Über Robert Lewandowski ist sich die Führungsetage des FC Bayern München ziemlich einig. Präsident Herbert Hainer zählt ihn zu den "allergrößten der Fußballgeschichte", für Vorstandschef Oliver Kahn ist er "ein Phänomen" und Sportvorstand Hasan Salihamidžić ist stolz, dass er die Geschichte des FC Bayern "um so einmalige Kapitel bereichert hat."
Doch wie lange die Münchner noch über ihren 33-jährigen Angreifer schwärmen können, scheint aktuell mehr als fraglich.
Und ausgerechnet vor der entscheidenden Saisonphase rund um das Champions-League-Achtelfinale gegen RB Salzburg am Dienstagabend köcheln die Spekulationen um den 2023 auslaufenden Vertrag von Lewandowski.
Hinzu kommt eine Reise von Oliver Kahn nach Monaco, die einiges infrage stellt und in den wichtigen Wochen für zusätzliche Unruhe sorgt.
Denn der 52-Jährige bestätigte vor der Partie gegen Bayer Leverkusen am Samstag bei Sky, dass er sich mit Berater Mino Raiola in Monaco getroffen habe. Raiola vertritt Ajax-Top-Talent Ryan Gravenberch, an dem die Münchner interessiert sind, und eben auch Erling Haaland.
"Es ist ganz normal, dass man sich mit dem einen oder anderen Spielerberater trifft. Sie werden verstehen, dass ich öffentlich nicht über Inhalte aus diesen Gesprächen sprechen werde", sagte Kahn.
Dabei machte er deutlich, dass man sich jetzt voll auf den sportlichen Erfolg in der Bundesliga und der Champions League konzentrieren wolle. "Dann werden wir nach und nach schauen." Vertragsgespräche kündigte er dabei für "Frühjahr" an.
In den kommenden Jahren müssen sich die Münchner ohnehin Gedanken über ihre Zukunft im Sturmzentrum machen. Vereinsintern gibt es aktuell niemanden, der als Lewandowski-Ersatz denkbar wäre oder zumindest hinter ihm aufgebaut werden könnte. Mit Haaland im Sturmzentrum wären die Münchner auch in den kommenden Jahren einer der Top-Favoriten auf den Champions-League-Titel.
Nur finanziell wird ein Wechsel des Norwegers für den Rekordmeister mit einer Ablöse von mindestens 75 Millionen Euro plus des Gehalts und eines Handgelds für seinen Berater wohl nicht zu realisieren sein.
Doch ganz ausgeschlossen haben die Bayern-Bosse einen Wechsel bisher auch noch nicht. Wie bereits zuvor Salihamidžić und Hainer machte Kahn deutlich: "Ich habe immer wieder betont, dass ich ungern über Spieler anderer Vereine spreche."
Über ihren eigenen Spieler Lewandowski sprechen sie dafür oft und sehr lobend. Doch wohl nicht mit ihm oder seinem Berater.
Noch vor einem Monat sagte Bayern-Präsident Hainer bei Bild Live, dass er fest davon ausgeht, dass Lewandowski seine Karriere in München beenden wird. Und auch Sportvorstand Hasan Salihamidžić erklärte vor dem Spiel gegen Eintracht Frankfurt vor zwei Wochen, dass sie Lewandowski gern behalten würden.
Nur scheinen die Bayern-Bosse das noch nicht dem Polen gegenüber kommuniziert zu haben. "Das höre ich zum ersten Mal", sagte der 33-Jährige nach dem Sieg in Frankfurt.
Doch auch der Pole hat sich bisher noch nicht ganz klar geäußert, ob er tatsächlich weiterhin in München bleiben will. "Ich bin ruhig und weiß, dass man in meinem Alter auch ruhig bleiben sollte. Ich will mich auf mein Spiel fokussieren. Der Vertrag ist im Hintergrund."
Und sein Spiel ist auch in diesem Jahr wieder überragend. In der Bundesliga traf er in 25 Spielen 28 Mal und in der Champions League erzielte er in sieben Spielen neun Treffer.
Zwar ist Lewandowski bereits im fortgeschrittenen Stürmeralter von 33 Jahren, doch aufgrund seiner professionellen Lebensweise kann er noch einige Jahre auf Top-Niveau spielen.
Das einzige Problem: Die Gehaltskosten der Münchner sind durch die jüngsten Verlängerungen von Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Kingsley Coman trotz Corona-Einbußen bereits gestiegen.
Und es ist unwahrscheinlich, dass Lewandowski seinen Platz als Spitzenverdiener mit geschätzten 20 Millionen Euro Jahresgehalt verlieren möchte.
Sollte Lewandowski tatsächlich nochmal einen Wechsel anstreben, müsste die sportliche Perspektive aber auch passen. Dass Lewandowski einen unangefochtenen Stammplatz hat und die Mannschaft um Titel mitspielt, würde es aktuell lediglich bei Paris Saint-Germain geben. Aber auch nur, wenn Kylian Mbappé zu Real Madrid wechseln würde.
Neben Lewandowski laufen im kommenden Sommer auch die Verträge von Bayern-Urgestein Thomas Müller und Kapitän Manuel Neuer aus.
"Ich weiß nicht, in welche Richtung Oliver Kahn weiter gehen will. Aber die Verhandlungen mit diesen drei Spielern zeigen doch, dass sich da etwas verändert hat. Früher hätte man Klarheit gehabt zu dem Zeitpunkt. Alle drei stehen im Leeren", kritisierte Lothar Matthäus am Sonntag im Fußballtalk Sky90.
Zudem stocken auch die Verhandlungen um eine Verlängerung von Serge Gnabry. Einen weiteren ablösefreien Abgang nach David Alaba, Jérôme Boateng, Javi Martinez und auch Niklas Süle können sich die Münchner eigentlich nicht leisten.
Ein souveränes Weiterkommen in der Champions League gegen Salzburg und ein mögliches Lewandowski-Tor könnte für die Bayern-Bosse sogar unangenehm werden. Denn dann können sie nach dem Spiel nicht wieder nur über den Polen schwärmen, sondern müssen auch die ein oder andere Frage zu seinem Vertrag beantworten.