Julian Nagelsmann freut sich, dass "es laut und emotional" wird. Die letzten beiden Länderspiele in diesem Jahr gegen die Türkei in Berlin (18. November) und in Wien gegen Österreich (21. November) stehen dennoch klar unter dem scharfen Blick der Öffentlichkeit, wie sich die DFB-Elf sieben Monate vor der Heim-EM präsentiert.
"Es sind zwei Tests, die wir nutzen wollen und die unter dem Vorzeichen Emotionalität stehen und das wird sicherlich gut", sagte der Bundestrainer.
Doch schon die Kader-Nominierung lässt aufhorchen. Watson zeigt drei Punkte, die vom Bundestrainer ein deutliches Zeichen in Richtung Europameisterschaft im eigenen Land sind.
Schon im Rahmen seiner ersten Länderspiele gegen die USA und Mexiko nominierte Julian Nagelsmann mit Marc-André ter Stegen, Kevin Trapp, Oliver Baumann und Bernd Leno gleich vier Torhüter. Am Ende machte jedoch ter Stegen beide Spiele über 90 Minuten und unterstrich seine Rolle als Nummer 1. Und dennoch veränderte Nagelsmann das Torwart-Quartett.
Dass Manuel Neuer nicht sein Comeback im DFB-Team feiern wird, war bereits klar. Neuer selbst erklärte, dass er die Zeit für sich brauche, "um die Wunden zu pflegen". Stattdessen berief Nagelsmann Janis Blaswich von RB Leipzig in den Kader. "Seine Art hat mir immer sehr imponiert", sagte der Bundestrainer in einem verbandseigenen Video. Bernd Leno wurde nicht nominiert.
Zwar stehen Neuer, Nagelsmann und Torwarttrainer Andreas Kronenberg immer wieder in Kontakt, doch diese Nominierung dürfte ein klarer Fingerzeig sein, dass eine Rückkehr ins DFB-Team für Neuer noch schwieriger wird.
Nagelsmann sucht eher jetzt schon nach geeigneten Persönlichkeiten, die sich ohne Murren hinter Marc-André ter Stegen einordnen: der Nummer 1 im Tor der deutschen Nationalmannschaft. Und Blaswich kennt diese Rolle zu gut. In Leipzig war der 32-Jährige die Nummer 2 hinter Stammtorhüter Péter Gulácsi, ersetzte ihn nach seinem Kreuzbandriss im Oktober 2022 aber so gut, dass er aus dem Tor der Sachsen aktuell nicht wegzudenken ist.
Doch die Tür für Manuel Neuer ist noch nicht ganz zu: "Wir hoffen alle, dass er bis zur nächsten Länderspielpause extrem konstant spielt und dann sind es wieder ganz andere Vorzeichen", sagte Nagelsmann.
Während Hansi Flick Nico Schlotterbeck noch große Stück auf Nico Schlotterbeck gehalten hatte, spielt der Dortmunder unter Julian Nagelsmann keine Rolle mehr.
"Bei Nico sehe ich ein außergewöhnliches Talent. Er muss die maximale Konstanz auch im Klub reinbringen", sagte Nagelsmann bereits nach der ersten Nominierung. Doch das ist dem 23-Jährige bisher nicht gelungen. Besonders bei der 0:4-Heimklatsche gegen den FC Bayern machte er keinen guten Eindruck und leistete sich bereits den ersten Fehler nach vier Minuten, der die Bayern in Führung brachte.
Zwar ist er im Verein weiterhin gemeinsam mit Mats Hummels gesetzt, doch bei Julian Nagelsmann hat Süle trotz geringerer Spielzeit die Nase vorn.
Fakt ist: Schlotterbeck muss sich bis zu den nächsten Partien im März enorm steigern, wenn er bei der Heim-EM dabei sein möchte. Denn: "Dann wird der Kreis etwas konzentrierter", sagte der Bundestrainer.
Doch auch eine andere Baustelle überrascht: Julian Nagelsmann nominierte mit Robin Gosens und Benjamin Henrichs lediglich zwei gelernte Außenverteidiger, David Raum bleibt diesmal zu Hause. Zwar spielte Niklas Süle die vergangenen Partien bei Borussia Dortmund ebenfalls hinten rechts, doch seine Paradeposition ist das definitiv nicht.
Vieles deutet darauf hin, dass es Nagelsmann im DFB-Team noch einmal mit einer Dreierkette versuchen könnte. Auf den Positionen der äußeren Schienenspieler würden sich dann neben Gosens und Henrichs mit Serge Gnabry, Jonas Hofmann und Pascal Groß noch weitere Optionen anbieten.
Als Hansi Flick das System in den Länderspielen im Juni ausprobierte, gab es ein Unentschieden und drei Niederlagen.
"Er bringt einen guten Grad an Verrücktheit rein, die wir auch brauchen", begründet Nagelsmann die doch überraschende Nominierung von Marvin Ducksch. Doch der Bremer Angreifer zeigte sich zuletzt formstark. Aktuell steht er bei vier Toren und vier Vorlagen.
"Durch seine Leistungen, die er stabilisiert hat, hat er auch Bremen wieder stabilisiert", lobt der Bundestrainer den 29-Jährigen und seine Qualitäten im Abschluss und bei Standards.
Im Angriff setzt er somit auf die spielerische Variante und vertraut auf das Verständnis mit Niclas Füllkrug. Zusammen bildeten sie in der vergangenen Saison bei Werder Bremen eines der gefährlichsten Offensivduos der Liga.
Im Rahmen seiner ersten Länderspiele nominierte er mit Kevin Behrens noch einen kopfballstarken Spieler. Doch Behrens erzielte sein letztes Tor für Union Berlin am zweiten Spieltag. Er wird wohl nicht wieder nominiert werden.
"Auf dem Weg zur EM wollen wir einen zweiten, dritten richtigen Stürmer dabeihaben und da haben wir einfach drei, vier, fünf Kandidaten, aber eben nicht allzu viele Maßnahmen, da müssen wir ein bisschen wechseln", erklärte Nagelsmann.