Nordkorea gerät normalerweise wegen der harten Linie seines Machthabers Kim Jong-un in die Schlagzeilen. Oder wegen der verzweifelten Versuche von Nordkoreaner:innen, aus der Diktatur nach Südkorea zu flüchten. Denn nur die wenigsten Menschen haben in dem Land ein gutes, freies Leben.
Wie genau das Leben dort aussieht, können fast ausnahmslos Geflüchtete erzählen. Denn freie Berichterstattung ist in dem Land verboten. Seit Jahrzehnten ist Nordkorea vom Rest der Welt abgeschottet. Das Regime kontrolliert penibel, was die Außenwelt zu sehen bekommt und was nicht.
Mit der Corona-Pandemie verschärfte sich diese Abschottung in dem ostasiatischen Land weiter. Seit Januar 2020 hat Nordkorea praktisch keine Ein- und Ausreisen mehr zugelassen. Das soll sich nun wieder ändern. Das ostasiatische Land will laut der Nachrichtenagentur Reuters seine Tore für internationalen Tourismus wieder öffnen. Eine authentische Reise dürfen die Reisenden allerdings nicht erwarten.
Reisen für Tourist:innen sollen den Informationen zufolge ab Dezember 2024 möglich sein. Dass Nordkorea die Restriktionen wieder lockert, hat sich in den vergangenen Wochen bereits angedeutet. Hochrangige ausländische Persönlichkeiten, darunter der russische Präsident Wladimir Putin, reisten ins Land. Auch der internationale Flugverkehr wurde bereits im vergangenen Jahr wieder aufgenommen.
Nun will Nordkorea in der Stadt Samjiyon im Nordosten des Landes den internationalen Tourismus wieder aufnehmen. Diese Region ist bekannt für das ehrgeizige Samjiyon-Projekt, bei dem ein gigantisches Ferienresort entwickelt wird. Das Projekt wird als sozialistisches Utopia beworben, ausgestattet mit neuen Wohnanlagen, Hotels, einem Skigebiet und weiteren Einrichtungen.
Kim Jong-un persönlich überwacht die Fortschritte und soll Berichten zufolge kürzlich mehrere hochrangige Beamte aufgrund von Missmanagement entlassen oder degradiert haben.
Chinesische Reiseveranstalter wie Koryo Tours äußern sich positiv über die angekündigte Eröffnung. "Eine Reise nach Nordkorea (DVRK) ist das Nonplusultra unter den Abenteuerreisen", heißt es etwa auf der Website des Unternehmens. Es kündigt detailliertere Informationen zu Reiserouten und Terminen in den nächsten Wochen an.
Diese Entwicklung könnte laut den Veranstaltern "eine neue Ära für den Tourismus in Nordkorea einläuten" und Reisenden die seltene Gelegenheit bieten, eines der isoliertesten Länder der Welt zu erkunden.
Auf Instagram wird von Koryo bereits optimistisch verkündet, dass "Nordkorea die Grenzen für alle Nationalitäten öffnen" werde. Ob dies auch für offiziell zu Feinden erklärte Staaten wie die USA oder Südkorea gilt, bleibt jedoch unklar.
Das Samjiyon-Projekt ist Teil der umfassenden Bemühungen Nordkoreas, den Tourismus anzukurbeln und die Landeswirtschaft zu stärken. Durch die Öffnung der Grenzen und die Einführung von Touristenvisa hofft das Land, dringend benötigte Devisen zu generieren.
Nordkorea gilt als eines der ärmsten und unterentwickeltesten Länder der Welt, was die Bedeutung dieser Einnahmen unterstreicht. Das ist auch mit der Grund dafür, dass es der normalen Bevölkerung in dem Land sehr bescheiden gehen soll.
In Nordkorea gibt es nur wenige Menschen, die nicht unter ärmlichen Verhältnissen leben. Dazu gehört vor allem Machthaber Kim Jong-un und sein Machtumfeld. Normale Bürger:innen führen ein Leben in Armut, Arbeit und in völliger Fremdbestimmtheit. Das zumindest ist das Bild, das sich aus Aussagen Geflüchteter und aus Recherchen ergibt.
Auch für Tourist:innen aber ist diese Welt kaum ersichtlich. Bereits vor der Corona-Pandemie wurden internationale Gäste rigoros von der normalen Bevölkerung ferngehalten. Niemand konnte einfach frei durch das Land reisen. Vielmehr sind Reisen nach Nordkorea vergleichbar mit Führungen an ausgewählte Orte des Landes. Oder ein Urlaub im Skiresort, abgeschottet vom Rest Nordkoreas. So soll nach außen hin ein von Kim Jong-un gewünschtes Bild aufrechterhalten werden. Das wird sich auch nun nicht ändern.
Trotz Öffnung für den Tourismus: Das Auswärtige Amt in Deutschland rät weiterhin dringend von Reisen nach Nordkorea ab. Die Warnungen basieren auf den weitreichenden Grundsätzen für Ausländer, dem hohen Risiko willkürlicher Verhaftungen und der prekären Sicherheitslage, die sich jederzeit verschlechtern kann.
"Eine Kontaktaufnahme zur deutschen Botschaft innerhalb Nordkoreas ist derzeit aufgrund der vorübergehenden Schließung unmöglich. Dies gilt auch im Falle einer Naturkatastrophe", warnt das Amt auf seiner Website.
In Erinnerung geblieben ist vielen jedoch der Fall Otto Warmbier. Er war ein US-amerikanischer Student, der 2016 in Nordkorea wegen angeblichen Vergehens gegen den Staat verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt wurde. Er soll ein Propaganda-Banner gestohlen haben. Nach über einem Jahr in nordkoreanischem Haft wurde er in einem komatösen Zustand freigelassen und starb wenige Tage nach seiner Rückkehr in die USA im Juni 2017.
Obwohl es bislang nicht zu längeren Inhaftierungen deutscher Tourist:innen gekommen ist, sollte man die Warnungen durchaus ernst nehmen.