
Der Vorwurf steht im Raum, dass Russland sich seit Kriegsbeginnt an den Weizenreserven der Ukraine bedient. Das Bild zeigt ein Weizenfeld im Westen der Ukraine, wo trotz des Krieges Ende März mit der Aussaat begonnen wurde.Bild: dpa / Nariman El-Mofty
Klima & Umwelt
Bundesagrarminister Cem Özdemir hat gezielte
Attacken Russlands gegen die Landwirtschaft im Krieg in der Ukraine
scharf verurteilt. Präsident Wladimir Putin bediene sich skrupellos
an den Weizenreserven der Ukraine, sagte der Grünen-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Landwirte müssten Reserven
zwangsweise zu lächerlichen Preisen verkaufen oder "Putins
Soldateska" – zügelloser Soldatenhaufen – nehme sich die Vorräte einfach. "Dafür gibt es im
Rechtsstaat übrigens drei Wörter: Erpressung, Diebstahl und Raub."
Özdemir sagte, ihn erreichten beunruhigende Berichte aus dem
Osten der Ukraine, die Putins imperialistische Pläne offenlegten. "In
den besetzten Gebieten werden wirtschaftliche Strukturen offenbar
zunehmend an russische Regelungen angepasst." Landwirte müssten
demnach Erklärungen über ihren Besitz abgeben und würden gezwungen,
sich nach russischem Recht zu registrieren. Gleichzeitig lasse Putin
gezielt Eisenbahnanlagen Richtung Westen bombardieren, um ukrainische
Getreidelieferungen endgültig von den Weltmärkten abzuklemmen.
400.000 Tonnen Weizen aus ukrainischen Lagern verschwunden
Özdemir sagte, er sehe es als internationale Gemeinschaftsaufgabe
an, bei der Schaffung alternativer, leistungsfähiger Verkehrswege zu
helfen. "Das Recht der Ukraine auf freien Zugang zu den Weltmärkten
ist für mich genauso wenig verhandelbar wie ihre Souveränität." Ziel
müsse es zudem sein, auch ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu
erhalten. Der Agrarsektor sei dafür unverzichtbar.
"Das Recht der Ukraine auf freien Zugang zu den Weltmärkten ist für mich genauso wenig verhandelbar wie ihre Souveränität."
Cem ÖzdemierLandwirtschaftsminister
Die Ukraine war bis Kriegsbeginn einer der großen
Weizen-Exporteure unter anderem für Länder in Nordafrika und Asien.
Durch den Krieg ist nach Angaben der Weltbank aber der Großteil der
Exporte zu erliegen gekommen, die über Häfen am Schwarzen Meer
verschifft werden. Özdemir sagte, rund 20 Millionen Tonnen Weizen
lagerten noch in der Ukraine. "Aber ich fürchte, nicht mehr lange."
Nach ukrainischen Angaben seien mindestens 400.000 Tonnen aus Lagern
verschwunden. Hunderttausende Tonnen seien zudem durch die russische
Armee vernichtet worden.
Klimakrise und Artensterben pausieren nicht
Der Krieg und die Folgen sollen Thema beim
G7-Agrarministertreffen in der kommenden Woche in Stuttgart sein.
Erwartet wird dazu auch der ukrainische Ressortchef. Özdemir sagte,
von dem Treffen solle ein Signal ausgehen: "Die Reihen für eine
gesicherte Ernährung weltweit und für freien Handel sind
geschlossen." Er wolle außerdem zu einem gemeinsamen Verständnis
darüber kommen, dass nicht eine Krise gelöst werden könne, indem man
die andere befeuere. "Klimakrise und Artensterben pausieren nicht,
nur weil Putin die Ukraine überfällt." Klimaschutz,
Ernährungssicherung und Frieden müssten der neue Dreiklang sein.
Im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft gelte es zudem, alles
gegen den Hunger in der Welt zu tun, sagte Özdemir weiter. In der
Bundesregierung koordiniert das Agrarressort dazu eine Arbeitsgruppe,
der auch Entwicklungsministerium und Auswärtiges Amt angehören. "Wir
führen damit humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit mit der
Expertise der Land- und Ernährungswirtschaft zusammen", sagte
Özdemir. Erarbeitet werden soll ein "Zielkatalog" für den G7-Gipfel
Ende Juni in Elmau. Der G7-Gruppe gehören Deutschland, Kanada,
Frankreich, Italien, Japan, die USA und Großbritannien an.
(joe/dpa-afxp)
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