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DFB-Team: Drei Erkenntnisse, die Julian Nagelsmann in den Tests gesammelt hat

Testspiel: Deutschland - Niederlande am 26.03.2024 im Deutsche Bank Park in Frankfurt Bundestrainer Julian Nagelsmann Deutschland gestikuliert *** Test match Germany Netherlands on 26 03 2024 at Deuts ...
Julian Nagelsmann hat gegen Frankreich und die Niederlande vieles gesehen, was ihm gefallen hat.Bild: IMAGO images / osnapix
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DFB-Team: Diese drei Erkenntnisse hat Nagelsmann in den Testspielen gesammelt

27.03.2024, 12:31
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Als das DFB-Team am 18. März in Frankfurt zusammengekommen ist, gab es viele Fragezeichen. Wie fügt sich Rückkehrer Toni Kroos ein? Wie schlagen sich die neuen Außenverteidiger? Hat die deutsche Nationalmannschaft gegen die Topgegner Frankreich und Niederlande überhaupt eine Chance? Es schwang ein wenig erbaulicher Vibe mit.

Anderthalb Wochen später reisen die Profis zurück zu ihren Vereinen, die Stimmung ist dabei eine gänzlich andere. Denn sowohl in Lyon als auch beim Heimspiel in Frankfurt zeigte die DFB-Elf über weite Strecken überzeugende Leistungen. Gegen den Vizeweltmeister fuhr sie einen 2:0-Erfolg ein, gegen Oranje legte sie ein 2:1 nach.

Zweieinhalb Monate vor dem Beginn der Heim-EM herrscht somit plötzlich Euphorie in Deutschland. Das ist allerdings nicht die einzige Erkenntnis, die Julian Nagelsmann aus der Länderspielpause ziehen kann. Denn in sportlicher Hinsicht stechen vor allem drei Themen heraus.

Das Zentrum funktioniert

Eine der vorab aufgeworfenen Fragen, wie viel Toni Kroos der deutschen Nationalmannschaft noch geben kann, erscheint nach 180 gespielten Minuten nahezu absurd. Der Routinier hat die Bälle im Mittelfeld magnetisch angezogen und mit ebenjener Präzision sowie Ruhe verteilt, wie er es seit einem Jahrzehnt auch im Dress von Real Madrid macht.

Doch nicht nur der 34-Jährige überzeugte mit seinem Passspiel, auch seine Nebenmänner gefielen mit großer Ruhe am Ball. Trotz der Qualität der Gegner hatte das DFB-Team sowohl gegen Frankreich als auch gegen die Niederlande deutlich mehr Ballbesitz, kontrollierte das Geschehen über weite Strecken mit Passstafetten.

26.03.2024, Hessen, Frankfurt/Main: Fußball: Länderspiele, Deutschland - Niederlande, Deutsche Bank Park, Deutschlands Toni Kroos gibt Anweisungen. Foto: Tom Weller/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Der Dirigent ist zurück: Toni Kroos feierte ein starkes Comeback im DFB-Team.Bild: dpa / Tom Weller

Dabei ging es nicht nur quer oder hintenherum. Toni Kroos und seine Kollegen konnten dank cleverer Positionierungen und gut abgestimmter Passwinkel immer wieder linienbrechende Pässe spielen und diese in den sich öffnenden Räumen mit schnellen Direktkombinationen weiterverarbeiten.

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Ein netter Nebeneffekt der sich zumindest über einzelne Phasen erstreckenden Dominanz: Die deutschen Gegner kommen zu deutlich weniger Torchancen. Gegen Frankreich blieb die Nationalmannschaft so erstmals seit einem Jahr ohne Gegentor.

Möglich wurde dies aber auch durch einen klaren Plan in der Arbeit gegen den Ball. Die Gegner wurden durch das Zustellen von Räumen und Passwegen auf die Außenbahnen gelenkt, das Zentrum damit gezielt geschützt. "Was wir in den zehn Tagen gut gemacht haben, ist das tiefe Verteidigen mit einer sehr großen Aktivität für den Ballgewinn", analysierte Julian Nagelsmann bei RTL zufrieden.

Defensiv wie offensiv lässt sich damit resümieren: Das Zentrum funktioniert.

Die Teamchemie stimmt

Spieler, die Fifa Ultimate Team spielen, wissen, wie wichtig die Harmonie zwischen den einzelnen Profis sein kann. Während sich dies an der Konsole aber lediglich auf die Startelf beschränkt, schließt es in der Realität auch die Ersatzbank mit ein.

Natürlich bedarf es einer gewissen Portion Verständnis auf dem Rasen, damit gewisse Abläufe funktionieren. Gerade innerhalb einer Nationalmannschaft, die für ein Turnier mehrere Wochen gemeinsam verbringt, ist aber eben auch die Stimmung abseits des Platzes wichtig.

