Noch ist gut ein Jahr Zeit, bis im kommenden Sommer die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland beginnt. Da Deutschland als Gastgeber bereits qualifiziert ist, gibt es für Bundestrainer Hansi Flick kaum Zeit, die Mannschaft unter Wettkampfbedingungen wirklich zu testen.
Eigentlich sollen beim Turnier auch Niklas Süle, Leroy Sané und Serge Gnabry eine tragende Rolle spielen. Doch die Leistungen des Trios waren in der Vergangenheit häufig von großer Inkonstanz geprägt. Nun zählt Flick die drei DFB-Stars in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" erstmals auch öffentlich an.
Weder Süle noch Gnabry sind für die drei Länderspiele gegen die Ukraine (12.6.), Polen (16.6.) und Kolumbien nominiert (20.6.).
Besonders mit Kritik an Süle spart der sonst so ruhig auftretende Bundestrainer nicht. Vom BVB-Star fordert der 58-Jährige mehr Einsatz und Mentalität. "Ich finde, er lässt noch einiges liegen. Ich will, dass er von seiner Einstellung, von seiner Mentalität einen Schritt nach vorne macht", begründet er die Nicht-Nominierung.
"Für mich könnte Niki einer der besten Innenverteidiger sein, die es gibt. Sein Potenzial ist riesig", urteilte Flick. Mit den Leistungen bei der vergangenen WM in Katar sei er nur zu "90 Prozent" zufrieden. "Aber die zehn Prozent, die fehlen, die machen es eben aus. Um die geht’s mir." Er sehe eine "Gefahr" darin, dass in der Liga für Süle auch 80 Prozent reichen könnten.
Gleiches wird auch häufig Serge Gnabry und Leroy Sané vorgeworfen. Besonders Gnabry enttäuschte nach einer guten Bundesliga-Hinrunde bei der WM und suchte seit Januar seine Form. Erst in den letzten fünf Bundesliga-Spielen konnte er mit fünf Toren und einer Vorlage wieder glänzen.
Dass er nicht nominiert wurde, liegt laut DFB-Sportchef Rudi Völler an einer Sprunggelenksverletzung. Zwar konnte er für die Münchner spielen, hatte demnach jedoch schon seit Wochen Probleme.
Leroy Sané ist trotz der immer schwankenden Leistungen im DFB-Trikot wieder mit dabei. Für Flick sei diese maximale Leistungsfähigkeit in den entscheidenden Situationen genau das, was eine Top-Mannschaft ausmache. "Bei dieser Verlässlichkeit, dem Vertrauen darauf, dass jeder in diesen Momenten seine beste Leistung abruft – da müssen wir uns deutlich steigern."
Der Frage, ob er daher schon bereit sei, auf die Qualität solcher Top-Spieler zu verzichten und lieber Spieler einlädt, die regelmäßig 100 Prozent abliefern, reagierte der Bundestrainer etwas ausweichend.
"Wir haben den Prozess gestartet, andere Spieler zu sehen", kommentierte er vielsagend und verwies auf die viel belächelte Nominierung von Josha Vagnoman. Zwar wolle man mit Blick auf die EM eine personelle Stabilität haben, "aber wenn wir nicht zufrieden sind, müssen wir Alternativen ausprobieren."
Nun könnte beim DFB-Team tatsächlich einmal das viel geforderte Leistungsprinzip gelten.