
Antonio Rüdiger (links) und Jonathan Tah könnten beide im Achtelfinale ausfallen. Bild: imago images / Laci Perenyi
Analyse
Spieler wegen einer möglichen Gelbsperre zu schonen, sagte Julian Nagelsmann vor dem Spiel gegen die Schweiz, sei "das Respektloseste, was du machen kannst". Der Rhythmus solle beibehalten werden, deswegen nehme er auf die Gelb-Situation keine Rücksicht, "weil ich dem Kader vertraue. Die Spieler sollen alles reinwerfen, bis die Regel sie sperrt. Und dann wird ein anderer Spieler reinkommen, der es genauso gut macht".
Am kommenden Samstag werden diese Aussagen auf ihre Wahrhaftigkeit abgeklopft. Jonathan Tah, der verwarnt in die Partie gegen die Schweiz gegangen war, räumte mit einer Flugeinlage Breel Embolo ab, sah dafür berechtigterweise die Gelbe Karte und wird das Achtelfinale verpassen. Auch sein Nebenmann Antonio Rüdiger droht auszufallen. Der 31-Jährige hat sich – womöglich beim Jubeln – eine Muskelzerrung im rechten Oberschenkel zugezogen, wie der DFB am Montag bestätigte.
Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich
hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden?
Hier findest du unseren Broadcast-Channel.
Julian Nagelsmann wird vor der Achtelfinalpartie also in jedem Fall Änderungen an der Startelf vornehmen müssen – offen ist noch, wie viele. Welche Alternativen für die Innenverteidigung sind denkbar?
Nico Schlotterbeck
Der wohl wahrscheinlichste Ersatz ist Nico Schlotterbeck. Der BVB-Profi ist der einzige Innenverteidiger, der bei dieser EM eingewechselt wurde, gegen die Schweiz kam er für Jonathan Tah ins Spiel. Denkbar ist, dass er ihn nun von Anfang an ersetzen wird.
Als einziger Linksfuß unter den Innenverteidigern ist Schlotterbeck prädestiniert für eben jene linke Innenverteidiger-Position. Wie auch Tah ist der 24-Jährige stark im offensiven Verteidigen – stört also den Gegner regelmäßig schon früh, nahe der Mittellinie. Er ist gut im Spielaufbau, mischt sich ins Offensivspiel ein und weiß seinen robusten Körper einzusetzen.

Nico Schlotterbeck gilt als wahrscheinlichster Ersatz. Bild: IMAGO images / Daniela Porcelli
Allzu häufig schleicht sich bei Schlotterbeck aber der Schlendrian ein, verschätzt sich beim Herausrücken und geht fahrig in Zweikämpfe. Dennoch: Mats Hummels sagte im Mai über ihn, es sei "verrückt, wie deutlich zu wenig Wertschätzung dieser Junge immer noch bekommt".
Waldemar Anton
Sollte auch Antonio Rüdiger ausfallen, dürfte Waldemar Anton zusätzlich in die Innenverteidigung rücken. Beim Testspiel gegen die Ukraine, Rüdiger war aufgrund des Champions-League-Finals mit Real Madrid noch abwesend, übernahm er seine Position. Gemeinsam mit Schlotterbeck wird Anton in der kommenden Saison wohl die Abwehr bei Borussia Dortmund bilden, der VfB-Kapitän wechselt zum BVB.

Waldemar Anton könnte wiederum Antonio Rüdiger ersetzen. Bild: dpa / Federico Gambarini
Anton ist ein "Worker", wie ihn sich Nagelsmann gewünscht hat, ein kompromissloser, verlässlicher Verteidiger, der noch dazu Veranlagungen im progressiven Passspiel hat. Anton ist schon 27 Jahre alt, kam bislang aber nur auf zwei Einsätze in der Nationalmannschaft.
Robin Koch
Sein Vater Harry war in den Neunzigern als Innenverteidiger vom 1. FC Kaiserslautern Kult, er, Robin, in einer überaus durchwachsenen Saison von Eintracht Frankfurt einer der wenigen Lichtblicke. Extrem selten: Koch hat nie ein Nachwuchsleistungszentrum durchlaufen, einen Großteil seiner Jugend hat er in der Regionalliga gespielt. Später machte er eine dreijährige Ausbildung zum Industriekaufmann.

Robin Koch dürfte bei Julian Nagelsmann nur die dritte Wahl sein. Bild: imago images/ Chai v.d. Laage
Koch besticht mit seiner Ruhe am Ball, einer guten Technik und Führungsstärke. Als Gesamtpaket aber sicherlich mit Nachteilen im Vergleich zu seinen obigen Kollegen.
Du kennst "Toni Kroos – The Underrated One" noch nicht? Hier kannst du den Trailer zum watson-Podcast hören:
Emre Can
Deutschland wird von dem Julian Nagelsmann trainiert, der bereits auf die Idee kam, Kai Havertz als Linksverteidiger aufzustellen, denkbar wäre also auch, einen Spieler aufzustellen, der kein etatmäßiger Innenverteidiger ist.

Hat sogar schon ein Tor geschossen: Emre Can. Bild: imago images/ Contrast
Emre Can war eigentlich schon im Urlaub und wurde für den erkrankten Aleksandar Pavlović nachnominiert, weil der Bundestrainer noch einen defensiven Spieler im Kader haben wollte. Der BVB-Kapitän ist robust im Zweikampf, aber spielerisch ausbaufähig. In Dortmund hat er schon als Innenverteidiger gespielt, auch neben Nico Schlotterbeck.
Robert Andrich
Unwahrscheinlich, dass Julian Nagelsmann auch sein Mittelfeld umbauen wird, theoretisch könnte aber auch Robert Andrich in die Innenverteidigung gezogen werden. Für den Leverkusener könnten dann Pascal Groß oder Emre Can auf die Sechs rücken.

Robert Andrich, der "Bodyguard" von Toni Kroos. Bild: imago images/ Laci Perenyi
Andrich hat schon unter Xabi Alonso in Leverkusen in der Innenverteidigung gespielt, allerdings als zentraler Part einer Dreierkette. Wäre eher eine Option, falls Julian Nagelsmann während des Spiels umstellen möchte.
Der DFB hat mit der Vertragsverlängerung von Julian Nagelsmann um zwei weitere Jahre die Weichen für die Zukunft gestellt. Im Januar gab der Verband bekannt, dass der 37-Jährige die Nationalelf bis 2028, also bis zur Europameisterschaft in Großbritannien und Irland, betreuen wird. Ursprünglich war sein Vertrag bis zur WM 2026 datiert.