Dass Mick Schumacher in die aktuelle Formel-1-Saison lediglich als Ersatzfahrer bei Mercedes und nicht etwa als Stammpilot eines Teams geht, war in der Öffentlichkeit lange nicht klar. Bis zuletzt hoffte Schumacher auf einen Platz in einem Cockpit. Jetzt ist allerdings klar: Zumindest das Haas-Aus deutete sich schon früh im Laufe der vergangenen Saison an.
Das zeigt nun die neue Netflix-Serie "Drive to survive" deutlich. In einer Folge geht es einzig um das Team Haas und die Entwicklung von Mick Schumacher, der einen alles andere als guten Start in die vergangene Saison erlebte. Dort ist besonders deutlich zu sehen, wie das Vertrauen in Micks Fähigkeiten immer weniger wurde.
Bereits im Training beim zweiten Rennen in Saudi-Arabien baute er mit seinem Haas-Auto einen heftigen Unfall und zog so früh in der Saison den Ärger von Teamchef Günther Steiner auf sich.
Steiner musste den Unfall auch Teamchef Gene Haas beichten und ihm erklären, dass der Schaden mindestens bei einer halben Million Euro liegt. Er wählte bereits zu Beginn der Saison 2022 deutliche Worte. "Wir geben ihm ein Jahr, um zu lernen und im zweiten Rennen zerstört er ein Auto", sagte Steiner. "Nur weil der andere schneller ist." Natürlich nicht, ohne im englischen Originalton das Wort "fucking" zu benutzen.
"Man will immer an die Grenzen gehen. War es auf einer Strecke wie in Saudi-Arabien intelligent – wohl nicht", gab sich Schumacher selbstkritisch.
Doch auch in den kommenden Rennen wurde es nicht besser. Beim Grand Prix in Miami war er auf dem guten Weg in die Punkte, verursachte jedoch unnötig eine Kollision mit Lance Stroll. Zwei Rennen später in Monaco setzte er sein Auto in die Bande, das in zwei Teile flog und die angespannte Kostenlage weiter verschärfte.
"Natürlich hinterfragt man sich dann, wie man diese falschen Entscheidungen verhindern kann und Selbstzweifel kommen natürlich", erklärte Mick Schumacher offen in der Doku.
Ganz anders Teamkollege Kevin Magnussen, der konstant in die Punkte fuhr, jedoch weiterhin an Schumacher glaubte. "Aber sobald er mehr gibt, baut er einen Unfall", erwiderte Steiner im Gespräch mit dem Dänen – natürlich wieder in Kombination mit einem "fucking" im Satz.
Einen weiteren Tiefpunkt gab es kurze Zeit später beim Rennen in Baku. Dort wurde Mick als Letzter von Max Verstappen überrundet. "Du hattest heute kein Glück", sagte ihm sein Ingenieur über Funk. Eine Aussage, mit der Steiner nicht viel anfangen kann. "Nein, du warst einfach langsam", kommentierte er samt eines "fucking" am Kommandostand. "Reine Zeitverschwendung", sagte ein weiterer Techniker in der Garage.
Während des zehnten Saisonrennens Anfang Juli im britischen Silverstone wird erstmals direkt deutlich, dass Steiner nach einem neuen Fahrer als Ersatz für Mick Ausschau hält.
In einem geheimen Gespräch mit Kevin Magnussen, der Steiner auf die Pläne für die kommende Saison anspricht, antwortet er: "Wir müssen jemanden finden." Auf Magnussens Nachfrage nach Daniel Ricciardo sagt Steiner, dass er zu teuer sei und über zehn Millionen Euro jährlich verlange.
Dann fragt der Däne nach Nico Hülkenberg. "Ich muss damit clever umgehen", entgegnete Steiner. "Und auch wenn du manchmal nicht glaubst, dass ich clever bin, bin ich es", fügt er lachend hinzu. Den Medienvertretern gegenüber wird Steiner bis zum Saisonende sagen, dass man sich noch nicht entschieden habe.
Ausgerechnet nach dem Gespräch landet Mick Schumacher auf Position acht zum ersten Mal in den Punkten. Ganz zur großen Freude und Erleichterung des ganzen Teams und Steiner selbst.
Im folgenden Rennen im österreichischen Spielberg landet er dann sogar auf Platz sechs. Danach konnte er jedoch keine WM-Punkte mehr sammeln und somit auch keine Argumente, damit Steiner weiter auf ihn setzt.
"Wir brauchen zwei Fahrer, die konstant in die Punkte fahren. Wenn du nicht performst, gibt es keinen Grund, dass du hier bist", machte Teamchef Steiner bereits zu Beginn der Saison 2022 deutlich. Und so kam es letztendlich auch.