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DFB-Pokal-Finale: Dortmunds Dirigent Dahoud will den Titel und ins DFB-Team

Dortmund's Mahmoud Dahoud controls the ball during the German Bundesliga soccer match between FC Schalke 04 and Borussia Dortmund in Gelsenkirchen, Germany, Saturday, Feb. 20, 2021. (Leon Kuegele ...
Mo Dahoud ist einer der wichtigsten Spieler beim BVB.Bild: ap / Leon Kuegeler
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Dortmunds Dirigent Dahoud will den Titel und im DFB-Team den Kampf mit den Bayern-Stars aufnehmen

13.05.2021, 16:4513.05.2021, 19:11
constantin eckner
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Trotz einer durchwachsenen Saison für Borussia Dortmund gab es einige wenige Glanzlichter im Team des BVB. Zu diesen gehört ganz unbestritten der 25-jährige Mittelfelddirigent Mahmoud Dahoud, der sich seit Ende Januar zunehmend in den Fokus gespielt hat.

Dahoud mag aufgrund seiner teils feingeistig wirkenden Spielweise nicht bei jedem Fan und Experten gut ankommen, aber er bietet bei weitem mehr als feine Pässe und Pirouetten. Dahoud ist das, was gemeinhin als ein moderner Mittelfeldspielspieler angesehen wird. Er kombiniert fußballerische Klasse mit taktischer Intelligenz und der notwendigen Zweikampfintensität.

"In der Vergangenheit habe ich nicht immer eine faire Chance erhalten."
BVB-Star Dahoud über seinen ständigen Wechsel zwischen Startelf und Ersatzbank

Genau deshalb ist er momentan aus Dortmunds Zentrum nicht mehr wegzudenken und sogar ein Kandidat für die deutsche Nationalmannschaft.

Im Oktober feierte er sein Debüt für die DFB-Auswahl gegen die Türkei, war aber in der letzten Länderspielphase im März nicht mit dabei. Dahoud ist also noch weit von einem Stammplatz oder dergleichen entfernt, aber er befindet sich zumindest auf dem Radar von Bundestrainer Joachim Löw. Eine herausragende Leistung heute Abend im Pokalfinale, in dem Dortmund auf RB Leipzig trifft, könnte Dahoud eventuell direkt in den Kader für die anstehende Europameisterschaft katapultieren.

Inkonstanz als konstanter Begleiter

Dass Dahoud im Alter von 25 Jahren überhaupt um einen Platz im deutschen Nationalteam kämpfen muss, ist auf eines der größeren Mysterien der jüngeren deutschen Fußballgeschichte zurückzuführen. Als der im syrischen Amûdê‎ geborene Mittelfeldspieler einst als Teenager mit Borussia Mönchengladbach in der Champions League auf Juventus traf und mit seinen präzisen Pässen und elegantem Spielstil ganz Europa ins Schwärmen brachte, war der Weg für Dahoud eigentlich vorgezeichnet.

Doch so wirklich konnte er nie Konstanz in seine Leistungen bringen. Talent war immer vorhanden, weshalb Dahoud auch 2017 von Borussia Dortmund verpflichtet wurde. Aber bei den Schwarzgelben kam der Hochbegabte nie wirklich in Fahrt. Selbst als sein großer Förderer Lucien Favre das Traineramt beim BVB ein Jahr später übernahm, konnte Dahoud nur selten eine tragende Rolle im Team übernehmen.

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Ex-Trainer Lucien Favre (re.) gilt als einer der größten Förderer Dahouds.Bild: www.imago-images.de / Revierfoto

Verletzten sich etatmäßige Mittelfeldspieler, stand er natürlich auf dem Rasen, tauchte aber oft ab oder knüpfte an einzelne gute Leistungen nicht an. Es blieb ein Mysterium, warum Dahoud sein Talent nicht ausschöpfen konnte, wenngleich er selbst die Schuld nicht nur bei sich sieht. "In der Vergangenheit habe ich nicht immer eine faire Chance erhalten. Oft habe ich ein gutes Spiel gemacht und bin dann für ein paar Wochen wieder auf die Bank gesetzt worden. So kannst du gar keine Konstanz reinkriegen", sagt Dahoud kürzlich gegenüber Sport1.

Der BVB selbst dachte schon über einen Verkauf nach, hielt aber doch weiter an ihm fest. Zumindest als Backup war Dahoud brauchbar, wenngleich auf seine Weise überqualifiziert. Mittlerweile wird in Dortmund darüber spekuliert, dass der noch bis 2022 laufende Vertrag verlängert werden soll. Auch wenn zwischen beiden Seiten bis dato keine ernsthaften Gespräche diesbezüglich stattfanden, sollen sowohl Verein als auch Spieler einer weiteren Zusammenarbeit zugeneigt sein.

Durchbruch in Sevilla

Der Grundstein für diese Wende in Dahouds Karriere wurde im vergangenen Frühjahr gelegt. Nach der Corona-bedingten Zwangspause absolvierte er drei hervorragende Partien für den BVB und war mit dafür verantwortlich, dass Dortmund beim direkten Aufeinandertreffen mit Bayern München Ende Mai noch Chancen auf die deutsche Meisterschaft hatte. Die Partie gegen den Rekordmeister ging verloren und Dahoud musste anschließend mit einer Knieverletzung den Rest der Saison pausieren.

