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BVB gegen FC Bayern: Jonas Hummels widerspricht Matthäus und Hamann deutlich

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Auf Jamal Musiala (vorn) und Mats Hummels wird es beim Duell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund besonders ankommen. Bild: imago images / Ulrich Wagner
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Jonas Hummels stärkt Tuchel vor BVB-Duell den Rücken – Dortmund "erwachsen" geworden

04.11.2023, 15:53
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Borussia Dortmund gegen Bayern München: Dieses Spiel bewegt Fußball-Deutschland seit Jahren. Am Samstagabend um 18.30 Uhr treffen die beiden deutschen Aushängeschilder nun erneut aufeinander. Jedoch in ungewohnter Konstellation: keiner von beiden ist Tabellenführer.

Im Gespräch mit watson erklärt Dazn-Experte Jonas Hummels die Entwicklung des BVB, wer im Spiel zum X-Faktor wird und wo der FC Bayern aktuell steht. Bei der Bewertung der bisherigen Leistungen von Thomas Tuchel bei den Münchnern widerspricht er den Einschätzungen von Lothar Matthäus und Dietmar Hamann entschieden.

watson: Jonas, wie würdest du Mentalität definieren?

Jonas Hummels: Es ist ein sehr ausgedehnter Begriff: Aber generell würde ich sagen, dass man nicht verlieren will und auch nicht aufgibt, wenn man hinten liegt oder es schlecht läuft.

Den Dortmundern wurde gerade nach dem 1:0-Sieg gegen Newcastle und dem 3:3 gegen Frankfurt nachgesagt, dass sie jetzt die zuvor immer fehlende Mentalität hätten.

Man kann ja nicht keine Mentalität haben, sondern es hat immer verschiedene Facetten. Sie hatten immer Mentalität, aber in dieser Saison sind sie erwachsener geworden und haben einen Reifeprozess durchgemacht. Spiele wie gegen Frankfurt hätten sie vergangene Saison noch verloren.

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Jonas Hummels ist Experte beim Streamingdienst Dazn.Bild: pciture alliance / Gladys Chai von der Laage

Und dennoch hat man nicht das Gefühl, dass sie aktuell eine gute Saison spielen. Obwohl sie in der Liga auf Rang 4 stehen, zwei Punkte hinter dem FC Bayern.

Das stimmt. Früher hatten sie oft Heimsiege, wo sie vom Enthusiasmus und der Euphorie getragen wurden und mit drei oder vier Toren Abstand gewonnen haben. Jetzt ist es anders, weil Edin Terzić aber auch ein Trainer ist, der kein festes System mit Umschaltspiel hat.

Was hat sich konkret verändert?

Er lässt viel durch das Zentrum spielen, es wird viel über die Außenverteidiger aufgebaut und er stellt nach Form auf. Spielt jemand anderthalb schlechte Halbzeiten, kommt ein neuer rein. Daher ist es schwer, den BVB in dieser Saison zu greifen. Aber die Tendenz in ihren Leistungen ist sehr gut.

Fünfmal haben sie diese Saison schon 1:0 gewonnen. Welche Bedeutung hat dein Bruder Mats für die aktuell positive Tendenz?

Er spielt eine gute Saison und ist eine wichtige Konstante …

… obwohl vor der Saison eigentlich Niklas Süle und Nico Schlotterbeck als das Duo in der Innenverteidigung galten.

Er hat sich aus diesem Umstand gut rausgekämpft und passt mit seiner Erfahrung gut in das Team. Ihn erschreckt so schnell nichts mehr – auch, wenn es mal nicht so gut läuft. Und inzwischen achtet er im Coaching viel mehr auf andere als früher. Bei 80.000 Zuschauern im Dortmunder Stadion ist das nicht zu unterschätzen.

"In der Regel mache ich mich ein bisschen lustig. Das ist momentan aber schwer, weil er in der Regel gut spielt."
Jonas Hummels über Bruder Mats

Ist es für dich komisch, über ihn sprechen zu müssen?

Als es am Anfang hochkam, war es noch etwas Neues. Dann hatte ich Jahre, wo es mich absolut genervt hat, weil ich nur noch "der Bruder von" war. In meinem Reifeprozess als Heranwachsender war das nicht einfach und ich hatte zeitweise eine Anti-Haltung.

Und heute?

In der Regel mache ich mich ein bisschen lustig. Das ist momentan aber schwer, weil er in der Regel gut spielt. Insgesamt habe ich mich dran gewöhnt und es ist Teil meines Jobs.

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Im Gegensatz zum BVB lief die Saison des FC Bayern bis zum Mittwochabend und dem Pokal-Aus in Saarbrücken solide. Was ist dann passiert?

Dieses Ergebnis konnte ich mir auch nicht erklären. Sie haben eine unfassbare Qualität im Kader, sind aus irgendeinem Grund aber nicht so beständig. Sie haben sehr viel Unruhe im Verein und wenn es mal nicht so läuft, kommt tendenziell noch mehr Unruhe hinzu. Das hat Einfluss auf die Mannschaft. Aktuell scheint es so, als könnte man sie schlagen. Das hätte ich nicht erwartet.

