Thomas Tuchel sitzt derzeit mehr, als im lieb ist – steht dafür aber im Finale der Champions League. Beim Spiel im portugiesischen Lissabon schlägt Tuchels Paris St. Germain den deutschen Vertreter RB Leipzig und seinen Trainer Julian Nagelsmann mit 3:0. Die beiden Trainer zählen zu den Besten ihrer Zunft – und gerieten in der Hitze des Gefechts am Dienstagabend auch mal aneinander – wobei die Hitze eher einseitig von Paris-Trainer Tuchel ausging.
Mitte der zweiten Halbzeit rief Tuchel aufgebracht einige Worte in Richtung Leipziger Bank und Trainer Nagelsmann. Die Szenerie beruhigte sich allerdings schnell wieder. Nagelsmann klärte im Interview bei Sky nach dem Spiel über die Szene auf.
Und tatsächlich, Leipzig spielte nach Angaben der offiziellen Champions League-Website 24-mal Foul, ein durchaus ansehnlicher Wert. Böses Blut herrsche aber keines zwischen dem Leipziger und dem Pariser Trainer, Nagelsmann lobte stattdessen den Gegner für die seiner Meinung nach starke Leistung, wirkte nicht wirklich enttäuscht, eher gelassen. "Der Gegner war schlichtweg besser als wir", erkannte er neidlos an.
Sein Trainer-Kollege Tuchel erlebte den Sieg seiner Männer fast 90 Minuten lang sitzend von einer Kiste aus und mit einer dicken grauen Schiene am linken Bein. Tuchel hatte sich den linken Knöchel verstaucht und den fünften Mittelfußknochen gebrochen, trägt seitdem Gips. Was ihn allerdings nicht davon abhielt, einen strategisch guten Trick auszupacken, um die Leipziger an diesem Abend in die Schranken zu weisen.
Mit Ander Herrera, Leandro Paredes und Marquinhos stellte Tuchel drei zentrale Mittelfeldspieler auf, die vor allem defensive Qualitäten haben und das Mittelfeld der Leipziger am Spielen hindern sollten. Und das funktionierte brillant, Leipzig hatte kaum mal Zugriff im Mittelfeld. Die Niederlage hat sich Leipzig aber auch zu großen Teilen selber zuzuschreiben.
Nach dem 1:0 in der 13. Minute durch ebenjenen Marquinhos schenkte sich Leipzig die nächsten beiden Tore mehr oder weniger selber ein. Beim 2:0 ist es Leipzigs Torwart Peter Gulacsi, der einen katastrophalen Ball ins Zentrum spielt und dadurch das Tor durch Angel di Maria (42.) einleitet.
Und es ging in der zweiten Halbzeit genauso weiter. Dem 3:0 geht wieder ein individueller Fehler voraus, Nordi Mukiele rutscht in Ballbesitz aus und hebt dann das Abseits auf, der Ex-Bayern-Spieler Juan Bernat netzt schließlich per Kopf ein. Bernat zeigte eine richtig gute Leistung, umso ironischer, dass er seiner Zeit nach Ablauf seines Bayern-Gastspiels von Uli Hoeneß noch als "anfällig" bezeichnet wurde.
Und so schlägt Paris St. Germain zwar Leipzig, aber Leipzig sich auch zu einem nicht unerheblichen Teil selbst. Der sitzende Thomas Tuchel und seine Truppe stehen hochverdient im Champions League-Finale und treffen dort am Sonntag auf Olympique Lyon oder den FC Bayern.