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Investoren-Einstieg bei der DFL: Wieso Fußball-Deutschland gespalten ist

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Die Fans in den Bundesliga-Stadien kritisierten in den letzten Wochen die DFL-Pläne zum Investoren-Einstieg, wie hier in Stuttgart.Bild: Imago Images / Sportfoto Rudel
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Investoren-Einstieg bei der DFL: Wie gespalten die Meinung in Fußball-Deutschland ist

24.05.2023, 07:35
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Wenn die 36 deutschen Profi-Vereine der 1. und 2. Bundesliga am Mittwoch zur außerordentlichen DFL-Mitgliederversammlung in Frankfurt zusammenkommen, geht es um die Zukunft des deutschen Fußballs. Zumindest, wenn man die öffentlichen Äußerungen der letzten Wochen beobachtet.

Der wichtigste Punkt auf der Tagesordnung: Die Klub-Bosse stimmen darüber ab, ob die DFL sich einen Investor ins Boot holen soll oder nicht. Über eine dann zu gründende Tochtergesellschaft, in der die TV-Rechte gebündelt sind, sollen zwei Milliarden Euro an die DFL fließen. Einen Teil würden auch die Klubs kassieren. Allerdings würde ein Investor im Gegenzug 12,5 Prozent der Anteile an der Tochtergesellschaft für 20 Jahre erhalten und dadurch an den Erlösen der TV-Rechteverwertung beteiligt werden.

Zwei Milliarden Euro sollen wieder investiert werden

Die Idee klingt einleuchtend: Der neue, strategische Partner soll durch sein Netzwerk und seine Expertise für höhere Erlöse sorgen und würde an diesen wiederum beteiligt werden. Außerdem will die DFL mit dem eingenommenen Geld die Digitalisierung vorantreiben, eine eigene Streaming-Plattform aufbauen.

Einen weiteren Teil des Geldes sollen die Klubs zweckgebunden für neue Infrastruktur und Auslandsvermarktung nutzen dürfen. Vereine, die bereits eine moderne Infrastruktur haben, dürfen das Geld auch für den Spielerkader verwenden – ein Vorteil für große Klubs, die sich schon neu aufgestellt haben.

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Obwohl die Vereine also in Zukunft mehr Geld bekommen könnten, sind einige Klub-Bosse skeptisch. Oke Göttlich, Präsident von Zweitligist St. Pauli, bemängelt beispielsweise gegenüber dem "Hamburger Abendblatt", dass er noch "viele Fragen zu dem geplanten Einstig von Investoren" habe. Ihm zufolge sei noch keine klare Strategie ersichtlich, welche Ziele die DFL mit einem Investoren verfolge.

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St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich äußerte sich klar gegen einen Investoren-Einstieg bei der DFL.Bild: Imago Images / Torsten Helmke

Zusätzlich äußerte er im "Spiegel"-Interview die Bedenken, dass den Profi-Klubs durch das neue Geld nicht geholfen werde: "Wir schütten mit Geld unsere eigentlichen Probleme zu." Der Vorwurf: Kurzfristig würde sich etwas ändern, aber nicht strukturell.

Auch die Vereinsführung vom 1. FC Köln hat sich gegen einen Investoren-Einstieg gestellt. Präsident Werner Wolf sieht beim Zeitraum über 20 Jahre die Entscheidungsfreiheit der beiden Bundesligen gefährdet. Allein diese beiden Äußerungen zeigen, dass trotz winkender Mehr-Einnahmen einige Profi-Klubs zögern.

"In wenigen Jahren wird das Geld weg sein und dazu beigetragen haben, dass die Gehälter von Spielern, Beratern und Managern noch weiter explodieren."
Fan-Forscher und watson-Kolumnist Harald Lange über die Folgen eines Investoren-Einstiegs bei der DFL

Das Argument, das Investoren-Befürworter wie BVB-Boss Hans-Joachim Watzke immer wieder hervorbringen: Durch mehr Geld kommen mehr Stars. Als Folge würde die Liga besser und gleichzeitig auch attraktiver werden. Aber stimmt das?

DFL-Investor: Fanforscher mahnt emotionale Diskussion an

Für Fan-Forscher und watson-Kolumnist Harald Lange greift diese Argumentation zu kurz. Demnach werde die erwartete Finanzspritze von zwei Milliarden Euro den Fußball in Deutschland weder verbessern noch konkurrenzfähiger machen. "Einfach deshalb, weil die Fehler und Ursachen der verschlafenen internationalen Vermarktung mit der Milliardenspritze nicht gelöst werden können. In wenigen Jahren wird das Geld weg sein und dazu beigetragen haben, dass die Gehälter von Spielern, Beratern und Managern noch weiter explodieren."

Fanforscher Harald Lange.
Fan-Forscher und watson-Kolumnist Harald Lange sieht einen Investoren-Einstieg bei der DFL kritisch.Bild: Uni Würzburg

Lange mahnt auch, dass der mögliche Investoreneinstieg aktuell zu emotional diskutiert würde. Er forderte gegenüber watson vielmehr eine Grundsatzdebatte. Darin müsse die Frage beantwortet werden: Welchen Fußball wollen wir? "Erst danach macht es Sinn über Investoren oder Strukturreformen zu sprechen", erklärt Lange.

