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Wasserstoff-Deal mit Kanada: Indigene Aktivistin kritisiert Scholz-Vereinbarung

Indigene Menschen demonstrieren gegen Fracking in Kanada.
Aufgrund der neuen Energiepartnerschaft zwischen Kanada und Deutschland protestierten indigene Stämme gemeinsam gegen Fracking in Vancouver.Bild: www.imago-images.de / imago images
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"Ureinwohner haben kaum Mitspracherecht": Indigene Klimaaktivistin kritisiert Wasserstoff-Deal mit Kanada

24.08.2022, 07:22
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Um sich aus der Energie-Abhängigkeit Russlands zu lösen, fällt Deutschlands neuer Lichtblick gerade auf Kanada. Am Dienstag haben Bundeskanzler Olaf Scholz und Kanadas Ministerpräsident Justin Trudeau nun ein Abkommen über eine stärkere Zusammenarbeit der beiden Länder zur Herstellung und Transport von Wasserstoff beschlossen.

Deutschland und Kanada schließen "Energiepartnerschaft für die Zukunft"

Dieser Pakt bildet den Auftakt zu einer engen Kooperation beider Länder auf dem Energiemarkt sowie bei der Unterstützung der Ukraine. Denn das zweitgrößte Land der Erde ist einer der größten Erdgasproduzenten weltweit. Deutschland könnte zwar erst mittelfristig vom kanadischen Flüssiggas profitieren, da für den Transport über den Atlantik noch Pipelines und Terminals fehlen. Doch langfristig hat Deutschland auch an kanadischen Mineralien und Metallen, sowie erneuerbarer Energie Interesse.

Bundeskanzler Olaf Scholz (3. v.l.) mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau.
Bundeskanzler Olaf Scholz (3. v.l.) mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau.Bild: dpa / dpa

Robert Habeck (Grüne), der Scholz auf seiner Kanada-Reise begleitet, hatte bereits am Montag betont, dass der Schwerpunkt der Reise darauf liege, mit Kanada eine "Energiepartnerschaft für die Zukunft" zu schließen. Passend dazu trafen sich Scholz und Trudeau am Dienstag in Stephenville in Neufundland an der Ostküste Kanadas, wo eine Windenergieanlage zur Produktion von Wasserstoff geplant ist.

Die Kooperation auf dem Energiesektor sei auch über die Krisen hinaus wichtig, in die Russland die Welt durch den illegalen Angriffskrieg gebracht habe. Es gehe darum, als Wertegemeinschaft auf Dauer zu einer Welt ohne fossile Brennstoffe zu kommen, wie Trudeau und Scholz bei ihrem Treffen betonten.

Erdgasförderung gefährdet Territorien von Indigenen

Die Gewinnung von Wasserstoff sowie von einem Großteil der noch verfügbaren fossilen Rohstoffe fällt in Gebiete der First Nations, Kanadas indigene Ureinwohner. Ihre Vertreter fehlten jedoch bei Verhandlungen während des Staatsbesuchs von Olaf Scholz. Dabei wäre genau ihre Lebensumgebung einem erhöhten Risiko für Erdbeben ausgesetzt, wenn mehr Erdgas durch umstrittene Fördermethoden wie Fracking und Offshore-Bohrungen gewonnen werden.

Ist die Nicht-Beteiligung der Ureinwohner Kanadas Zufall oder Normalität? Über diese Frage konnte watson mit Jax, einer kanadischen Klimaaktivistin, sprechen. Sie und ihre Familie gehören den Anishinaabe an, einer der heute größten indigenen Ethnien Nordamerikas.

Jax, kanadische Klimaaktivistin und Anishinaabe.
Jax, 17 Jahre alt, gehört dem Stamm der Anishinaabe an, einer der größten indigenen Ethnien Nordamerikas. Bild: privat

Sie steht dem Energieabkommen zwischen Kanada und Deutschland kritisch gegenüber. Das habe vor allem mit einer fehlenden Beteiligung von indigenen Menschen an der Staatspolitik zu tun, wie sie watson erklärt:

"Kanada hat die indigene Bevölkerung besser in sein staatliches System integriert als zum Beispiel die USA, aber es gibt noch viel zu tun. Eingeborene werden im Rahmen des 'Indian Act' aufgenommen, der seinen Namen beibehalten hat, obwohl der Begriff ziemlich abwertend und falsch ist. Deshalb ist es schwierig, Mitglieder von indigenen Völkern in der Politik an vorderster Front zu finden."

Indigenen Territorien werden weiterhin vom Staat verwaltet

Der "Indian Act" ist ein kanadisches Bundesgesetz, das Angelegenheiten regelt, die den Indianerstatus, die Stammeszugehörigkeit und Indianerreservate betreffen. Im Laufe der Geschichte hat dieses Gesetz die kanadische Bundesregierung ermächtigt, die Angelegenheiten und das tägliche Leben der registrierten Indianer und Reservatsgemeinschaften zu regulieren und zu verwalten.

Unter anderem wird durch das Indianergesetz der Regierung auch weiterhin ermöglicht, die Landbasis dieser Stammesgruppen in Form von Reservaten zu bestimmen und sogar zu definieren, wer als Indianer in Form des Indianerstatus qualifiziert ist. Letztendlich darf die kanadische Regierung auch darüber entscheiden, dass auch auf Territorien der First Nations Erdgas mithilfe von Fracking gefördert wird.

Bei Energiepolitik haben Ureinwohner "so gut wie kein Mitspracherecht"

Genau diese Vorgehensweise widersetze sich aber dem grundlegenden Glauben der Ureinwohner Kanadas, wie Jax watson erzählt:

"Die westliche Welt ist sehr darauf bedacht, Geld zu verdienen, obwohl dies Auswirkungen auf das Klima hat. Der Glaube der Ureinwohner sieht vor, dass man sich um die Erde kümmert, wenn sie sich im Gegenzug um uns kümmert. Ölpipelines wurden durch Eingeborenenreservate verlegt, verschmutzen das Wasser und schaden den dort lebenden Gemeinschaften. Auch dies ist keine einmalige Angelegenheit."

Trotz der Bemühungen Kanadas um Versöhnung hätten die Ureinwohner "so gut wie kein Mitspracherecht" in Bezug auf das Land, das rechtmäßig ihnen gehöre, sagt Jax. Genau hier sieht sie auch den Widerspruch der kanadischen Innenpolitik, Indigenen mehr Rechte zuzusprechen. "Im Allgemeinen tun die Politiker so, als ob ihnen die indigenen Völker am Herzen lägen – sie tun aber nichts, um vermisste und ermordete indigene Frauen zu finden, und lassen zu, dass Pipelines das Wasser der Reservate verschmutzen. Und das, obwohl sie die Auswirkungen auf die dort lebenden Menschen kennen."

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Vor der Botschaft in Ottawa, Kanada protestieren Klimaaktivisten gegen LNG Terminals und Fracking für Energielieferungen an Deutschland.Bild: www.imago-images.de / imago images

Mit Blick auf das neue Wasserstoffabkommen mit Deutschland, bewertet Jax die Lage für den Umweltschutz und für Indigene in Kanada pessimistisch: "Kurz gesagt, der persönliche Gewinn ist für zu viele Machthaber immer noch wichtiger als das Leben der Ureinwohner."

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