Seit knapp zwei Jahren gehen die Aktivist:innen der Letzten Generation auf Deutschlands Straßen, setzen sich – und kleben sich mit Sekundenkleber auf der Fahrbahn fest: Um den Verkehr zu stoppen. Um die Menschen dazu zu bringen, kurz innezuhalten. Um die Politik unter Druck zu setzen, die längst nicht ausreichenden Klimaschutzmaßnahmen nachzuschärfen.
Um eine lebenswerte Zukunft zu bewahren.
Genau das hat auch Carla Hinrichs gemacht. Sie ist Klimaaktivistin und Sprecherin der Letzten Generation. Und sie betont, einfach gesagt: Wenn die Dinge so falsch laufen, wie sie es derzeit tun, weil Klima und Menschen nicht ausreichend geschützt werden, dann rechtfertigt das Proteste wie ihre. Proteste der Letzten Generation.
Das Frankfurter Landgericht sieht das wohl anders. Nach rund sieben Stunden Verhandlung wurde die Aktivistin am Mittwoch zu einer Haftstrafe von zwei Monaten auf Bewährung verurteilt. "Sie hat es selbst in der Hand, ob sie noch mal irgendwann ins Gefängnis muss oder nicht", sagte der Vorsitzende Richter Jochen Kirschbaum.
In dem Berufungsprozess ging es um eine Verurteilung Hinrichs aus dem Jahr 2023. Weil sie sich im Jahr 2022 auf einer Frankfurter Straße festgeklebt hatte, kam es zu einem größeren Stau. Deswegen wurde ein Strafbefehl über 60 Tagessätze von je 30 Euro verhängt.
Hinrichs legte Einspruch ein, woraufhin das Amtsgericht Frankfurt sie im Mai 2023 zu zwei Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilte. Hinrichs ging in Berufung. Mit dem gestrigen Urteil wurde diese verworfen und die ursprüngliche Strafe erneut ausgesprochen. Dazu forderte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 10 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Hinrichs gab aber an, die ursprüngliche Geldstrafe anzunehmen, um dem Risiko einer Vorstrafe zu entgehen. Ob sie mit den Klebe-Aktionen weitermache, würde sie sich noch überlegen. Unter Tränen erklärte sie, klimabewusst aufgewachsen zu sein: "Ich bin überzeugt, das Richtige getan zu haben", sagte sie in Bezug auf die Blockade im Jahr 2022.
Die Meinungen dazu gehen, wie bei den Aktionen der Letzten Generation üblich, weit auseinander: Ein anderer Aktivist der Letzten Generation erklärte auf X, ehemals Twitter: "Sie wollte unsere[r] Gesellschaft das Leben retten und der Richter will sie dafür ins Gefängnis werfen."
Ein anderer Nutzer meint daraufhin:
Diese Haltung bedauert Hinrichs sehr. In einer Story auf Instagram schreibt sie nach der Verhandlung:
Um das "Warum" der Bewegung deutlich zu machen, wurden kürzlich bei einem Verhandlungsprozess einer Aktivistin der Letzten Generation in Berlin-Moabit erstmals Sachverständige geladen, die rein gar nichts mit den Blockaden selbst zu tun haben.
Es ist ein Gerichtsverfahren mit Symbolkraft. Und der Ausgang des Verfahrens könnte eine weitreichende Signalwirkung haben.
Geladen waren unter anderem die Physikerin und Klimaexpertin Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats der Bundesregierung für Klimafragen, sowie der Soziologe Simon Teune vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung.
Ob die Hoffnung der Aktivist:innen aufgeht, und das Gericht tatsächlich davon überzeugt werden kann, dass die Proteste als Weckruf legitim sind, ist noch offen. Am 16. Januar soll noch Klimaforscher Stefan Rahmstorf angehört und im Anschluss ein Urteil gefällt werden.
Klar aber ist schon jetzt: Sollte die Aktivistin freigesprochen werden, dürfte sich die Letzte Generation in ihren Aktionen bestärkt und bekräftigt sehen.