
Maximilian Patz engagiert sich schon seit Jahren in der Freiwilligen Feuerwehr Zeithain.Bild: privat / maximilian patz
Analyse
Der katastrophale Brand in der Gorischheide in Sachsen liegt schon einige Wochen zurück, doch die Folgen sind immer noch sichtbar. Ein junger Feuerwehrmann, der dort im Einsatz war, erzählt von nervenaufreibenden 12-Stunden-Schichten, fehlender Anerkennung und wie schwierig es ist, junge Ehrenamtliche zu finden.
09.08.2025, 13:4109.08.2025, 13:41
Wer nicht gerade aus Sachsen kommt, dem wird die Gorischheide wohl nicht viel sagen. Das Naturschutzgebiet liegt direkt an der Grenze zu Brandenburg und misst etwa 2800 Hektar. Landschaftlich ist es vor allem durch sandige Böden, Heideflächen und lichte Kieferwälder geprägt. Heimisch sind dort Vögel wie der Ziegenmelker oder der Wiedehopf. Klingt idyllisch.
Doch genau dieses Bild findet sich dort in weiten Teilen nicht mehr wieder. Anfang Juli ist ein Waldbrand ausgebrochen, den die Einsatzkräfte vor Ort tagelang nicht unter Kontrolle bekamen. Am Ende brannte eine Fläche von 2400 Hektar, also mehr als drei Viertel des Naturschutzgebietes. Einen solch katastrophalen Waldbrand hat es in Sachsen seit über 30 Jahren nicht mehr gegeben.
Feuerwehrmann berichtet von verheerendem Waldbrand
Einer, der vor Ort war und genau solch eine Katastrophe verhindern wollte, ist Maximilian Patz. Der 28-Jährige arbeitet eigentlich als Elektroniker, engagiert sich aber schon seit Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr in der Gemeinde Zeithain.
"Es ist sehr viel verbrannt", sagt Maximilian Patz im Gespräch mit watson im Juli. "Es gibt teilweise Inseln, wo es noch etwas grün ist, aber die Bäume, die von den Flammen erfasst wurden, lassen nach und nach ihr Laub und ihre Nadeln fallen. Es ist nicht mehr viel übrig."
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? "Am ersten Tag war es ein relativ kleines Feuer, aber es ist auf munitionsbelastetem Gebiet ausgebrochen", erklärt Patz. Die Gorischheide wurde früher als Truppenübungsplatz genutzt, daher befinden sich unter der Erde noch militärische Altlasten. Schon vor dem Brand war das Naturschutzgebiet teils Sperrgebiet.
"In Sachsen müssen wir deshalb 1000 Meter Abstand halten. Aber so kann man natürlich nur schlecht ein Feuer löschen", sagt Patz. Die Feuerwehr ist mehr oder minder zum Warten verdammt. Bis man einen Helikopter angefordert habe, dauere es lange. Und auch die lässt man nicht gerne über munitionsbelastete Gebiete fliegen.

So sah es Ende Juli in der Gorischheide bei Zeithain aus.Bild: dpa / Sebastian Kahnert
Richtig brenzlig wurde es, als am zweiten Tag in der Gorischheide ein zweiter Brand ausbrach. "Das Feuer hat sich wegen des Windes schnell ausgebreitet und als die ersten Einsatzkräfte ankamen, waren es zu wenige, um es in den Griff zu bekommen", beschreibt Patz.
Unter Kontrolle hatten er und seine Kamerad:innen das Feuer erst nach einer Woche; vollständig gelöscht war es nach knapp zwei Wochen.
Klimakrise droht die Einsatzkräfte noch stärker zu fordern
Herausfordernd mag an dieser Stelle mild ausgedrückt sein, für die Zeit, die die Kamerad:innen der Freiwilligen Feuerwehr Zeithain hinter sich haben. "Das waren 12-Stunden-Schichten. Es gab also immer eine Tag- und eine Nachtschicht."
Auch wenn nicht alle Einsatzkräfte ununterbrochen an den Löscharbeiten im Naturschutzgebiet beteiligt waren – kräftezehrend war der Einsatz allemal. Patz erzählt watson:
"Teilweise bin ich gar nicht richtig zum Schlafen gekommen. Abends kommst du nicht immer pünktlich weg, zu Hause fallen noch ein paar Sachen an und bis man dann im Bett liegt, bleibt gar nicht viel Zeit, bis der Wecker wieder klingelt."
In der Gorischheide wird es so schnell nicht noch einmal zu so einem großen Brand kommen. Doch in Zukunft könnten Einsatzkräfte der Feuerwehr immer häufiger gefordert sein. Denn durch die Klimakrise nimmt auch in Deutschland die Anzahl der Hitzewellen und Trockenperioden zu, was wiederum Waldbrände begünstigt.
