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Wenn Urs Fischer mal richtig sauer ist, dann lässt sich das für Außenstehende kaum nachvollziehen. Er schreit nicht, er attackiert keine einzelnen Spieler. Er sagt dann so etwas wie: "Ich bin doch ziemlich angefressen", ohne weiter darauf einzugehen. Und das gleicht für seine Verhältnisse schon einem Wutausbruch auf der nach oben offenen Trapattoni-Skala.
Als Union Berlin sich aber am Mittwoch im DFB-Pokal dem VfB Stuttgart geschlagen geben musste, sah Urs Fischer nach dem Abpfiff eine Rote Karte. Wegen Meckerns. Allein das beschreibt die Krise der Köpenicker aktuell ganz gut: Elf Pflichtspiel-Niederlagen in Folge bringen auch den Stoizismus des Union-Trainers ins Wanken.
Ob der Platz von Urs Fischer tatsächlich ernsthaft bedroht ist, vermag aktuell niemand seriös zu beurteilen. Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Sport, stellt sich weiterhin hinter den Trainer, sagte nach der Niederlage gegen Bremen am Wochenende, man wolle "gemeinsam das erste Mal diese wirklich schwierige Zeit, die wir im Moment haben, versuchen, in die erfolgreiche Richtung zu bringen".
Auch Vereinspräsident Dirk Zingler gab Fischer seine Rückendeckung. Es gelte, zu überprüfen, "wem wir die anspruchsvolle Aufgabe anvertrauen, unsere Mannschaft wieder in die Spur zu bringen und sie so zu führen, dass sie die nötigen Punkte holt, um uns in der Bundesliga zu halten", schrieb Zingler im Stadionheft für die kommende Partie gegen Eintracht Frankfurt. "Die Antwort auf die Frage, wer das tun soll, lautet: Urs Fischer."
Die Frage ist allerdings, was passieren muss, damit die Wende gelingt. Und wie viele Niederlagen noch folgen dürfen, bis sich die stets pragmatisch veranlagte Vereinsführung gezwungen sieht, Konsequenzen zu ziehen.
Für Jan Glinker, der 13 Jahre lang bei Union Berlin gespielt hat, wird die Luft für Urs Fischer allmählich dünn. "Ich denke, dass es für Fischer bei einer weiteren Pleite gegen die Eintracht richtig eng werden kann", sagte er im Gespräch mit "Sport 1". "Dann kommt es darauf an, wie die Jungs aufgetreten sind. Eigentlich muss der Verein dann handeln. So leid es mir auch tun würde, denn Fischer hat so viel geleistet für Union."
Nach zwölf Niederlagen hätten Ruhnert und Zingler keine Argumente mehr, sagt Glinker. "Irgendwann musst du dich vom Trainer trennen. Ich hatte schon damit gerechnet, dass nach dem Pokalspiel etwas passiert. Obwohl ich das nicht schön finden würde."
Urs Fischer hat Union Berlin von der 2. Bundesliga in die Champions League geführt, seit fünf Jahren ist er dort im Amt. Mittlerweile ist der Verein so eng mit der Person Fischer verwoben, dass sich ein anderes Gesicht an der Seitenlinie nur schwer vorstellen lässt. Für Jan Glinker gäbe es nur eine mögliche Alternative:
"Für mich gibt es nur einen für Union: Steffen Baumgart. Er wäre die perfekte Lösung, wenn ein neuer Mann kommen soll", sagte Glinker. "Und er würde das auch sofort machen. Ich hatte sowieso erwartet, dass 'Baumi' früher oder später bei Union landet. Das wäre für alle Unioner in einer schwierigen Situation die angenehmste Lösung."
Steffen Baumgart trainiert derzeit den 1. FC Köln, der allerdings ebenfalls in einer Krise steckt. Auch er ist beim Verein nicht mehr fest im Sattel. Womöglich wäre Steffen Baumgart demnächst also auf der Suche nach einem neuen Arbeitgeber.
