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Nach über zwei Jahren unter Hansi Flick ist am Samstagabend endgültig eine neue Ära in der deutschen Nationalmannschaft angebrochen: Julian Nagelsmann stand im US-amerikanischen Hartford erstmals als Bundestrainer an der Seitenlinie. Sein Debüt darf als gelungen bezeichnet werden.
Gegen die USA lief das DFB-Team nach einem Traumtor von Christian Pulisic zwar zunächst einem Rückstand hinterher, ließ sich davon aber nicht beirren. İlkay Gündoğan, Niclas Füllkrug und Jamals Musiala drehten die Partie, am Ende stand ein verdienter 3:1-Auswärtssieg.
"Ein richtig guter Auftritt", fasste RTL-Kommentator Marco Hagemann zum Schlusspfiff treffend zusammen. Lothar Matthäus legte noch einen drauf: "Das Spiel hat mich erwärmt, so macht Fußball Spaß." Dem gibt es nichts entgegenzusetzen, sehr wohl aber lässt sich noch so einiges hinzufügen.
Denn der DFB-Elf gelang nicht einfach nur ein Auswärtssieg, sie überzeugte über weite Strecken auch in vielerlei Hinsicht. Ihrem neuen Übungsleiter lieferte sie damit einige Erkenntnisse. Drei springen besonders ins Auge.
Gerade in der ersten Halbzeit lief sehr viel über Leroy Sané. Der Offensivmann startete in der 4-2-2-2-Formation nominell als zweite Spitze an der Seite von Niclas Füllkrug. Tatsächlich wirbelte er vor allem vom rechten Flügel aus kommend.
Dort war ihm das Selbstbewusstsein anzusehen, das er sich in den ersten Saisonwochen beim FC Bayern erarbeitet hat. Sané war wendig, dribbelstark und praktisch nicht zu halten. Zog er das Tempo an, kreierte er im Alleingang Gefahr.
Symbolisch dafür steht der Treffer zum 1:1, den der Flügelflitzer mit einem beherzten Sololauf inszenierte. In dieser Verfassung ist der 27-Jährige inmitten einer talentierten Angriffsreihe der Unterschiedsspieler. Nagelsmann wird es mit Freude registriert haben.
Noch mehr dürfte ihm aber gefallen haben, wie viel Spielfreude seine aufgebotene Offensivreihe gerade im zweiten Durchgang entwickelt hat. "Wir haben fußballerisch schon einen sehr guten Schritt gemacht", strahlte der Bundestrainer nach der Partie.
Florian Wirtz, Musiala, Gündoğan und Sané konnten teils gefällig kombinieren, auch Füllkrug wusste sich in Kombinationen mit einzubinden. Zumindest die offensive Spielidee ihres neuen Übungsleiters scheinen die DFB-Kicker bereits gut verinnerlicht zu haben.
Und so haben die Ansätze Nagelsmanns dem Team offenbar auch schon eine gewisse Überzeugung verliehen und das in den vergangenen Jahren verlorene Vertrauen in sich selbst zurückgebracht. Führte ein Gegentor in den letzten fünf Jahren oftmals zum kompletten Einbruch, schüttelte sich das DFB-Team am Samstag einmal kurz und schlug dann eindrucksvoll zurück.
"In einigen Szenen hat es echt gut geklappt, in einigen aber auch noch weniger gut", mahnte Gündoğan an, dass es trotz des guten Gesamteindrucks auch noch Nachholbedarf gibt. Und das zu Recht. Denn gerade im ersten Durchgang offenbarte die deutsche Nationalmannschaft noch Probleme in der Arbeit gegen den Ball.
So boten sich den US-Amerikanern hinter der ersten Pressinglinie immer wieder Räume, sie guckten sich dabei die Außenverteidigung als Schwachstelle aus. Speziell Tah als gelernter Innenverteidiger, der über einen entsprechenden Körperbau verfügt, hatte mit den wendigen, dynamischen Flügelspielern Probleme. So fehlte auf seiner Seite der Zugriff, bevor Pulisic die USA in Führung brachte.
Man habe in der Defensivarbeit "nicht alles richtig gemacht", analysierte Nagelsmann nach der Partie. Genau genommen hatte er es sogar schon im ersten Durchgang erkannt – und seiner Mannschaft einen passenden Lösungsansatz an die Hand gegeben: Ein geduldigeres, sichereres Passspiel, das dem Gegner weniger Chancen zum Kontern einräumt.
"Sie haben ihre linke Angriffsseite gut überladen. Das haben wir dann angepasst, das hat gut funktioniert. Da haben wir ihnen die Kontersituationen nicht mehr gegeben", lobte Mats Hummels die Anpassungen vom Bundestrainer.
Der darf sich nach seinem Debüt bestätigt fühlen. Die Richtung unter Nagelsmann stimmt. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gilt es, dies gegen Mexiko zu bestätigen.
