Nilpferde stammen, wie es ihr Name schon verrät, ursprünglich aus dem Nildelta in Afrika. Doch inzwischen lebt die wohl größte Flusspferd-Population außerhalb Afrikas auf der anderen Seite des Atlantiks in Kolumbien. Mit gefährlichen Folgen.
Die kolumbianischen Nilpferde sind nicht etwa über den Atlantik geschwommen, sondern sind Nachfahren von den vier Hippos, die der Drogenboss Pablo Escobar einst in den Achtzigerjahren für seinen Privatzoo hatte einfliegen lassen. Nachdem der einst mächtigste Drogenboss der Welt bei einem Polizeieinsatz im Jahr 1993 getötet wurde, wurden seine Hippos freigelassen. Keine gute Idee.
Denn seitdem bevölkern sie ein Gebiet rund um den Magdalena-Fluss in Kolumbien. Und weil sie dort kaum ernste Konkurrenz hatten, haben sie sich in den letzten 30 Jahren prächtig vermehrt. Aus den vier Hippos ist inzwischen mit knapp 150 Nilpferden eine ganze Großfamilie geworden – die Behörden befürchten dabei, dass sich die Kolonie in zehn Jahren sogar noch vervierfachen wird. Ein Problem, denn die Hippos bedrohen ihnen zufolge schon jetzt die am Fluss lebenden Menschen und örtliche Tierwelt.
Denn Nilpferde gehören zu den gefährlichsten Tieren weltweit. Was sie so gefährlich macht: Sie besitzen glasharte Eckzähne – Hauer –, die bis zu 60 Zentimeter lang werden können. Neben ihren Zähnen sind Flusspferde auch wegen ihres Tempos gefürchtet. Und trotz ihres Gewichts von durchschnittlich bis zu 1,8 Tonnen können die "trägen" Hippos bis zu vierzig Kilometer pro Stunde schnell rennen. In Afrika töten Flusspferde jedes Jahr Hunderte Menschen.
Anfang dieses Jahres erklärten jetzt die kolumbianischen Behörden die berühmten Flusspferde zur "invasiven Art". Das Umweltministerium bezog sich dabei auf eine Studie des Alexander-von-Humboldt-Instituts und des Instituts für Naturwissenschaften der Nationalen Universität in Bogotá. Jetzt zog David Echeverri, Leiter der regionalen Umweltbehörde Cornare, ihre Tötung als "notwendige Option" in Betracht.
Was Tierschützer:innen zu Protesten veranlasste. Sie schlugen mit Unterstützung des grünen Parlamentskandidaten Luis Domingo Gómez vor, aus öffentlichen und privaten Mitteln ein Schutzgebiet für die Flusspferde zu schaffen. Andere Experten taten diesen Vorschlag jedoch wieder als "zu kostspielig und für das Ökosystem nicht weniger schädlich" ab.
Aber auch manche Flussanwohner mit wirtschaftlichen Interessen stellten sich gegen den Abschuss der Hippos: Mit Flusspferden versprechen sie sich, mehr Tourist:innen anlocken zu können.
Daraufhin wollte Aníbal Gaviria, der Gouverneur der kolumbianischen Region Antioquia, die Tiere durch eine Massen-Sterilisation vor dem Abschuss retten.
Doch der Plan wurde schnell wieder verworfen – es sei "zu komplex, zu teuer und gefährlich", wie die Umweltbehörde angab. Bisher gelang es ihr nur elf Flusspferde zu sterilisieren und 40 weiteren per Pfeil Verhütungsmittel zu verabreichen. Das kostete mehr als 87.000 Euro – konnte die Vermehrung der Hippos aber nicht stoppen. "Auf eine durchgeführte Operation kommen zehn Tiere, die geboren werden", sagte Echeverri.
Mittlerweile ist eine neue Idee auf dem Tisch: 70 der Flusspferde in der Region sollen noch im ersten Halbjahr von 2023 in Schutzgebiete nach Indien und Mexiko ausgeflogen werden, wie der "Guardian" berichtet.
"Die gesamte Operation dürfte etwa 3,5 Millionen Dollar kosten", gab der Besitzer des Ostok-Schutzgebiets in Nordmexiko, Ernesto Zazueta, bekannt, wo zehn der riesigen Hippos untergebracht werden sollen.