Mit dem Atomausstieg wurde von Atomkraftbefürworter:innen auch immer wieder ein Schreckensszenario an die Wand gemalt: ein drohender Stromengpass. Ein Jahr nach der Abschaltung der letzten Meiler ist diese Sorge nicht eingetroffen.
Wovor die Bundesrepublik in Zukunft wohl weiter verschont bleiben wird, ist für einen Ort in Brandenburg aber jetzt Realität. Denn der Stadt Oranienburg geht der Strom aus, wie der "RBB" berichtet.
Wer in der wenige Kilometer nördlich von Berlin gelegenen Stadt ein neues Haus oder eine Wohnung an das Stromnetz anschließen möchte, wird sich wohl erstmal mit Akkus oder Stromaggregat behelfen müssen.
Denn die Stadtwerke Oranienburg werden vorerst keine neuen Hausanschlüsse mehr genehmigen, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist. Demnach könne im vorgelagerten Hochspannungsnetz keine ausreichende Leistung für Oranienburg zur Verfügung gestellt werden.
"Damit sind die Versorgungsmöglichkeiten in der Stadt Oranienburg ausgeschöpft", wird Peter Grabowsky, Geschäftsführer der Stadtwerke, zitiert.
Die Konsequenzen müssen nicht nur Neukund:innen tragen. Auch eine Leistungserhöhung bestehender Haushalte ist bis auf Weiteres nicht möglich. Der Einbau von Wärmepumpen oder Ladesäulen für E-Autos ist für Oranienburger damit erstmal vom Tisch.
Betroffen sind außerdem auch neue Gewerbe- und Industrieflächen. Der Strombedarf von Bestandskund:innen sei dagegen von den Maßnahmen nicht betroffen, geben die Stadtwerke Entwarnung.
Der Strommangel hängt laut dem parteilosen Bürgermeister Alexander Laesicke mit der wachsenden Einwohnerzahl der Stadt zusammen. Derzeit sind es knapp 47.700, Oranienburg möchte in den kommenden Monaten auf 50.000 Bewohner:innen anwachsen.
"Der Strombedarf unserer wachsenden Stadt hat sich enorm entwickelt, schneller, als es in der Vergangenheit vorausgesehen wurde", sagt Laesicke. Für die erhöhte Stromnachfrage sei laut Stadtwerken auch das wirtschaftliche Wachstum und der steigende Einbau von Wärmepumpen verantwortlich.
Für den Stromengpass macht die Stadt den Netzbetreiber E.dis verantwortlich, der das Umspannwerk betreibt. Vor über einem Jahr habe man zusätzliche Kapazitäten angefordert – vergebens.
Entlastung bringen soll ein neues Umspannwerk, welches Ende 2026 in Betrieb gehen soll. Für den Neubau habe die Stadtverordnetenversammlung in ihrem Haushaltsbeschluss 13,8 Millionen Euro Eigenkapital zur Verfügung gestellt.
"Die Stadtwerke arbeiten zusammen mit der Hochspannungsnetzbetreiberin E.dis mit Hochdruck an einer Zwischenlösung, um den Engpass zu beseitigen, bis der Neubau des Umspannwerks der Stadtwerke Oranienburg in Betrieb gehen kann", betont Stadtwerkchef Grabowsky.
Von einem generellen Stromengpass in der Region, etwa durch die Abschaltung der Atomkraftwerke, kann indes keine Rede sein. Die ostdeutschen Bundesländer haben der "Welt" zufolge im vergangenen Jahr 94 Terawattstunden Elektrizität verbraucht, aber rund 120 Terawattstunden erzeugt. Sie exportieren somit sogar Strom.