Die Stars von RB Leipzig bedankten sich nach dem Spiel bei den mitgereisten Fans. Bild: imago images / Mark Cosgrove
Analyse
Marco Rose wollte sich kurz nach dem historischen 0:7-Debakel nicht aus der Verantwortung nehmen. "Wir wollen das so nicht akzeptieren, City war heute eine Nummer zu groß", sagte der Trainer von RB Leipzig nach dem desaströsen Aus im Achtelfinale der Champions League gegen Manchester City. Dabei war die Ausgangslage nach dem 1:1 im Hinspiel gar nicht schlecht.
Doch Leipzig ließ im Rückspiel alles vermissen, was es braucht, um ein Spiel gegen einen der Top-Favoriten auf den Champions-League-Titel zu gewinnen. "Schlecht waren außerdem die Zweikämpfe bei Standards und drumherum, wir hatten gar keine Lösung mit Ball gegen ihr Pressing, wir sind in keine Form von Spiel hereingekommen", sagte Rose.
Sollte Eintracht Frankfurt am Mittwochabend nicht noch ein Wunder gegen den SSC Neapel gelingen, steht der FC Bayern wieder einmal als einziges deutsches Team im Viertelfinale der Königsklasse.
Für Matthias Sammer eine bedenkliche Entwicklung. Der Fußball-Fachmann und externe Berater von Borussia Dortmund schlug nach dem Spiel bei Amazon Prime Video Alarm und rechnete knallhart mit dem deutschen Fußball ab.
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FC Bayern einziges deutsches Team im Viertelfinale
Denn mit dem FC Bayern habe der deutsche Fußball zwar eine Weltklasse-Mannschaft, die auch den Champions-League-Titel gewinnen kann, doch "danach wird die Luft dünner".
Borussia Dortmund schaffte es letztmals in der Saison 2020/21 ins Viertelfinale der Königsklasse, doch auch sie scheiterten damals jeweils mit 1:2 an Manchester City.
"Wenn alle Bundesligisten die Gruppenphase überstehen, dann ist die Bundesliga auf einmal wieder top."
Leipzig-Trainer Marco Rose
In diesem Jahr war für den BVB trotz eines 1:0-Hinspielerfolgs gegen den FC Chelsea nach einer 0:2-Niederlage im Rückspiel Schluss. Zwar hatte Dortmund ähnlich wie Leipzig mit haarsträubenden Schiedsrichterfehlern zu kämpfen, doch insgesamt war die Leistung im Rückspiel ebenfalls nicht gut genug.
Dortmund konnte sich vor einer Woche gegen Chelsea kaum Chancen erspielen und Leipzig war am Dienstag gegen Manchester City hoffnungslos unterlegen.
Zwar haben Chelsea und City dank ihrer milliardenschwerer Eigentümer einen finanziellen Vorsprung, das dürfe laut Sammer aber nicht dazu führen, die deutschen Grundtugenden zu vergessen.
Matthias Sammer analysiert die Champions-League-Spiele bei Amazon Prime. Bild: IMAGO/Picture Point LE
Champions League: Sammer sieht Unterschied wie "Tag und Nacht"
Der Europameister und Champions-League-Sieger prangerte dabei Dinge wie Athletik, Physis und fehlende Siegermentalität an. Ihm sei es in Deutschland viel zu lang darum gegangen, über den Tellerrand hinauszuschauen. "Wir müssen nach Amerika schauen, wir müssen da schauen. Wir müssen überall schauen. Wir haben gar nicht mehr geschaut, was uns eigentlich mal stark gemacht hat."
Stattdessen hätten auch andere Nationen nach Deutschland geschaut und uns gerade in diesen Bereichen den Rang abgelaufen, erklärte Sammer. Der TV-Experte redete sich dazu bei Amazon Prime regelrecht in Rage und konnte nicht einmal von Moderator Sebastian Hellmann gestoppt werden. Besonders bei Manchester City, die immer für ihren ansehnlichen Fußball gelobt werden, bemerkte er eine beeindruckende Entwicklung:
"Sie sind physisch unglaublich präsent, auch von der Beweglichkeit und von der Schnelligkeit her. Hast du diese Physis heute auf dem Platz gesehen? Hast du dieses Tempo gesehen? Hast du diese Zweikämpfe gesehen? Das ist ein Unterschied, wie Tag und Nacht."
Die physischen Unterschiede waren besonders bei Eckbällen eklatant. Fast jeder ruhende Ball sorgte für enorme Torgefahr oder führte zu drei der fünf Treffer von Erling Haaland.
Damit der deutsche Fußball überhaupt wieder in die Nähe eines deutschen Finales wie 2013 zwischen dem BVB und dem FC Bayern komme, müsse man wieder einen Schritt zurückgehen und an grundlegenden Dingen arbeiten, sagte Sammer. Dabei kritisierte er vor allem die Entwicklung, dass plötzlich nur noch mit dem Ball trainiert werde.
"Das heißt doch nicht, dass man das nicht machen kann. Aber wir haben Dinge weggelassen, die über Jahrzehnte auch wissenschaftlich bewiesen waren", fügte er hinzu.
Abgesehen vom FC Bayern gäbe es keine deutsche Mannschaft, die auf europäischer Ebene konkurrenzfähig sei. "Das muss man in aller Sachlichkeit, aber auch in aller Klarheit in den Mittelpunkt stellen", resümierte Sammer.
Champions League: Leipzig-Coach Rose setzt Hoffnungen auf FC Bayern
Leipzigs Trainer Marco Rose wollte diesem Thema aber nicht allzu viel Bedeutung zumessen. "Wenn alle Bundesligisten die Gruppenphase überstehen, dann ist die Bundesliga auf einmal wieder top. Dann ist alles wieder super und hurra", sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Spiel. "Der Gegner, der auf der anderen Seite stand, ist dann auch schon außergewöhnliche Qualität."
Daraus aber eine Ableitung zu schaffen, wie die Bundesliga im Vergleich zur Premier League hinterherhinkt, geht dem 46-Jährigen aber zu weit. "Es ist eine andere Liga- und Finanzstruktur. Wir sollten uns in der Bundesliga vor allem um uns kümmern."
Und so liegen die Hoffnungen von Rose für den weiteren Verlauf der Champions League besonders auf dem FC Bayern. "Wenn die sehr weit kommen und vielleicht noch den ein anderen englischen Vertreter rausschmeißen, dann ist die Bundesliga wieder top."
Und vielleicht ist genau das das große Problem des deutschen Fußballs.
Als Fan des 1. FC Köln ist die bisherige Saison definitiv nicht von Langeweile geprägt. Drei Siege, drei Unentschieden und zwei Niederlagen und Platz sieben ist bisher die Bilanz für Neu-Trainer Gerhard Struber.