Aktuell kann man jedoch noch nicht von einem besorgniserregenden Trend sprechen. 2024 ist die Anzahl der Brände gegenüber dem Vorjahr um fast die Hälfte gesunken: insgesamt 534 Waldbrände wurden laut Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat gemeldet. Dabei fiel den Flammen eine Fläche von 334 Hektar zum Opfer.
Allein der Brand in der Gorischheide dürfte diese Statistik für 2025 aber wieder nach oben treiben. Die Freiwillige Feuerwehr in Zeithain will jedenfalls vorbereitet sein: Patz erklärt, dass man beispielsweise schon Schläuche mit kleinerem Durchmesser angeschafft habe, weil man die leichter durch den Wald ziehen könne.
Trotz veralteter Ausrüstung: Sachsen kürzt Mittel
"Bei uns in der Gemeinde sind wir aktuell auf einem guten Stand. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder alte Fahrzeuge ersetzt, die teils über 30 Jahre alt waren", erklärt der 28-Jährige. In anderen Gemeinden muss man allerdings weiter mit veralteter Ausrüstung arbeiten, weil die finanziellen Mittel fehlen.
Das ist auch in Sachsen ein Problem: Im aktuellen Doppelhaushalt 2025/26 sind Kürzungen geplant, die auch die Feuerwehr betreffen. Laut MDR stehen dadurch 20 Prozent weniger Mittel zur Verfügung, die unter anderem für die Sanierung einer Landesfeuerwehrschule gedacht waren.
Die Jugendfeuerwehren, die Freiwilligen Feuerwehren und der Landesverband sind nach dem sächsischen Innenminister Armin Schuster (CDU) zwar von den Kürzungen ausgenommen. Kritik gab es trotzdem: Online sprachen Feuerwehr-Kamerad:innen von einem "Schlag ins Gesicht".
Auch Patz sieht die Entscheidung eher kritisch: "Die finanzielle Situation ist überall sehr angespannt und ich verstehe, dass man irgendwo kürzen muss. Ob da nun die Feuerwehr der richtige Weg ist, halte ich aber für fraglich".
Nachwuchsprobleme und fehlende Anerkennung
Ein größeres Problem als die veraltete Ausrüstung ist aus seiner Sicht aber der fehlende Nachwuchs. Bei der Freiwilligen Feuerwehr Zeithain gebe es insgesamt 145 Einsatzkräfte, knapp ein Drittel davon sei unter 35 Jahre. "Das klingt nach viel, aber in den einzelnen Ortschaften sind es zu wenige", meint Patz. Die Neuzugänge würden aktuell nur noch ausreichen, um die altersbedingten Abgänge auszugleichen.
Viele Jugendliche würden sich für einen anderen Weg entscheiden: Sie engagieren sich beispielsweise in einem Sportverein oder ziehen aus Zeithain weg. Außerdem glaubt der 28-Jährige noch einen anderen Grund für den Nachwuchsmangel zu kennen: "Das Ehrenamt hat bei der Gen Z nicht mehr so einen großen Stellenwert. Etwas für andere zu tun und dafür nichts zu bekommen, ist wahrscheinlich nicht so angesehen."
Vor drei Jahren erlebte die Freiwillige Feuerwehr in Zeithain allerdings großen Zulauf. Kurz zuvor hatte es einen Feldbrand gegeben, der nicht weit von einem Dorf entstanden war. "Die Menschen hatten Angst und wollten nach dem Feuer aktiv etwas tun. Aber es wäre natürlich schön, wenn sie sich schon engagieren, bevor es überhaupt zu solchen brenzligen Situationen kommt."
"Die Feuerwehr ist wie eine zweite Familie für mich."
Ein überraschend großes Ausmaß an Unterstützung erfuhren die Kamerad:innen auch während des Waldbrand-Einsatzes. "Wir haben teilweise so viele Getränke gespendet bekommen, dass wir ein großes Fahrzeug organisieren mussten, um alles zu verteilen. Das war außergewöhnlich", sagt Patz.
Auch online hätten viele Menschen ihre Dankbarkeit für die Arbeit der Einsatzkräfte ausgedrückt. Im Alltag erleben Patz und seine Kamerad:innen so etwas eher selten. "Da erlebe ich oft eher Unverständnis, wenn beispielsweise die Straße wegen eines Einsatzes gesperrt ist. Einige reagieren eher pampig und fragen gleich, was das soll."
"Viele sehen gar nicht, dass wir die Arbeit ehrenamtlich neben Arbeit und Familie stemmen", meint der 28-Jährige. Das hält ihn aber nicht davon ab, sich weiter bei der Freiwilligen Feuerwehr zu engagieren.
Ihn motivieren vor allem zwei Dinge: die Möglichkeit, anderen Menschen zu helfen, und die Kameradschaft, die man erlebt. Für Patz steht fest: "Die Feuerwehr ist wie eine zweite Familie für mich".