Nachlegen wollte Thomas Tuchel am Dienstagmittag nicht mehr. Drei Tage nach seinem jetzt schon legendären Rundumschlag gegen die TV-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann nach dem grandiosen 4:0-Sieg des FC Bayern über Borussia Dortmund hatte der Trainer mit seinem Auftritt die Leistung seiner Mannschaft in den Schatten gestellt.
Er antwortete vor dem Spiel pampig auf die Antworten von Sky-Moderator Patrick Wasserzieher, brach nach dem Spiel das Interview bei Sky mit Moderator Sebastian Hellmann und den Expert:innen Julia Simic und Lothar Matthäus ab und legte auf der anschließenden Pressekonferenz auch nochmal gegen die Experten nach.
Der FC Bayern war in Fußball-Deutschland Gesprächsthema Nummer eins: nur eben nicht wegen seiner Leistungen, sondern wegen der Reaktion des Trainers. Dies hat vor dem Champions-League-Spiel gegen Galatasaray Istanbul am Mittwochabend auch gravierende Folgen für sein Team.
Zwar machte Tuchel auf der Pressekonferenz vor dem Istanbul-Spiel deutlich, dass seine Reaktion "spontan und authentisch" gewesen sei. Man werde immer "geradeheraus eine Antwort und eine Meinung kriegen", fügte er noch hinzu. Weitere Ausraster also vorprogrammiert? Geht es nach Christopher Spall, dann ist das absolut denkbar. "Ich glaube, das war eine bewusste Aktion: Ich schätze ihn als berechnenden Trainer ein", sagt der Marken- und Kommunikationsexperte im Gespräch mit watson.
Das Ziel des Trainers sei durch diese Aktion klar geworden: "Diese Aktion sollte den Gemeinschaftsgeist stärken und ein Ausdruck des Mia san mia sein: Wir gegen die." In der Vergangenheit war eigentlich Uli Hoeneß Vorreiter für diese Parolen, Ex-Trainer Julian Nagelsmann habe diese Rolle hingegen zu wenig ausgefüllt.
Tuchel selbst erfuhr im Nachhinein von allen Bayern-Bossen Unterstützung für seine Reaktion. "Dass Thomas Tuchel das nicht auf sich sitzen lässt, ist vollkommen verständlich, und dabei bekommt er unsere volle Rückendeckung", sagte beispielsweise Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen dem "Kicker". Und laut "Sport Bild" soll selbst Uli Hoeneß zu Hause am Tegernsee "begeistert" von Tuchels Auftritt gewesen sein.
Für Christopher Spall hat Tuchel damit zwar ein Ziel erreicht, jedoch eine gewisse Gefahr nicht bedacht und ein weiteres Problem geschaffen:
Und so müssen die Münchner ihre gute Leistung vom Wochenende auch in der Königsklasse bestätigen. Zumal sie besonders im Hinspiel trotz des 3:1-Erfolgs in der ersten Halbzeit phasenweise von Galatasaray dominiert wurden. TV-Experte Matthias Sammer bereitete diese Leistung "große Sorgen."
Dessen ist sich auch Tuchel bewusst. Ein weiterer Sieg am Mittwochabend würde die Qualikation für das Achtelfinale bedeuten: zum 16. Mal in Folge. "Es gäbe uns riesengroßes Selbstvertrauen, das wäre eine riesengroße Bestätigung, wenn uns das gelingen sollte", bewertete Tuchel. Gleichzeitig fordert er von seiner Mannschaft, wieder an das Limit zu gehen und erneut eine Performance wie gegen den BVB zu zeigen.
Nur so kann der Bayern-Coach seiner Wut-Rede über eine "gewisse Berichterstattung" Nachdruck verleihen. "Unter dem Strich geht es bei der Marke nach wie vor um Leistung: Alles andere als ein Halbfinal-Einzug in der Champions League wird als Niederlage bewertet werden. Da helfen auch keine emotionalen Reden mehr", ordnet Markenexperte Spall ein.
Jetzt muss die Mannschaft mit Leistung glänzen, um ihren Trainer zu überstrahlen.