Es war wie in einer griechischen Tragödie. Nach all der Zeit auf der Ersatzbank zeigte Dahoud endlich sein Talent, nur um dann wieder aus der Bahn geworfen zu werden. Große Hoffnung keimte bei den BVB-Fans nicht auf, denn Dahoud hatte schon zu oft enttäuscht und war nach ein paar anständigen Leistungen untergetaucht. Der Start in die aktuelle Spielzeit verlief nach dem alten Muster. Nach ein paar Einsätzen saß Dahoud im Dezember und Januar vornehmlich draußen. In dieser Zeit wurde auch Ziehvater Favre vor die Tür gesetzt. Es schien so, als würde es kein Happy End für Dahoud geben – bis zu jenem Februar-Abend in Sevilla.

"Er fordert die Bälle, das ist ganz wichtig. Er hat keine Angst, auch mal mutige Bälle zu spielen. Das ist schon eine gute Qualität. Wir erwarten natürlich, dass er das beibehält."
BVB-Sportdirektor Michael Zorc lobt und fordert Konstanz in Dahouds Leistung

Beim 3:2-Sieg gegen die spanische Spitzenmannschaft tauchte Dahoud fast wie aus dem Nichts wieder auf der europäischen Bühne auf. Er erinnerte noch immer an den feinen Fußballer, der einst Juventus schwindlig spielte, war aber zugleich – wohl auch aufgrund der vielen Rückschläge – gereift. Seitdem ist Dahoud ein wichtiger Anker im Mittelfeld der Dortmunder und mittlerweile der Inbegriff des polyvalenten Zentrumsspielers.

"Am Ball hat Mo große Fähigkeiten. Aber auch wie er gegen den Ball gearbeitet hat und den Gegner unter Druck gesetzt hat, sodass die Wolfsburger nicht aus dem Halbfeld flanken konnten, das war ein Schlüssel zu den drei Punkten", sagte BVB-Cheftrainer Edin Terzić nach dem 2:0-Sieg gegen den Tabellennachbarn aus Wolfsburg vor wenigen Wochen.

1. BUNDESLIGA BOR. DORTMUND - RB LEIPZIG Mahmoud Dahoud BVB, Marcel Sabitzer RBL, Emil Forsberg RBL. Aktion 08.05.2021, Fussball GER, Saison 20/21, 1. Bundesliga, 32. Spieltag, Signal Iduna Park, Bor. ...
Im Liga-Duell setzte sich Dahoud (vorn) mit dem BVB gegen die Leipziger Sabitzer und Forsberg durch.Bild: Uwe Kraft/Pool / imago images

Kleine Restzweifel bleiben

Nun kommt es aber darauf an, dass Dahoud genau daran noch einmal anknüpft und in den verbleibenden drei Partien seine Qualitäten zeigt. Seine Pässe verbinden die Mannschaftsteile im Dortmunder Team, sein intelligentes Stellungsspiel hilft etwa dem noch jüngeren Nebenmann Jude Bellingham und seine Arbeit nach hinten ist ein Segen für den nicht immer sattelfesten Sechser Emre Can. Dahoud ist also nicht mehr nur ein hochgradig eleganter Fußballer, sondern auch einer, der seine Begabung zum Wohle der gesamten Mannschaft nutzt.

Und auch für das DFB-Team könnte Dahoud für die EM im Sommer eine echte Option sein. Nachdem unklar ist, ob Leon Goretzka nach seinem Muskelfaserriss überhaupt rechtzeitig fit wird, ist auch ein Dahoud in Top-Form ein Kandidat für die Startelf oder zumindest für einen Kurzeinsatz, um für frische Impulse aus dem Mittelfeld zu sorgen. Sollte Bundestrainer Jogi Löw von einer Dreier/Fünfer-Abwehrreihe abrücken und so einen zusätzlichen Spieler im Mittelfeld installieren, würde Dahoud mit seiner offensiveren Spielweise gut zu Kroos, Kimmich und Gündogan passen. "Ich hoffe, dass es reicht. Am Ende wird man sehen, ob ich dabei bin oder nicht", sagte Dahoud, der nur lobende Worte für Jogi Löw hatte, bei Sport1.

In Dortmund schwärmen immer mehr von der großen Wiederentdeckung der Pandemie-Zeit, wenngleich leichte Restzweifel weiterhin bestehen. "Mo spielt endlich seinem Talent entsprechend", meint Sportdirektor Michael Zorc. "Er fordert die Bälle, das ist ganz wichtig. Er hat keine Angst, auch mal mutige Bälle zu spielen. Das ist schon eine gute Qualität. Wir erwarten natürlich, dass er das beibehält."

Den letzten Satz hat sich Dahoud durch die jahrelange Inkonstanz quasi hart erarbeitet. Ist er nun zum Ende der Saison noch einmal der Dahoud der letzten Wochen, dann wird sich aber Zorc vielleicht künftig diese Bemerkung verkneifen und auch der Bundestrainer wird keine Bedenken bei der Nominierung haben.

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