Seychellen: Riesenschildkröten gedeihen nach künstlicher Bebrütung
Riesenschildkröten waren einst auf unzähligen Inseln im Indischen und Pazifischen Ozean verbreitet. Jahrhundertelang hatten sie kaum natürliche Feinde und konnten sich ungestört entwickeln. Mit der Ankunft des Menschen änderte sich das aber schlagartig. Sie machten Jagd auf die gemächlichen Tiere, zerstörten ihren Lebensraum und schleppten unter anderem Ratten ein, die sich über die Eier oder frisch geschlüpften Babys hermachten.
Mittlerweile gibt es nur noch wenige Orte, an denen Riesenschildkröten in freier Wildbahn leben; dazu zählen die Galápagos-Inseln und die Seychellen. Auf letzterer Inselgruppe findet sich die Aldabra-Riesenschildkröte, die bis zu 250 Kilogramm schwer und mehr als 100 Jahre alt werden kann.
Schildkröten-Forscher melden Erfolg mit künstlicher Bebrütung
Die Population ist einigermaßen stabil, doch in den vergangenen Jahren haben Wissenschaftler:innen beobachtet, dass immer weniger Schildkröten-Babys schlüpfen. Laut der Umweltorganisation Nature Seychelles sind lediglich aus einem von insgesamt 15 beobachteten Nestern Jungtiere geschlüpft.
Wissenschaftler:innen fanden in dem Zuge heraus, dass rund drei Viertel der nicht geschlüpften Eier befruchtet waren. Allerdings starben die Embryos frühzeitig ab. Ein Grund könnten ungünstige Umweltbedingungen sein: Forscher:innen vermuten, dass die dichte Erde auf Cousin Island, wo die Schildkröten hauptsächlich vorkommen, verhindert, dass die Eier genügend Sauerstoff bekommen.
Um diese Theorie zu testen, haben lokale Naturschützer:innen 18 Eier aus einem Nest entnommen, um sie künstlich auszubrüten. Dabei habe man die Zusammensetzung der Erde, in der die Eier gelegt wurden, angepasst, und andere Faktoren kontrolliert. Und nun können die Forscher:innen einen großen Erfolg vermelden: Aus den 18 Eiern sind am Ende 13 gesunde Schildkröten-Babys geschlüpft.
Laut "Guardian" handelt es sich um die erste erfolgreiche, künstliche Inkubation von Eiern der Riesenschildkröten auf den Seychellen. Die Jungtiere würden sich aktuell gut entwickeln und eifrig an Salat und Bananenstückchen knabbern.
"Das ist ein gewaltiger Schritt", sagte Alessia Lavigne, Forscherin aus den Seychellen und Hauptautorin einer aktuellen Studie zum Projekt. "Es zeigt, was Naturschutz leisten kann."
Künstliche Befruchtung wohl keine dauerhafte Lösung
Lavigne und ihre Kolleg:innen sehen in dem Erfolg eine wichtige Möglichkeit, Populationen gefährdeter Arten zu stabilisieren. Obwohl künstliche Inkubation nicht als dauerhafte Lösung gedacht ist, bietet sie einen Rettungsanker, wenn sich Bedingungen in der Natur dramatisch verschlechtern.
Insbesondere auf Inseln mit begrenzten Rückzugsräumen oder hohem Druck durch menschliche Eingriffe kann solch ein Verfahren entscheidend sein.
Die Erkenntnisse sollen nun mit anderen Wissenschaftler:innen geteilt werden, damit beispielsweise auch die Riesenschildkröten auf den Galápagos-Inseln davon profitieren können.