Die österreichische Bundesbahn ÖBB hatte schon in der Vergangenheit im Vergleich zu Deutschland des Öfteren die Nase vorn: Beispielsweise beim Ausbau der Nachtzug-Infrastruktur, die die Deutsche Bahn stattdessen über die letzten Jahre abgebaut hat – und nun häufig auf die Züge der ÖBB zurückgreifen muss.
Nun plant die ÖBB einen weiteren Coup: Sie will expandieren und fängt damit im Nachbarland Deutschland an. So kaufte das Unternehmen jetzt eine beliebte Regionalbahn in Süddeutschland.
Die ÖBB übernimmt künftig die in Bayern und Baden-Württemberg aktive Tochtergesellschaft des britischen Bahnkonzerns Go-Ahead. Die Züge von Go-Ahead erkennt man im Bundesland Baden-Württemberg an den gelb-weißen, in Bayern an den blauen Zügen. "Die ÖBB setzen mit dem Kauf von Go-Ahead Deutschland den eingeschlagenen Internationalisierungskurs konsequent fort", sagte ÖBB-Vorstandschef Andreas Matthä in einer Pressemitteilung von Go-Ahead.
Im deutschen Nahverkehr, in dem die Eisenbahn-Unternehmen im Auftrag der Bundesländer arbeiten, sind die ÖBB bislang nicht aktiv. Matthä erklärt die aktuelle Entscheidung mit den Worten: "Wir sehen in Süddeutschland gutes Potenzial, im Personenverkehr noch stärker zu wachsen." Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden. Der Abschluss des Verkaufs werde nach wettbewerbsrechtlichen Genehmigungen noch dieses Jahr erwartet.
Für die Bahnkund:innen auf der befahrenen Strecke soll sich künftig erst mal nichts ändern – außer zum Besseren, so die Hoffnung der ÖBB. Go-Ahead Deutschland bleibe eigenständig, werde aber vom Know-how der ÖBB profitieren. Schließlich fahre die ÖBB täglich 4400 Nahverkehrszüge in Österreich mit einer Pünktlichkeit von 95,5 Prozent.
Zum Vergleich: Die Deutsche Bahn schaffte im September 2023 laut Statista im im Personenverkehr nur eine Pünktlichkeitsquote (fahrplanmäßige Ankunftszeit plus maximal 5:59 Minuten) von rund 89 Prozent.
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) begrüßte jedenfalls die Übernahme von Go-Ahead durch die ÖBB: "Darin steckt die Chance, dass das Unternehmen auf Dauer zuverlässig Züge in Baden-Württemberg fährt. Die ÖBB hat einen guten Ruf für einen qualitativ hochwertigen Schienenverkehr."
Go-Ahead Deutschland beschäftigt 1000 Menschen und betreibt mit 144 elektrischen Triebzügen Regionalverkehre im Stuttgarter Netz mit Remsbahn, Residenzbahn, Filstalbahn, Frankenbahn und Murrbahn, im Allgäunetz München – Lindau und im Augsburger Netz nach München, Würzburg, Aalen und Ulm.
In der Vergangenheit hatte das Unternehmen Go Ahead, wie auch die Deutsche Bahn, immer wieder mit Personalengpässen und Zugausfällen zu kämpfen. In Bayerisch-Schwaben fielen so zum Beispiel diesen Juni zahlreiche Züge wegen Defekten an den Stromabnehmern aus. Und im Februar mussten zahlreiche Züge in Baden-Württemberg wegen technischer Mängel an den Achsen der Fahrzeuge zur Sicherheitsprüfung in die Werkstatt.
(mit Material der dpa)