Stunk und öffentlich geäußerte Unzufriedenheit über eine Reservistenrolle sind da reines Gift. "Der Geist der Mannschaft ist sehr gut", erkennt Julian Nagelsmann in seinem Kader aber keine Indizien für toxisches Verhalten: "Wir haben eine Mischung an Spielern gefunden, die die Rolle, nicht zu spielen, auch akzeptieren und dennoch Gas geben, wenn sie reinkommen."

Sinnbildlich dafür standen etwa Niclas Füllkrug und Pascal Groß, die gegen die Niederlande von der Bank kommend entscheidende Impulse gaben. Der Brighton-Profi brachte mehr Stabilität gegen den Oranje-Druck, der Dortmunder erzielte das Siegtor.

Sinnbildlich für das Einordnen ins große Ganze steht aber auch Joshua Kimmich. Es ist kein Geheimnis, dass der Bayern-Profi am liebsten im Mittelfeldzentrum spielt. Der Bundestrainer braucht ihn aber als Rechtsverteidiger.

26.03.2024, Hessen, Frankfurt/Main: Fu�ball: L�nderspiele, Deutschland - Niederlande, Deutsche Bank Park. Deutschlands Joshua Kimmich am Ball. Foto: Christian Charisius/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Joshua Kimmich präsentierte sich in beiden Länderspielen als zuverlässiger Rechtsverteidiger.Bild: dpa / Christian Charisius

Ohne Murren hat der 29-Jährige diese Rolle angenommen, bekam es dabei direkt mit Kylian Mbappé zu tun. In beiden Testspielen aber waren ihm keine großen Probleme anzumerken, stattdessen brachte er die gewünschte Stabilität auf die rechte Seite.

Im DFB-Team habe sich jeder unterzuordnen, hatte Julian Nagelsmann schon vor Wochen gefordert. Jeder sei "ein Diener für sein Land. Kimmich ist das". Die Auftritte gegen Frankreich und die Niederlande haben gezeigt, dass dies nicht einfach nur dahergesagt war.

Einzelne Probleme bleiben

Wenngleich die Euphorie nach den zwei Siegen groß ist, darf sie doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es durchaus auch noch Luft nach oben gibt. So offenbarte die deutsche Nationalmannschaft gerade gegen die Niederlande noch Probleme in der Verteidigung von Standards.

Die Sicherung des eigenen Zentrums führt zudem zu einem größeren Fokus auf die Außenverteidiger. Maximilian Mittelstädt konnte sich zwar beide Male im Laufe der Partie steigern, hat im tiefen Verteidigen aber noch Verbesserungspotenzial.

Das wiederum dürfte weniger auf die fehlende internationale Erfahrung als vielmehr auf seinen Spielstil zurückzuführen sein. Der Mann aus der Jugend von Hertha BSC hat seine Stärken dank seiner Dynamik sowie seiner Antizipation seit jeher im Vorwärtsverteidigen sowie im Vorwärtsgang mit Ball.

26.03.2024, Hessen, Frankfurt/Main: Fußball: Länderspiele, Deutschland - Niederlande, Deutsche Bank Park, Deutschlands Maximilian Mittelstädt bejubelt seinen Treffer zum 1:1-Ausgleich. Foto: Tom Welle ...
Neuling Maximilian Mittelstädt hat gegen die Niederlande sein erstes Länderspieltor erzielt.Bild: dpa / Tom Weller

Gerade nach vorne bietet Maximilian Mittelstädt trotz seines Treffers zudem noch ungenutztes Potenzial. Während das DFB-Team oftmals den Weg durch das Zentrum gesucht hat, bot er sich oftmals vergebens auf dem linken Flügel als hochstehende Anspielstation an. Der eine oder andere Diagonalball würde das deutsche Offensivspiel unberechenbarer und zielstrebiger machen.

Zu guter Letzt hat der Fokus aufs Zentrum auch noch ein anderes Problem offenbart. Mit Robert Andrich, Toni Kroos, Jamal Musiala, Florian Wirtz, İlkay Gündoğan und Kai Havertz standen sechs Spieler auf dem Feld, die es allesamt gewohnt sind, irgendwo zwischen Sechs, Acht und Zehn zu pendeln.

Vereinzelt standen sich die begnadeten Techniker dabei gegenseitig auf den Füßen, vereinzelt fehlte die Besetzung der Sturmspitze. Es sind Feinheiten, an denen man im Juni arbeiten kann und muss.

Julian Nagelsmann, ohnehin mit einem hervorragenden Auge für derartige Details ausgestattet, wird dies wissen und angehen. Damit es nicht bei einem kurzzeitigen Aufflackern, bei einem Funken von Euphorie bleibt, sondern sich über den Sommer zu einem echten Stimmungsfeuer entwickelt.

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Beim Hamburger SV haben sie die Hoffnung auf den Aufstieg so gut wie aufgegeben. "Bei der Ausgangslage muss jetzt ein Wunder her", sagte Top-Torjäger Robert Glatzel (16 Treffer). "Es liegt nicht mehr viel in unserer Hand, das muss man ehrlich sagen", pflichtete ihm auch Jonas Meffert bei.

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