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Frauen-WM: DFB-Team unter Druck – Sportpsychologe warnt vor besonderer Situation

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Die deutsche Nationalmannschaft muss das letzte WM-Gruppenspiel gewinnen, um sicher ins Achtelfinale einzuziehen. Bild: imago images / eibner pressefoto / Memmler
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DFB-Frauen bei WM unter Druck: Sportpsychologe warnt vor besonderer Situation

02.08.2023, 16:23
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Für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft ist klar, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Südkorea am Donnerstagmittag stehen die DFB-Frauen gehörig unter Druck. Alles andere als ein Sieg und der Einzug ins WM-Achtelfinale wären ein Desaster.

Ähnlich, wie es das Männer-Team beim Turnier 2018 in Russland erlebt hatte, als sich die Spieler siegessicher gegen Südkorea gaben, 0:2 verloren und dadurch als amtierende Weltmeister als Gruppenletzter ausschieden.

DFB-Spielerinnen besinnen sich laut Psychologe auf ihre Stärken

Da Südkorea bisher bei null Toren und null Punkten steht, können die DFB-Frauen zumindest nicht mehr auf dem letzten Platz landen. Aber: "Der Druck ist da, das haben wir uns selbst zuzuschreiben", sagte Mittelfeldspielerin Melanie Leupolz auf einer Pressekonferenz vor dem Spiel.

Doch trotz allem Druck wirken die Spielerinnen und Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg nach außen gelassen. "Die Spielerinnen besinnen sich so auf ihre Stärken und beschäftigen sich mit dem, was für sie hilfreich ist", ordnet René Paasch im Gespräch mit watson ein. Der Sportpsychologe arbeitet seit einigen Jahren mit zahlreichen DFB-Spielerinnen und Bundesliga-Profis zusammen.

DFB-Spielerinnen suchen besonders Kontakt zu Sportpsychologen

Doch Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf warnt bereits vor einer zu entspannten Herangehensweise gegen die Asiatinnen und kann aus dem Druck auch noch etwas Positives ziehen. "Wenn man zu locker ins Spiel geht, wird das auch nix", sagt sie auf der Pressekonferenz vor dem Spiel. Und so herrscht auch bei Torhüterin Merle Frohms und Abwehrspielerin Sjoeke Nüsken die totale Überzeugung, "dass wir das Spiel gewinnen werden."

Für Paasch ist das die optimale Herangehensweise an die Situation, da die Spielerinnen sowieso nur die Gegenwart beeinflussen können.

Prof. Dr. René Paasch
Sportpsychologe René Paasch arbeitet mit DFB-Spielerinnen und Fußballprofis in Deutschland und Europa.bild: privat

Auch Verteidigerin Kathy Hendrich wollte das Kolumbien-Spiel schnell hinter sich lassen und nach vorn schauen. "Wir wollen nicht zweifeln, sondern mit Selbstvertrauen ins letzte Spiel gehen", betonte sie auf einer Pressekonferenz.

Gleichzeitig merkt der Sportpsychologe an, dass er eine gewisse Unruhe wahrnehme. Zwar ist mit Rekord-Nationalspielerin Birgit Prinz eine Teampsychologin vor Ort, doch das reiche laut Paasch nicht aus. Denn die Spielerinnen würden auch während des Turniers den Kontakt zu ihm suchen. Auch sie würden die Einschaltquoten und generelle Euphorie im Frauenfußball in Deutschland im weit entfernten Australien mitbekommen.

"Sie suchen ganz besonders die Unterstützung, wie sie es hinbekommen, an Tag X zu funktionieren", erzählt Paasch. In der Vorbereitung geht es immer um Situationen, die nicht kommen werden und solche, die definitiv auftreten.

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DFB-Frauen: Insider bemängelt bestimmte Strategie

Eine solche Situation könnte auch ein unerwarteter Rückstand sein, der bei einer gleichzeitigen Führung von Marokko im Parallelspiel gegen Kolumbien das Aus bedeuten würde. Dann gilt es für das deutsche Team, nicht in Panik zu verfallen und eine Strategie bereit zu habe. Dass es im Team eine solche Strategie gibt, sieht der erfahrene Sportpsychologe aber nicht.

"Der Schwerpunkt der Arbeit der Kollegin ist problemorientiert. Die Vorbereitung auf Rückstände, Konflikte oder Elfmeterschießen findet häufig nicht statt. Und dann ist die Frage, wie viel Einfluss kann Birgit Prinz nehmen?" Dadurch, dass sich die DFB-Spielerinnen nur selten im Jahr sehen, könne zur Psychologin auch keine Vertrautheit entstehen, um wirklich Gespräche zu führen.

Doch nur mit einem klaren Kopf können die DFB-Frauen auch wirklich ihr Ziel, den WM-Titel, erreichen. "Du musst nicht die beste spielerische Mannschaft sein. Du musst die beste Mannschaft sein, die vom Kopf her klar ist, und bereit ist, ungewöhnliche Wege zu gehen und dich zu zerreißen."

DFB-Team: Experte widerspricht Einschätzung von Oberdorf

Doch die Fallhöhe ist groß. Seit der erfolgreichen EM im vergangenen Jahr ist der deutsche Frauen-Fußball in Deutschland wieder auf einer Euphoriewelle. Gedanken daran, dass diese durch ein vorzeitiges WM-Aus gebrochen werden kann, will Paasch bei seinen Spielerinnen nicht zulassen: "Das ist kein Szenario, was aktuell eine relevante Größe darstellt."

"Wenn man in einer Mannschaft Begeisterung verspürt, sich für dieses Land einsetzt und jeden Grashalm umpflügt, dann werden sie diese Begeisterung aufrechterhalten", sagt Paasch. Eine Herausforderung, an der die Männer-Nationalmannschaft seit 2018 scheitert.

Doch an ein Scheitern denkt Lena Oberdorf gar nicht. "Wir wissen, was wir können. Deutschland ist keine Nation, die zittern muss. Egal, in welches Spiel sie geht", sagte sie bereits direkt nach dem Kolumbien-Spiel. Eine Denkweise, die auch beim Männerteam vorherrschte – zumindest bis zum WM-Aus gegen Südkorea 2018.

Eine Aussage, die der Sportpsychologe zwiespältig einordnet. Einerseits lobt er das Selbstbewusstsein der 21-Jährigen, anderseits sei Deutschland schon seit Jahren keine Turniermannschaft mehr: egal, ob Männer- oder Frauenteam.

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DFB-Star Lena Oberdorf gibt sich vor dem entscheidenden Gruppenspiel sehr optimistisch.Bild: imago images / Eibner-Pressefoto / Memmler

"Der Frauenfußball hat sich immens entwickelt und es gibt viele großartige Nationen, die teilweise noch mehr in den Frauenfußball investieren als Deutschland. Auch beim Spiel gegen Kolumbien wurden wir auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt", stellte Paasch fest.

Und so beschwört Marina Hegering, die nach ihrer Fersenverletzung wieder für die verletzte Sara Doorsoun in die Startelf rücken wird, den starken Zusammenhalt im Team und die Defensivlust. "Wir haben viel in eigenener Hand und müssen nicht mit einem bestimmten Ergebnis gewinnen", sagt sie im Interview mit Sky. Für die 32-Jährige ist es ein "gesunder Druck".

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