Auf dem Weg hin in eine klimaneutrale Zukunft ist die Mobilitätswende eine der zentralen Stellschrauben. Gerade im Bereich Verkehr wurden in den vergangenen Jahren aber wenig Fortschritte gemacht – im Gegenteil: Wie das Umweltbundesamt im April vergangenen Jahres mitteilte, ist der Anteil des Verkehrs an den Gesamtemissionen seit 1990 von etwa 13 Prozent auf 19,4 Prozent im Jahr 2021 gestiegen.
Hintergrund dessen ist der stetig wachsende Straßengüterverkehr, der zunehmende Absatz von Dieselkraftstoff – und der motorisierte Individualverkehr. Sprich: Auch dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und dem Ausbau dessen kommt bei der Verminderung der Emissionen eine wichtige Rolle zu.
Seit Jahresbeginn ist Henrik Falk in Berlin dafür zuständig, seinen Beitrag dazu zu leisten. Seit dem 1. Januar ist Falk Vorstandschef der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Eine Institution, die angesichts der aktuellen Verfasstheit (Mitarbeiter:innenmangel, Verspätungen und Ausfälle, stockender ÖPNV-Ausbau) nicht den besten Ruf genießt.
"Es stimmt zwar, dass wir gerade sechs Prozent weniger fahren als vertraglich vereinbart", sagt Henrik Falk im Gespräch mit dem "Tagesspiegel". "Dennoch liegt unsere Fahrleistung beim Bus 2023 zwei Prozent höher als noch 2019, dem Jahr vor Corona." Die Fahrleistung gibt an, wie viele Abfahrten es pro Tag insgesamt gibt. Bei der Straßenbahn seien es sogar zehn Prozent mehr, sagt Falk. "Das hätte ich nicht erwartet und das wird auch nirgendwo wahrgenommen."
Fakt ist allerdings, dass auch die BVG wie so viele Unternehmen unter Personalmangel leiden. Aufgrund einer Krankheitswelle im Dezember kam es so etwa zu etlichen Ausfällen, die Taktungen mussten gedrosselt werden.
Im vergangenen Jahr habe die BVG Falk zufolge aber rund 1800 Mitarbeitende eingestellt, was für die Größenordnung eines mittelständischen Unternehmens "der Hammer" sei. Nun müsse man schauen, wie sich diese Zahlen noch ausbauen lassen.
Trotz alledem wolle Falk "nichts von unseren Problemen negieren. Ich erlebe sie selbst jeden Tag." Dennoch seien diese als "echte Wachstumsschmerzen" zu verstehen. Und die Herausforderung sei es dementsprechend nicht, das System auf dem bisherigen Stand zu erhalten, "sondern die Frage, wie wir gesichert in die Zukunft wachsen können". Dafür hat Falk bereits einige Vorstellungen.
"Wenn wir eine wirkliche Mobilitätswende wollen, dann muss ich auch die heutigen technischen Möglichkeiten einsetzen, die es so in den vergangenen Jahrzehnten noch nicht gab, insbesondere das autonome Fahren und On-Demand-Lösungen", sagt Falk.
Trotzdem gebe es auch Grenzen beim öffentlichen Personennahverkehr. Unabhängig davon, wie sehr man den klassischen ÖPNV ausbaue, sagt Falke, sei es "für viele nicht derselbe Komfortfaktor". Der Schlüssel werde es sein, einen hochqualitativen ÖPNV mit On-Demand-Angeboten zu verknüpfen: "Zusammen wird das die Zukunft sein."