Am Mittwoch ereignete sich eine schwere Tragödie auf der A9 bei Leipzig: Ein Reisebus des Unternehmens Flixbus kam mit insgesamt 53 Passagieren von der Fahrbahn ab. Vier Menschen starben, sechs wurden schwer und 29 leicht verletzt.
Die Suche nach der Unglücksursache stellt Ermittler:innen vor ein Rätsel. Der Bus kam auf gerader Strecke am Schkeuditzer Kreuz von der Fahrbahn ab. Neue Zeugenaussagen liefern bereits erste Erkenntnisse, die den Ermittlern bei der Rekonstruktion des Unfalls helfen könnten.
Bereits am Mittwochmittag hatte ein Polizeisprecher bestätigt, dass der betroffene Bus gegen 9.45 Uhr bei der Kleinstadt Wiedemar rechts von der Fahrbahn abgekommen und auf dem Grünstreifen auf die Seite gekippt war. Erste Erkenntnisse legen nahe, dass kein weiteres Fahrzeug an dem Unfall beteiligt war.
Der Flixbus war auf dem Weg von Berlin nach Zürich, an Bord waren nach Unternehmensangaben zwei Fahrer. Seit acht Uhr lenkte der 62-jährige Hauptfahrer, der auch zur Unfallzeit am Steuer saß. Erste Auswertungen zeigen: Die gesetzlich vorgegebenen Ruhe- und Lenkzeiten seien dabei eingehalten worden.
Eine der insgesamt 53 Passagier:innen des Busses äußerte gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" nun allerdings erste Anzeichen für eine mangelhafte Sicherheit an Bord bereits kurz nach der Abfahrt. Die junge Mutter war mit ihren zwei Söhnen auf dem Weg zu einem Familienbesuch in der Schweiz.
Der Start in Berlin sei ihrem Eindruck nach "holprig" verlaufen, der Fahrer legte nach wenigen Minuten eine Vollbremsung hin und verfuhr sich zunächst. Mehrfach seien dabei auch laute Diskussionen zwischen den beiden Fahrern zu hören gewesen.
An den Unfall kann sich die Zeugin nicht mehr genau erinnern, plötzlich sei sie auf ihrem Sitz hin und her geschleudert worden. Die Betroffene wurde gemeinsam mit ihren Kindern in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht.
"Zunächst müssen zahlreiche Zeugenbefragungen durchgeführt werden. Das wird natürlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen", erklärte eine Polizeisprecherin zum Stand der Ermittlungen.
Noch am Unfallort waren Zeug:innen vernommen worden, welche das Unglück aus einem anderen Reisebus beobachteten und anschließend erste Hilfe leisteten. Zwei der Personen erlitten dabei einen Schock und wurden ebenfalls medizinisch betreut. Die Spurensicherung vermaß zudem das gesamte Unfallgebiet und schickte eine Drohne zur Sichtung weiterer Details in die Luft.
Eine offene Frage ist bisher, ob der verunglückte Bus über das für Reisebusse verpflichtende Spurhaltewarnsystem verfügte. Dieses kann Fahrer:innen warnen, verhindert aber nicht das tatsächliche Abkommen von der Fahrbahn, falls nicht gegenlenkt wird.
Die Polizei ermittelt gegen den Fahrer wegen Verdacht auf fahrlässige Tötung. Hinweise können über ein eingerichtetes Hilfetelefon eingereicht werden. Details über den aktuellen Gesundheitszustand des Fahrers wurden noch nicht veröffentlicht.
Zunächst war am Mittwoch die Rede von fünf Toten gewesen, die Polizei korrigierte die Zahl später jedoch auf vier. "Eine der Polizei zunächst als verstorben vermeldete Person befindet sich in einem lebensbedrohlichen Zustand", teilte ein Sprecher mit.
Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, handelt es sich bei den Todesopfern um vier Frauen. Gewissheit bestehe mittlerweile darüber, dass sich darunter eine 47-jährige Polin und eine 20-jährige Indonesierin mit Wohnsitz in Berlin sowie eine 19-jährige Deutsche aus Bayern befinde. Eine weitere an der Unfallstelle verstorbene Frau konnte demnach bisher noch nicht zweifelsfrei identifiziert werden.
Doch den Ermittlern gibt noch etwas anderes Rätsel auf: Offenbar werden drei Menschen, die laut der Passagierliste in dem Bus sitzen sollten, vermisst.
"Im Verlaufe der rettungsdienstlichen Sichtung, Angabe des Busfahrers und Abtransport der Verletzten durch den Kreisbereitschaftsdienst der DRK und Helikopter (4 Stück) wurde festgestellt, dass 3 Passagiere nicht zu finden waren", berichtet die zuständige Feuerwehr Wiedemar in einem Facebook-Post zum Einsatz.
Eine groß angelegte Suchaktion mit Wärmebildkameras und Helikoptern blieb erfolglos. Unklar sei laut den Einsatzkräften, ob die drei Personen überhaupt in den Bus gestiegen waren.
Das Flixbus-Unternehmen versicherte bereits am Mittwoch die lückenlose Aufklärung des Unfalls. "Unsere Gedanken sind bei allen von diesem Unfall Betroffenen und ihren Angehörigen", schrieb der Konzern bei X. Sechs Personen befinden sich laut Polizei aufgrund schwerer Verletzungen noch in stationärer Behandlung,
(mit Material der dpa)