Anders sieht das Henning Zülch. Er ist Wirtschaftsexperte und Lehrstuhlinhaber Accounting und Auditing an der HHL Leipzig Graduate School of Management. Gegenüber watson erklärt er zu einem Einstieg eines strategischen Partners bei der DFL: "Es macht absolut Sinn", um danach aufzuzählen, dass die DFL "zusammen mit dem Investor ein strategisches Konzept entwickeln" müsse, "um eine wirtschaftlich tragfähige und sportlich erfolgreiche erste und zweite Bundesliga zu etablieren."

Wirtschaftsexperte Henning Zülch
Wirtschaftsexperte Henning Zülch sieht einen Investoren-Einstieg positiv, wenn ein schlüssiges Konzept der Zusammenarbeit herausgearbeitet wird.Bild: HHL Leipzig / Daniel Reiche

Selbst Zülch sieht allerdings Versäumnisse der DFL. "Die Leute werden nicht mitgenommen." Demnach habe die Liga verpasst, die Klubs und die Fans ausreichend über die Investoren-Pläne zu informieren. Gleichzeitig sieht auch Zülch, dass noch immer zu viele Fragen zum Investoren-Einstieg ungeklärt seien und die Verwendung des Gelds ganz klar geregelt sein müsse, beispielsweise für "professionelle Nachwuchsarbeit, Sportstätten, Digitalisierung und vieles mehr".

Gleichzeitig glaubt der Wirtschaftsexperte, dass sich die DFL nur mit einem strategischen Partner entwickeln kann. "Das wird sie nicht allein schaffen. Am Ende braucht man ein Konzept, damit die Marke Bundesliga international bekannter wird, um höhere Fernsehgelder zu erzielen. Diese müssen dann zu den Klubs zurückgeführt werden, damit sie im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig bleiben." Dadurch könnte sich dann die Attraktivität der Bundesliga erhöhen.

DFL an langweiliger Bundesliga selbst Schuld

Lange hingegen ist skeptisch, ob durch das Investorengeld der DFL neue Spannung in den deutschen Fußball käme. "Da die Geldverteilung in der ersten Liga in den zurückliegenden Jahren ein System hervorgebracht hat, in dem die reichen Klubs sich immer weiter von allen anderen entfernen, entsteht Langeweile. Damit gewinnt man weder in Asien noch in Amerika nennenswerte Einschaltquoten", ist sich der Wissenschaftler der Universität Würzburg sicher.

Das System, das Lange erwähnt, hat Pauli-Präsident Göttlich im "Spiegel"-Interview näher erklärt. Laut Göttlich sei die DFL selbst schuld an der Langeweile der Bundesliga: "Weil wir die TV-Gelder seit Jahrzehnten durch die Installierung des Topfes international ungerecht verteilen und so den immer gleichen Meister produzieren." Nach dem aktuellen Verteilungsmechanismus würden in erster Linie die international spielenden Klubs profitieren. "Die zweite Liga erhält fast gar nichts daraus."

19.05.2023, Freiburg, Germany, Europapark Stadio, SC Freiburg vs VfL Wolfsburg - 1. Bundesliga, . Spruchband nein zu DFL Investor Foto H. Langer, H. Langer DFB/DFL REGULATIONS PROHIBIT ANY USE OF PHOT ...
Auch die Freiburg-Fans zeigten beim Heimspiel gegen Wolfsburg, dass sie gegen einen Investor-Einstieg sind.Bild: Imago Images / H. Langer

Göttlich steht nicht alleine mit der Kritik an den Investorenplänen da. Seit Woche protestieren immer wieder die Fan-Gruppen der Vereine gegen das Vorhaben der DFL, so auch die Fan-Interessenvertretung "Unsere Kurve". Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte Markus Sotirianos, Vorstand der Vertretung, vor der Mitgliederversammlung: "Dass sich neben Fans auch tatsächlich einzelne Vereine öffentlich kritisch zu Wort melden, ist für uns ein Zeichen, dass wir mit der Kritik nicht alleine stehen."

Vielmehr seien viele "grundlegende Fragen offen". Allein die Tatsache, dass einige Vereine sich "offenbar nicht ausreichend informiert" fühlen würden, ordnet Sotirianos als "schlechte Voraussetzung für eine kluge Entscheidung" ein.

"Es muss uns gelingen, dass es deutlicher wird. Die Liga muss sehr geschlossen dahinter stehen."
Oliver Leki, Finanz-Vorstand beim SC Freiburg und Interims-Geschäftsführer der DFL, über sein Wunsch-Ergebnis bei der Abstimmung.

Eine Entscheidung, wie es mit dem Investoren-Einstieg weitergeht, soll bei der Mitgliederversammlung definitiv getroffen werden. Damit die DFL aber in konkrete Verhandlungen gehen kann, muss bei der Mitgliederversammlung eine Zwei-Drittel-Mehrheit für einen Investoreneinstieg stimmen. Wie realistisch das ist, ist völlig offen. Neben den skeptischen Meinungen von St. Pauli und Köln haben sich Vereine wie Borussia Dortmund, Union Berlin, der VfL Bochum und Darmstadt 98 für einen Einstieg ausgesprochen.

Oliver Leki, der beim SC Freiburg Finanz-Vorstand und bis 30. Juni interimsmäßiger Geschäftsführer der DFL ist, wünschte sich ein klares Votum für einen Investoreneinstieg: "Es muss uns gelingen, dass es deutlicher wird. Die Liga muss sehr geschlossen dahinter stehen." Ob dieser Wunsch in Erfüllung geht, ist aktuell aber mehr als fraglich.

(mit Material der dpa)

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