Nach dem Spiel gab es Einschätzungen, dass es kein richtiges Team sei.

Das ist die große Mär im Profifußball. Es gibt nie sowas wie elf Freunde oder 18 Freunde. Du kannst auch nicht gegen den Trainer spielen oder die Kabine verlieren. Wenn man nicht erklären kann, woran es liegt, dann benutzt man diese Floskeln. Leistungssport ist einfach schwer zu greifen und kompliziert.

Also hat der FC Bayern kein Trainerproblem?

Nein.

Wird es eine Trainerdiskussion geben, wenn die Bayern gegen den BVB verlieren?

Es wird keine Trainerdiskussion geben. Medial könnte es die eine oder andere Diskussion geben, aber intern nicht.

Dietmar Hamann sprach bei Tuchel und dem FC Bayern von einer "Zweckgemeinschaft".

Natürlich ist es das. Aber das ist auch bei 98 von 100 Vereinen der Fall. Ein Trainer nutzt sich ab. Das ist auch bei Jürgen Klopp oder Pep Guardiola nicht anders.

Woran liegt das?

Es hängt so viel mit Motivation zusammen und ist etwas anderes, als jeden Tag ins Büro zu gehen. Es ist körperlich anstrengend und schwer, jedes Spiel eine gute Leistung zu bringen.

"Früher wollte Tuchel der entscheidende Faktor für den Sieg sein und hat was Überraschendes gemacht."

Lothar Matthäus hat bei den Bayern unter Tuchel bisher keine Entwicklung im Vergleich zu Julian Nagelsmann gesehen. Stimmst du dem zu?

Ich finde, die Entwicklung ist da. Die sieht man nicht nur, wenn ein Spiel schlecht gelaufen ist. Entwicklung ist auch, ein Spiel glücklich bei Galatasaray mit 3:1 zu gewinnen. Unter Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld wurde das dann Gewinnerqualität genannt.

Wo steht der FC Bayern also aktuell?

Nicht da, wo sie stehen wollen. Es gibt berechtigte Kritik und nach zwei verpassten Titelchancen gibt es jetzt schon Druck. Gerade weil es eine super Mannschaft ist, die zu allem in der Lage ist.

Doch schon vor dem Saarbrücken-Spiel bestätigte Thomas Tuchel, dass die Abwehr trotz erst sieben Gegentoren nicht immer sicher wirkt.

Sie sind dort hinten einfach nicht so eingespielt. Die defensiven Mittelfeldspieler und die Außenverteidiger sind sehr offensiv und da gibt es aktuell nicht die richtigen Mechanismen.

Was fehlt?

Ihnen fehlen der Flow und das gewisse Selbstverständnis. Wenn sie aber dahin kommen und ihre Potenziale ausschöpfen, sind sie wahrscheinlich nicht so anfällig.

Matthijs de Ligt fällt nun wieder vier bis sechs Wochen aus. Dayot Upamecano und Leon Goretzka sind weiterhin fraglich. Joshua Kimmich fehlt rotgesperrt. Wie kreativ wird Thomas Tuchel die Ausfälle auffangen?

Ich hatte den Eindruck, dass Tuchel früher der entscheidende Faktor für den Sieg sein wollte und was Überraschendes gemacht hat. Das hat sich in seiner Zeit bei Paris Saint-Germain und Chelsea geändert. Er ist pragmatischer geworden. Bei den Ausfällen muss er natürlich kreativ werden, aber er wird keinen Stürmer in die Verteidigung stellen.

Wie schwer wird der Ausfall von Kimmich ins Gewicht fallen?

Das ist klar ein Nachteil für den FC Bayern.

Er wurde schon als "wandelnde Verunsicherung" bezeichnet. Zudem war von einem FC Bayern in der "Kimmich-Krise" zu lesen.

Es gibt Spieler, die haben eine gewisse Grundqualität. Er verliert aktuell den Ball vielleicht öfter, weil er nicht diese Tagesform hat, aber er hat eine technische Qualität, ist zweikampfstark und hat über 90 Minuten die richtige Einstellung. Deswegen wird sein Fehlen ins Gewicht fallen.

Beim BVB gab Julian Brandt nach muskulären Problemen sein Comeback im Pokal über 90 Minuten. Kann er der X-Faktor werden?

Definitiv. Er ist ein herausragender Spieler, den ich auch bei Spitzenteams wie Manchester City, Barcelona oder Real Madrid sehen würde. Er hat eine Grundqualität an Einstellung, Technik, ist läuferisch stark und nicht mehr anfällig für Formkrisen. Es gibt in jedem Spiel so viele Szenen, die nur Spieler mit einer Qualität wie Julian Brandt lösen können.

Nach Nagelsmann-Absage: FC Bayern soll böse Vermutung haben

Am Freitag verkündete der DFB die für ihn so frohe Kunde, dass Bundestrainer Julian Nagelsmann seinen im Sommer auslaufenden Vertrag um zwei Jahre verlängert hat. Er wird die deutsche Nationalmannschaft also nicht nur bei der anstehenden Heim-EM, sondern auch bei der WM 2026 betreuen.

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