ist auch für sie der perfekte Fit. Und vielleicht lässt sich, wenn sie in die Politik geht, ja noch mehr erreichen, als durch Klimaaktivismus allein. Sie tritt bei den Grünen aus, bei Volt ein und reist wenige Wochen später zu einem politischen Coaching nach Berlin.

Neues Ziel für mehr Klimaschutz: Von der Straße ins EU-Parlament

Plötzlich geht alles ganz schnell. "Als ich mein Studium angefangen habe, hatte ich tatsächlich den Plan, danach in die Politik zu gehen", sagt Anna im Gespräch mit watson. "Aber dass alles so schnell gehen würde, hätte ich nicht gedacht."

Auf Instagram teilt sie einen Post und schreibt: "Die kleine Anna aus einem Dorf in Oberbayern bekommt die Chance, für einen Platz im Europaparlament zu kandidieren.... unvorstellbar."

Und auch jetzt, Monate nach Beginn ihres Politik-Trainings, kommt ihr all das manchmal ein bisschen unwirklich vor. Sie sagt:

"Für mich ist klar, dass Menschen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung den Weg in die Politik finden können sollten, um aktiv mitzugestalten. Ich möchte Sprachrohr sein für alle, die kein Bild mehr von der Zukunft haben."

Dass das Europaparlament dafür der richtige Weg ist, war Anna schon lange klar. Denn das Parlament habe bereits entscheidend zum Klimaschutz beigetragen. "In den letzten Jahren wurden viele Verordnungen getroffen, die maßgeblich dazu beitragen, die CO2-Emissionen zu reduzieren", ergänzt Anna.

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Welch große Rolle dabei, aber auch beim Europäischen Green Deal, die Klimagerechtigkeitsbewegung gespielt hat, sei ihr erst bei einem Besuch des Europaparlaments im April klargeworden. Das macht Mut. "Europa ist ein Riesen-Hebel, den wir derzeit noch unterschätzen", sagt Anna.

Warum Anna die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nicht aufgibt

In diesem Jahr wurde erneut deutlich: "Die Klimakrise ist längst spürbar." Deswegen sei es umso wichtiger, jetzt mit der Umsetzung effektiver Klimaschutzmaßnahmen anzufangen. "Die gute Nachricht ist, dass uns immer noch ein kleines Zeitfenster bleibt und die Technologien ausgereift sind", sagt Anna.

Trotzdem sorgt Anna sich um die politische Zukunft Deutschlands und Europas. Die Umfragewarte rechtspopulistischer Parteien ziehen immer weiter an. Allem voran in Bezug auf die Klimakrise und Klimaschutzmaßnahmen ist die Ablehnung groß. Maßnahmen werden aktiv blockiert.

Mithilfe mancher Verlage würden diese Themen instrumentalisiert, sagt sie. "Das ist gefährlich, denn die Krise ist nur lösbar, wenn die Gesellschaft aktiv an der Transformation teilhaben kann und möchte."

Doch Anna gibt nicht auf. Sie ergänzt:

"Meine Kinder sind mein Antrieb. Ich möchte eine bessere Welt für sie. Ich möchte, dass ihre Zukunft auf einem gesunden Planeten stattfindet."

Deshalb habe sie sich auch für die Kombination aus ihrem Studium und der Politik entschieden. "Das Studium gibt mir die nötige Expertise und das Verständnis für komplexe Vorgänge in unseren Ökosystemen, die unsere Lebensgrundlagen sind. Und die Politik gibt mir die Möglichkeit, dieses Wissen umzusetzen und an die Menschen zu tragen." Sie betont: "Ich möchte Teil der Lösung sein."

Mitte September werden Spitzenkandidat:innen für die Europawahl gewählt.
Mitte September werden Spitzenkandidat:innen für die Europawahl gewählt. bild: volt

Am dritten Septemberwochenende entscheidet sich, ob Anna als eine der vier Spitzenkandidat:innen für Volt bei der Europawahl 2024 antreten wird. Dann nämlich findet in Erfurt eine Aufstellungsversammlung statt, wo jede:r der 80 Bewerber:innen eine fünfminütige Rede hält.

Und auch, wenn die Aufregung groß ist, und der Wunsch, an vorderster Front für mehr Klimaschutz zu kämpfen, da ist, geht es Anna in erster Linie um die Sache. Hauptsache, die Klimakrise wird endlich als das behandelt, was sie ist: Eine existenzielle Krise, die jede:n von uns angeht.

Sie ergänzt:

"In den Parlamenten fehlt es an Menschen, die für wirksame Klimapolitik eintreten. Es wird die notwendigen Veränderungen nicht geben, wenn niemand, der etwas davon versteht, in die Parlamente geht. Dort braucht es Menschen, die für die notwendige Klimapolitik eintreten, diese Politik gestalten und umsetzen."

Was aber auch passiert, auf der Straße will sie weiter für mehr Klimagerechtigkeit kämpfen. Und für eine lebenswerte Zukunft kommender Generationen.

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