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Ostsee-Urlaub in Wismar: Tourismus lahmt wegen Schiff "Disney Adventure"

17.06.2025, Mecklenburg-Vorpommern, Wismar: Ein Segelboot fährt vor dem Kreuzfahrtschiff "Disney Adventure" am Ausrüstungskai der TKMS-Werft vorbei. Nach rund siebenjähriger Bauzeit wurde am ...
Das Kreuzfahrtschiff "Disney Adventure" liegt am Ausrüstungskai der TKMS-Werft.Bild: dpa / Jens Büttner
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Ostsee: Wie die "Disney Adventure" den Tourismus in Wismar verändert

In Wismar sind viele Ferienwohnungen belegt, allerdings nicht zwangsläufig von Urlauber:innen. Werftarbeiter:innen wohnen dort, wo sonst Familien die Sommerferien verbringen. Das hat Auswirkungen auf den Tourismus.
15.07.2025, 17:3615.07.2025, 17:36
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Seit Wochen steht ein Koloss im Hafen von Wismar, reglos, weiß, monumental. Die "Disney Adventure" ist das derzeit meistfotografierte Objekt der Stadt und das größte jemals in Deutschland gefertigte Kreuzfahrtschiff – 342 Meter lang, 46 Meter breit.

Am 19. April 2025 wurde das unfertige Kreuzfahrtschiff aus der Werfthalle der ehemaligen MV Werften gezogen, seither wird draußen am Kai weitergebaut.

Rund 1400 Menschen arbeiten Stand April 2025 am Weiterbau des Schiffes, viele von ihnen untergebracht in Hotels, Ferienwohnungen und privaten Unterkünften. Die Bauarbeiten, ursprünglich durch die Insolvenz des Voreigentümers Genting ins Stocken geraten, wurden durch Disney übernommen. Am 30. August soll das Schiff Wismar Richtung Singapur verlassen und im Dezember dort seine Jungfernfahrt antreten.

Ostsee: Werftmitarbeiter belegen Unterkünfte

Bis dahin bringt es aber nicht nur wirtschaftliche Impulse, sondern auch sichtbare Verschiebungen im lokalen Tourismusgefüge. Viele der Werftarbeiter:innen sollen darüber hinaus beim Bau von Militärschiffen in Wismar eine neue Beschäftigung finden.

"Unsere Zimmervermittlung hat in der Vergangenheit vermehrt Anfragen zur Unterbringung von Werftarbeiter:innen erhalten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bau des Kreuzfahrtschiffes Disney Adventure", teilt die Tourismuszentrale Wismar auf Anfrage von watson mit. "Wir mussten leider viele dieser Anfragen mit einem Negativangebot beantworten."

Die Stadt verfüge zwar über ein breites Unterkunftsangebot, doch die Kombination aus Saisonbetrieb und Werftprojekt führe zu Engpässen, insbesondere bei Ferienwohnungen. "Es ist spürbar, dass weniger Übernachtungseinheiten für klassische Feriengäste zur Verfügung stehen, vor allem im Segment der privaten Anbieter, die ihre Objekte aktuell bevorzugt an langfristige oder gewerbliche Mieter, wie Werftarbeiter, vergeben", erklärt die Tourismuszentrale.

Als Beispiel führt sie ein Haus in der Nähe des Erlebnisbads Wonnemar an, das derzeit "überwiegend Werftmitarbeiter beherbergt". In einzelnen Fällen komme es auch zu Preissteigerungen – "allerdings stellen diese eher die Ausnahme dar". Der Charakter der Nachfrage habe sich verschoben: Statt zwei Wochen Familienurlaub gibt es jetzt Monate der Monteurbelegung.

Schwächelt der Ostsee-Tourismus wegen der "Disney Adventure"?

Anruf bei Lars Schwarz, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Mecklenburg-Vorpommern. Er beobachtet die Lage differenziert. Zwar seien Effekte in Wismar und Umgebung spürbar, doch nicht mit klassischen Tourismusanstiegen zu vergleichen.

"Die Arbeiter, die im Zuge des Werftprojekts beschäftigt sind, greifen vor allem auf Ferienunterkünfte zurück, da diese wohnungsähnlicher sind", sagt Schwarz. Ein Hotelzimmer sei oft nicht ideal, wenn man für längere Zeit da ist.

Von Gastronomen an der Ostsee hört man, dass die hiesiegen Wohnungen zwar belegt sind, aber der Tourismus lahmt. Sprich: keine Urlauber:innen, aber auch keine Auslastung bei touristischen Angeboten.

Schwarz sagt: Das passt durchaus ins Bild. Da viele der Werftmitarbeiter in Ferienunterkünften wohnen, dort eine Küche haben oder direkt über die Werft versorgt werden, sei der Bezug zur Gastronomie geringer. "Auch touristische Angebote werden nicht im selben Maß genutzt wie von klassischen Feriengästen. Sie sind zum Arbeiten da."

Der Landestourismusverband versucht zu beruhigen. "Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für jeden Gast, der sich einen Aufenthalt im Land wünscht, auch ein Platz zur Verfügung steht", heißt es auf Anfrage. Es könne zwar notwendig sein, auf ein anderes Quartier oder einen anderen Ort auszuweichen, "dennoch gibt es ausreichend Möglichkeiten".

Auch Lars Schwarz erkennt keine strukturelle Verdrängung: Zwar würden sich vereinzelt Mitgliedsbetriebe beschweren, dass Gäste kürzer bleiben oder weniger konsumieren, er sehe aber "keine dramatischen Verschiebungen". Die Effekte, die vor Ort durch das Werftprojekt entstehen, seien wirtschaftlich sogar eher positiv, "auch wenn es nicht unbedingt klassische Tourismusumsätze sind".

Auswirkungen auf Übernachtungspreise, Buchungslagen oder Verfügbarkeiten gebe es Schwarz zufolge "aktuell nicht in einem Maße, dass es flächendeckend auffallen würde".

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